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Theater Ulm: Poetry! Dead or Alive?
28.04.2015 um 21:48 Uhr von mel_go
Zuletzt geändert 02.05.2015 um 20:10 Uhr Endlich war es wieder soweit: Das Theater Ulm veranstaltete am vergangenen Sonntag den alljährlichen Poetry Slam "Dead or Alive?", der bereits zum 6. Mal im großen Haus stattfand. Vier tote und vier lebendige Dichter gaben ihre Werke zum Besten. Wer gewann am Ende die heiß begehrte Ente von Ulm? Das Parkett des großen Hauses war komplett ausverkauft, ungewohnt für das Theater saßen vor allem Mittdreißiger und Studenten in den Reihen. Als sich der leitende Musikdramaturg des Theaters, Benjamin Künzel, schließlich höchstpersönlich an den Flügel auf der Bühne setzte und einen Jingle spielte, ging es los. Neben einer Gewinnergruppe, ganz im Sinne des Veranstaltungstitels "Dead or Alive" wurden auch die Einzelsieger des jeweiligen Teams ermittelt, die in einem Finale gegeneinander antraten. Es versprach ein entsprechend langer Abend zu werden – aber auch ein gelungener, denn bereits während der Ansprache spürte man die gute Stimmung im Theater. Es gingen wohl viele davon aus, dass die Toten gegen die lebenden Poetry-Slammer keine Chance haben würden. Der erste Lebende, David Friedrich aus Hamburg, schien das auch noch zu bestätigen: Mit einem lustigen Text über einen Bodybuilder, der schüchtern ist und lispelt, sammelte er nicht nur starke 24,9 Punkte, sondern auch viele Lacher aus dem Publikum. Von den beiden nächsten Kandidaten folgten ernstere Töne. Theresa Hahl aus Bochum und der dunkelhäutige Dichter Langston Hughes aus den 1920er-Jahren, gespielt von dem Tenorsänger Gilles Ragon. Beide hielten sich wirklich gut und waren auch überzeugend, doch wie so oft bei einem Poetry Slam, verlangten Jury und Publikum auch im Theater Ulm nach heiteren Texten. Die beiden erhielten daher leider die nach Punkten schlechtesten Bewertungen des Abends. Die gewünschte Abwechslung brachte als nächste Kandidatin Lisa Eckhart, gebürtige Österreicherin, aus Berlin. Sie erzählte mit deutlichem Akzent von ihrem ersten Exorzismus und schien zunächst die Führung in Punkten zu übernehmen. Auch die nächste tote Dichterin, Selma Meerbaum-Eisinger alias Sidonie von Krosigk, eine deutsche Jüdin aus den 1940er-Jahren, kam dagegen nicht an. Erst der vierte Slammer, Dalibor aus Frankfurt, holte schließlich die beste Punktewertung für die Lebenden. 28,6 Punkte erhielt er für seine Mischung aus Rap, Beatboxing und klugem Wortwitz. Den Abschluss machte der verstorbene Johann Nepumuk Nestroy, gespielt von Dan Glazer. Er lebte im frühen 19. Jahrhundert als Schauspieler in Wien und war damals ein echter Schwerenöter. Auch im Theater konnte er sich durchsetzen und war schließlich Sieger unter den Toten. In der Gruppenwertung hatten zum Schluss also, wie erwartet, die lebenden Dichter mit 3,5 Punkten Vorsprung den Sieg geholt. Im Finale der Einzelsieger traten die letzten zwei Kandidaten, Frankfurter Dalibor und Johann Nepumuk Nestroy, nocheinmal gegenainder an: Dalibor war es schließlich, der mit seinem Text überzeugen konnte und die "Ente von Ulm" erhielt. Sein Auftritt vereinte Kunst und war dazu noch witzig – und damit genau das, was das Publikum sich gewünscht hatte.
Fotos: Michael Vogt
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