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Theater Ulm: Der gute Mensch von Sezuan
06.05.2014 um 21:54 Uhr von ma_fia
Zuletzt geändert 17.03.2015 um 18:30 Uhr Das Podium im Ulmer Theater ist dafür bekannt, Dinge gern von der anderen Seite zu betrachten und auch die Modernisierung klassischer Stücke sieht man dort oft. Mit diesem Rezept versucht es das Ensemble bei „Der gute Mensch von Sezuan“ dieses Mal auch im großen Haus – wirklich rund ist die Aufführung trotzdem nicht. Viele Theaterbesucher kannten das Stück von Bertolt Brecht schon vor der Aufführung, nur wenige mochten es auch. Das dürfte danach anders ausgesehen haben, so die Südwest Presse, und keine Frage, die moderne Inszenierung bleibt sicherlich im Gedächtnis und lockt auch junge Menschen ins Theater. Dass die Aufführung sie jedoch anspricht, sei dahin gestellt. (Dass sie es nicht tut natürlich auch.)
Dabei beginnt das Stück ähnlich provokant, wie viele der Podium-Aufführungen, die sich an jüngere Menschen richten. „Was ist gut, was ist ein guter Mensch?“ fragen die Schauspieler in die Runde. Keiner kann die Frage beantworten, die sich wie ein roter Faden durch das Stück zieht: Drei Götter, Vertreter von Buddhismus, Hinduismus und Christen, sind auf der Suche nach einem guten Menschen. Und als sie glauben ihn endlich gefunden zu haben, reden sie sich diesen auch gerne schön oder unterstützen das Handeln mit Geld – denn gut zu sein, das ist dank des Kapitalismus eine Unmöglichkeit, so die Aussage des Stücks. Hauptdarstellerin Shen Te versucht es trotzdem und mausert sich von einer Prostituierten zur Ladenbesitzerin. Unterstützt und ausgenutzt wird sie dabei vom Wasserverkäufer Wang, vermeintlichen Freunden, Hausbesitzern und -besetzern. Heraus sticht dabei vor allem der Schreiner, der die junge Frau um den Finger wickelt, gespielt von Raphael Westermeier. Er ragt nicht nur durch seine Rolle in der Geschichte heraus, sondern auch durch sein Schauspiel, das deutlich hervorsticht. Auch Christian Streit macht seine Sache mehr als gut. Besonders wenn man bedenkt, dass er durch die Modernisierung einige Male zum rappenden Wasserverkäufer wird. Wirklich auf Rollen festlegen lassen sich die Figuren in dem Stück jedoch kaum, denn ähnlich wie in der Schauspielgruppe Monty Python wechseln einige der Schauspieler die Rollen mehrere Male im Stück. Eine gekonnte Idee, geht es doch in der Geschichte selbst darum, dass eine Verkleidung am Ende zu einer – für einige Charaktere überraschenden – Wendung führt. Und eine der Dinge des Stücks, die wirklich gelungen sind: Das Schauspiel, das Bühnenbild, die Musik- und Rapstücke. Das es jedoch sprachlich schnell losgeht bedeutet nicht, dass die Aufführung auch entsprechend kürzer geht. In diesem Teil wurde das Stück wenig an die heutige Zeit angepasst, dauert die Vorstellung mit drei Stunden doch länger, als die meisten Überlängenfilme. Nein, Theater ist kein Film. Und ja, Theater braucht Zeit, braucht Freiheit, muss erlebt und gefühlt werden und genau das wird es bei „Der gute Mensch von Sezuan“ auch oft. Wenn die tollen Schauspieler ihr Gesangstalent auspacken oder das Bühnenbild so gelungen erscheint, dass die Versuchung groß ist, es mit dem Smartphone festzuhalten. Schade, denn so fällt es schwer, die sonst gelungene Inszenierung weiterzuempfehlen. Vielleicht würde es helfen, zunächst die Zielgruppe zu definieren: Richtet es sich an Theaterbesucher, die Modernisierungen oft kritisch gegenüberstehen, oder junge Menschen, für die das Stück nicht mitreißend genug ist?Fotos: Martin Kaufhold Aufführungen von "Der gute Mensch von Sezuan" sind noch am 07., 10., 13., 16., 22., 23. und 30. Mai. Weitere Informationen und Termine gibt es auf der Website des Theaters.
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