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Forum / Politik und Wirtschaft
Schlecker pleite?

journalist - 63
Halbprofi
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 07:33 Uhr
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Dass ich mit meinem überaus unverhältnismäßigen Post eure zarten marktwirtschaftlich orientierten Saiten verstört habe, bedaure ich sehr. Andererseits bleibe ich dabei, was ich geschrieben habe. Die Transfergesellschaft hätte vor zwei Monaten einen Großteil der Klagen verhindert, davon bin ich überzeugt, und dafür gibt es auch Anzeichen. Das Interesse an diesen Gesellschaften war immens. Die Schlecker-Frauen wären in diesem Fall nicht entlassen worden sondern in ein neues Arbeitsverhältnis übergegangen, für maximal 6 Monate. Dass Transfergesellschaften an sich eine sinnvolle Einrichtung sind, sagen auch die Arbeitsagenturen. Die Vermittlungsquote steigt dadurch spürbar.
Im Fokus stand bei mir durchgängig aber noch etwas anderes: Mit den Transfergesellschaften wären indirekt auch die verbliebenen 14.000 Jobs gesichert worden. Dass die Kündigungsschutzklagen Investoren abgeschreckt haben, dafür brauche ich weder eine Quelle zu nennen noch einen anderen Beleg. Wer die Chance hatte gestern fernzusehen oder wer heute eine Zeitung aufschlägt, wird das wiederfinden, als Äußerung des Insolvenzverwalters Geiwitz selbst.
Man kann natürlich auch dem FDP-Landeshäuptling Rülke folgen. Dessen Argumentation muss man sich allerdings auf der Zunge zergehen lassen: Es sei gut gewesen, keine Landesbürgschaft für die Transfergesellschaften zuzulassen, denn jetzt wäre das Geld ja sonst weg gewesen.
Darauf einen Dujardin! Dass mit dieser Bürgschaft Schlecker wahrscheinlich gar nicht in diese Lage geraten wäre, kehrt der Mann elegant unter den Teppich.
Ich stimme euch voll darin zu, dass die Ursachen dieser Krise weder beim Insolvenzverwalter noch bei der Politik zu suchen sind, sondern dass es sich um einen hausgemachten Niedergang der Familie Schlecker gehandelt hat. Die Leidtragenden sind allerdings jetzt die Beschäftigten, und ein „Pech gehabt“ ist mir da zu wenig als Reaktion.
Es wäre allemal billiger gewesen, Arbeit zu finanzieren als jetzt die Arbeitslosigkeit. Punktum.
Mit Penta hast du Recht, die Quelle dafür kann ich dir leider nicht offenlegen.
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bredator - 41
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 08:33 Uhr
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Ich weiß nicht, warum du es so gekonnt ignorierst. Aber bitte, für dich eben nochmal: Gleiches Recht für alle. Oder anders herum: Entweder Transfergesellschaften für jeden einzelnen Arbeitnehmer, egal welchen Betriebes bei dessen Insolvenz, oder für gar keinen. Alles andere ist unfair und eben keine Gleichbehandlung.
Quellen wären trotzdem sinnvoll. Wenn Herr Geiwitz jetzt so eine Äußerung macht (so habe ich sie gestern ähnlich schon gehört), dann will ich trotzdem entweder wissen, was genau dahinter steckt, oder mich interessiert auch der Spruch selbst nicht. Ich will mir mein eigenes Bild machen und wenn das nicht möglich ist, dann ist das eben so. Aber dann lasse ich auch derartige Argumentationen nicht gelten.
Richtig, die Arbeitnehmer wären in ein neues Arbeitsverhältnis übergegangen. Eines, das Kündigungsschutzklagen ausschließt und auch sonst nicht dem entspricht, was sie bisher gewohnt waren. Man hätte Verträge unterschrieben, weil man nur froh gewesen wäre, dass die Krise jetzt abgewendet wird. Wäre es dann aber gleich weit gekommen (was gar nicht so unwahrscheinlich ist), dann wären die Mitarbeiter erst recht doof dagestanden. Kündigungsfrist aufgehoben, Kündigungsschutzklage nicht möglich, man hätte ihnen am Freitag sagen können, dass sie am Montag nicht mehr kommen brauchen. Machs gut und danke für den vielen Fisch. So wäre das Unternehmen letztlich saniert worden. Von den jetzt knapp 14.000 Mitarbeitern wären trotzdem noch etliche entlassen worden, nämlich sämtliche in jenen Filialen, die völlig unrentabel sind (Allein hier in dem 10.000 Einwohner-Nest gibt es 2 Filialen - hallo!?).
Wie schon gesagt wurde, das ist bitter für die Mitarbeiter. Aber das ist es auch beim 5-Mann Handwerksbetrieb, wenn dieser dichtmachen muss. Wo ist der Staat da? Richtig, er steht in Form der Arbeitsagentur da, wie für jeden anderen auch und wie jetzt auch für die Schlecker-Mitarbeiter. Dass dort nicht immer alles toll ist, weiß ich auch aus eigener Erfahrung. Aber es gibt auch dort fähige Mitarbeiter und es gibt nicht wenige, die dort in eine feste Beschäftigung vermittelt werden. Eigeninitiative ist das Schlüsselwort. Warum soll das für die Schlecher-Beschäftigten nicht gelten?
Zu guter letzt wäre ein Eingriff des Staates auch noch ein massiver Eingriff in den Wettbewerb. Andere, die vernünftig wirtschaften (DM, Rossmann, Müller...) werden sich ihren Teil auch denken, wenn bei Misswirtschaft immer gleich der Staat einspringt. Und bevor wieder ein Vergleich kommt: Nein! Ein Unternehmen eines Kaufmanns ist nicht dasselbe wie eine Bank!
Aber hätte, wäre, wenn. Es ist so, wie es ist und wie es kommen musste und sollte. Du kannst dich da jetzt noch weiter drüber aufregen, was wir hier für gefühlskalte und marktwirtschaftlich orientierte Arschlöcher sind, oder du kannst es auch einfach mal von anderen Seiten betrachten versuchen und vielleicht zu anderen Schlüssen kommen. Meiner Meinung nach bist du hier auf einer emotionalen Schiene unterwegs, die für eine Urteilsbildung generell scheiße ist.
Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht. Er könnte Anlauf nehmen.
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MackieMesser - 41
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 08:38 Uhr
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Selbst mit Transfergesellschaften wäre das nichts geworden. Der Laden war schon vor 2 Jahren ruiniert und der Name schon viele länger.
Es hätte quasi alle Läden saniert, über die Hälfte geschlossen werden müssen und dann wäre es immer noch ein Risiko gewesen.
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journalist - 63
Halbprofi
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 08:57 Uhr
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Zitat von bredator: Richtig, die Arbeitnehmer wären in ein neues Arbeitsverhältnis übergegangen. Eines, das Kündigungsschutzklagen ausschließt und auch sonst nicht dem entspricht, was sie bisher gewohnt waren. Man hätte Verträge unterschrieben, weil man nur froh gewesen wäre, dass die Krise jetzt abgewendet wird. Wäre es dann aber gleich weit gekommen (was gar nicht so unwahrscheinlich ist), dann wären die Mitarbeiter erst recht doof dagestanden. Kündigungsfrist aufgehoben, Kündigungsschutzklage nicht möglich, man hätte ihnen am Freitag sagen können, dass sie am Montag nicht mehr kommen brauchen. Machs gut und danke für den vielen Fisch. So wäre das Unternehmen letztlich saniert worden. Von den jetzt knapp 14.000 Mitarbeitern wären trotzdem noch etliche entlassen worden, nämlich sämtliche in jenen Filialen, die völlig unrentabel sind
...
Meiner Meinung nach bist du hier auf einer emotionalen Schiene unterwegs, die für eine Urteilsbildung generell scheiße ist.
Deine Argumentation ist mir bekannt. Du hast sie ja schon mehrfach geäußert, sie wird dadurch aber nicht richtiger. Bevor ein Mitarbeiter (bzw. hier: eine Mitarbeiterin) in eine Transfergesellschaft wechselt, muss er/sie diesem Wechsel ZUSTIMMEN. Deine Vermutung, hier würde ein Fass aufgemacht, in das dann wahllos Menschen gesteckt werden können, ist also falsch. Bei massenhaftem Übergang von Mitarbeitern redet darüber hinaus immer auch die Gewerkschaft mit. In diesem Fall ist das ver.di, und die hat sich hier schon eingebracht. Beispielsweise ist wochenlang intensiv über einen Sanierungstarifvertrag gestritten worden, auch im Gläubigerausschuss sitzt ver.di mit am Tisch.
Die Rechte, die ein Arbeitnehmer bei Schlecker aufgegeben hätte bei einem solchen Übergang, kannst du - mit Verlaub gesagt - in der Pfeife rauchen. Das Unternehmen ist insolvent, da gelten alle Schutzmaßnahmen nur eingeschränkt.
...
Und auf was für einer Schiene ich unterwegs bin, darf dir getrost egal sein. Ich werfe dir deine Nähe zur FDP ja auch nicht vor. Ansonsten können wir den thread schließen und ihn durch einen bredator-Fanclub ersetzen.
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journalist - 63
Halbprofi
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 08:59 Uhr
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Zitat von MackieMesser: Selbst mit Transfergesellschaften wäre das nichts geworden. Der Laden war schon vor 2 Jahren ruiniert und der Name schon viele länger.
Es hätte quasi alle Läden saniert, über die Hälfte geschlossen werden müssen und dann wäre es immer noch ein Risiko gewesen.
Das ist korrekt - die Gefahr hätte bestanden. Es sind allerdings bereits fast die Hälfte der Läden geschlossen worden, und für die Modernisierung des Restes... tja, da hätte man ja den Investor gebraucht...
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BiPaar4046 - 55
Fortgeschrittener
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 09:53 Uhr
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Naja, nun hat sich das Thema Schlecker Gott sei Dank von selbst erledigt, das einzige, was mir Leid tut, sind die Mitarbeiter, mehr nicht. Anton Schlecker sitzt in der schweiz auf seinen 1,5 Millarden Vermögen und lacht sich jetzt eins. (Ihr glaubt es nicht??Dann stellt euch mal ne Zeitlang ans Zentrallager und wartet bis ein Bentley vorfährt und schaut genau hin, wer grinsend aussteigt!!!) Solche Firmen, die immer wieder negativ in den Schlagzeilen waren, die so mit den Mitarbeitern und Zulieferer umgehen geschieht diese Pleite ganz Recht. Und mal ganz ehrlich, wer arbeiten will, findet in der jetztigen Zeit auch Arbeit!!!!!
Dies von einem ehemaligen Schleckermitarbeiter!!!!
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septicus
Team-Ulmler
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 10:19 Uhr
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Zitat von journalist:
Das ist korrekt - die Gefahr hätte bestanden. Es sind allerdings bereits fast die Hälfte der Läden geschlossen worden, und für die Modernisierung des Restes... tja, da hätte man ja den Investor gebraucht...
Ah, damit liegen die hier versammelten Meinungen ja gar nicht mehr so weit auseinander.
Ich skizziere jetzt einfach mal das aus den Presseberichten der letzten Tage Entnommene:
1) Schlecker hat 2011 ein Defizit von 200 Mio Euro gemacht, das der Insolvenzverwalter für 2012 auf 25 Mio reduzieren konnte. Deutlich besser, aber eben immer noch Defizitär.
2) Hauptfaktor für die Kostenreduzierung war die Schließung der 2200 Filialen und einiger Lager. Direkte Auswirkung: weitere, deutliche Reduzierung der abgesetzten Warenmengen.
3) Schlecker hat (so war vorgestern zu im Handelsblatt und anderen Berichten zu lesen) bereits seit ca 15 oder gar noch mehr Jahren immer mehr wie ein Schneeballsystem funktioniert. Mehr Filialen -> mehr Lieferantenkredite (in Form von extrem langen Zahlungszielen, Rabatten, WKZ, etc).
5) Schlecker war teurer als der Wettbewerb. Weil die Infrastrukturkosten (Filialnetz deutlich feiner zergliedert) im Vergleich zur Konkurrenz deutlich höher waren.
4) Die Lieferanten sind aufgrund des ingesamten deutlichen Absatzrückgangs nicht mehr gewillt, die bisherigen Konditionen fortzuführen. Damit können die Preise nicht im nötigen Maß auf das Niveau der Wettbewerber gezogen werden.
6) Schlecker macht immer noch ein Minus. Es müssten weitere defizitäre Filialen geschlossen werden. Dann wäre - das ist meine persönliche Vermutung, denn wenn dem nicht so wäre, hätte das ein Investor in seinem Konzept hervorgehoben und die Info hätte dann auch sicher ihren Weg in die Presse gefunden - das Filialnetz aber so dünn, dass sich dessen Betrieb gar nicht mehr rechnen würde.
7) Ein deutlich reduziertes Filialnetz erwirtschaftet deutlich weniger Ertrag. Ein Investor erwartet aus seinen Engagements höhere Erträge als er durch klassische Anlage bei Banken erwirtschaften könnten. Die Zinsen, die er bei der Bank für sein Geld bekäme, muss er also mindestens auch langfristig als Ertrag erwirtschaften - und er erwartet in der Regel sogar noch deutlich mehr (ich rede von Investoren im großen Stil. Bei Unternehmern, die das Unternehmen inhabergeführt betreiben, mag das manchmal anders sein).
Für die Erneuerung ist aber wie von dir, journalist, festgestellt ein Investor nötig. Dieser müsste wohl einen dreistelligen Millionenbetrag mitbringen (war ebenfalls in der Presse zu lesen), um die Infrastruktur (Filialen, Warenwirtschaftssystem etc) zu erneuern. Denn die sind - ebenfalls im Handelsblatt-Artikel nachzulesen - völlig veraltet.
Sämtliche Investitionen, die nötig sind, werden aber vom Kaufpreis abgezogen. Somit ergibt sich die Rechnung:
Anfangskaufpreis - nötige Investitionen - Risiken der Übernahme (Kündigungsschutzklagen) = Endkaufpreis.
Die Umsätze müssen aber so hoch sein, dass sie eben die Initialausgaben sowie die laufenden Kosten wieder hereinspielen (auf einen Zeitraum von X Jahren gerechnet) UND noch so viel mehr erwirtschaften, dass sich die Geldanlage (aus Sicht der Investoren) lohnt (s.o.).
Der Einzige Punkt um den wir hier noch diskutieren ist, ob der Betrag der nötigen Investitionen nun größer oder kleiner gewesen wäre.
Größer bedeutet: Schlecker hätte sich auch mit Transfergesellschaften nicht weiter führen lassen.
Kleiner bedeutet; Schlecker wäre mit den Transfergesellschaften weiter gelaufen.
Der Umstand, dass die ersten Interessenten jedoch bereits abwinkten, noch bevor die Zahl der Kündigungsschutzklagen im Raum stand, lässt mich persönlich vermuten, dass der Knackpunkt nicht die Kündigungsschutzklagen waren.
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septicus
Team-Ulmler
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 10:28 Uhr
Zuletzt editiert am: 02.06.2012 um 10:58 Uhr
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Zitat von BiPaar4046: Naja, nun hat sich das Thema Schlecker Gott sei Dank von selbst erledigt, das einzige, was mir Leid tut, sind die Mitarbeiter, mehr nicht. Anton Schlecker sitzt in der schweiz auf seinen 1,5 Millarden Vermögen und lacht sich jetzt eins. (Ihr glaubt es nicht??Dann stellt euch mal ne Zeitlang ans Zentrallager und wartet bis ein Bentley vorfährt und schaut genau hin, wer grinsend aussteigt!!!) Solche Firmen, die immer wieder negativ in den Schlagzeilen waren, die so mit den Mitarbeitern und Zulieferer umgehen geschieht diese Pleite ganz Recht. Und mal ganz ehrlich, wer arbeiten will, findet in der jetztigen Zeit auch Arbeit!!!!!
Dies von einem ehemaligen Schleckermitarbeiter!!!!
Oh Leute.. wenn man das liest, wird einem wirklich Angst.
Du glaubst doch nicht, dass die Unternehmensinhaber die Millionen und Milliarden je in Bar hatten?
Bill Gates, die Familien Albrecht (Aldi) mögen zwar im Vergleich zu "normalen" Angestellten erhebliche Barbestände besitzen, Ihr Vermögen besteht aber eben nicht nur aus Bargeld sondern auch aus den Unternehmen, die ihnen gehören. Die sind zwar auf dem Papier einiges wert, werden aber erst zu Bargeld, wenn sie verkauft werden. Wenn sie - wie im Fall Schlecker - abgewickelt werden, sind sie einfach nichts mehr wert. Damit ist das Vermögen - abgesehen vom Bargeld - verpufft.
Aufgrund der Rechtsform - und diese Unterscheidet die Schleckerinsolvenz von allen anderen bisherigen großen Insolvenzen in Deutschland - haftet Anton Schlecker unbegrenzt mit seinem Privatvermögen. Der Mann ist arm bis an sein Lebensende und kann niemandem etwas vererben, weil er damit diesen gigantischen Schuldenberg von irgendwas zwischen 500 Mio und fast 1 Milliarde weiter vererben würde.
Schlecker ist künftig auf die Gunst seiner Frau und seiner Kinder angewiesen, deren Vermögen allerdings durch die vor der Insolvenz erfolgten Rettungsversuche vermutlich auch geschmälert wurde.
Hätte Schlecker noch relevantes Vermögen gehabt, kannst du sicher sein, dass er es in SEIN Unternehmen gesteckt hätte. Diese Schmach, die er jetzt seit Monaten ertragen muss, die ist für einen Menschen das schlimmste was ihm passieren kann. Seine Reputation war vorher beschädigt, aber nicht komplett ruiniert. Jetzt ist er in der öffentlichen Wahrnehmung der Versager der Nation und des Jahrhunderts. Das gibt sich keiner freiwillig....
Schlecker mag viel falsch gemacht haben - sehr viel. Er hat aber auch einiges positive gemacht, wie eben z.B. Leuten Arbeit gegeben, die sich sonst schwer getan hätten.
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Cymru - 35
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 16:31 Uhr
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Zitat von journalist: Die Transfergesellschaft hätte vor zwei Monaten einen Großteil der Klagen verhindert, davon bin ich überzeugt, und dafür gibt es auch Anzeichen.[...]Dass Transfergesellschaften an sich eine sinnvolle Einrichtung sind, sagen auch die Arbeitsagenturen. Die Vermittlungsquote steigt dadurch spürbar.
Das hat wohl zu keinem Zeitpunkt jemand angezweifelt.
Zitat von journalist: Mit den Transfergesellschaften wären indirekt auch die verbliebenen 14.000 Jobs gesichert worden. Dass die Kündigungsschutzklagen Investoren abgeschreckt haben, dafür brauche ich weder eine Quelle zu nennen noch einen anderen Beleg.
Und da liegt eben die Grenze zur Spekulation: Weniger Kündigungsschutzklagen hätten sehr wahrscheinlich mehr potentielle Investoren auf den Plan gerufen, das ist korrekt. Die Frage ist nur, ob diese verbliebenen Jobs tatsächlich hätten gesichert werden können. Schlecker hatte eben offenbar seit einigen Jahren schon massive Probleme. Alles hat nur solange funktioniert, wie ständig neue Filialen eröffnet wurden und man mit der Marktmacht den Zulieferern Druck machen konnte. Tatsächlich waren viele Filialen gar nicht rentabel. Auch ein noch so toller Investor hätte es nicht geschafft, eine Filiale in einem kleinen Kaff zur Goldgrube zu machen, wenn kein Bedarf besteht. Es wären in jedem Fall weitere Filialen geschlossen worden und viele weitere Arbeitnehmer in die Arbeitslosigkeit gegangen.
Fraglich ist auch, ob Schlecker sich gegen dm und Rossmann tatsächlich hätte behaupten können.
Zitat von journalist: Dessen Argumentation muss man sich allerdings auf der Zunge zergehen lassen: Es sei gut gewesen, keine Landesbürgschaft für die Transfergesellschaften zuzulassen, denn jetzt wäre das Geld ja sonst weg gewesen.
Ganz falsch ist die Argumentation nicht: Wenn Schlecker in einem Monat trotz Investor am Ende gewesen wäre, hätte der Staat Steuergelder aufwenden müssen. Ich hatte es schon einmal gesagt: Die Wirtschaftsprüfer von PwC haben hierzu ein entsprechendes Gutachten vorgelegt. Sie haben die Chancen der Rückzahlung in einem halben Jahr als sehr gering eingestuft. Als Marktführer würde ich PwC durchaus unterstellen, dass sie wissen, wovon sie reden.
Zitat von journalist: Ich stimme euch voll darin zu, dass die Ursachen dieser Krise weder beim Insolvenzverwalter noch bei der Politik zu suchen sind, sondern dass es sich um einen hausgemachten Niedergang der Familie Schlecker gehandelt hat.
Das ist auch wichtig festzustellen. Das kam mir in den Medien gestern zu kurz. Da hat Herr Bsirske "die Politik" mit Brüderle und Rößler beschuldigt, andere haben den Insolvenzverwalter verantwortlich gemacht und andere die Gewerkschaften, die Fehlverhalten gegenüber den Arbeitnehmern bei Schlecker aufgedeckt haben. Tatsächlich liegt die große Entscheidung, wie ein Betrieb geführt wird bei dem Eigentümer.
Zitat von journalist:
Die Leidtragenden sind allerdings jetzt die Beschäftigten, und ein „Pech gehabt“ ist mir da zu wenig als Reaktion.
Es wäre allemal billiger gewesen, Arbeit zu finanzieren als jetzt die Arbeitslosigkeit. Punktum.
Es ist eine sehr schlimme Folge, das steht ganz außer Frage. Nur selten wurde ja etwa darüber berichtet, dass Schlecker im Gegensatz zu vielen anderen Arbeitgebern auch alleinerziehende Mütter und ältere Frauen eingestellt hat, die sonst nur schwer etwas finden. Gerade für solche Frauen wird es sehr schwer werden. Wer im ländlichen Gebiet wohnt, kann womöglich auch nicht ständig zu seiner Arbeit bei der dm-Filiale in der nächsten Großstadt pendeln. Das sind alles schwierige Schicksale, jedes Einzelne muss einem da Leid tun.
Aber es ist womöglich besser, dass es nun ein Ende gefunden hat, als dass man die Arbeitnehmer noch ein halbes Jahr vertröstet hätte, viele sich Hoffnungen gemacht hätten und es dann in die Arbeitslosigkeit gegangen wäre.
„Handle so, dass jeder Zeit dein Handeln zur Maxime des Handelns erhoben werden kann.“
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Cymru - 35
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 16:34 Uhr
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Zitat von journalist: Bevor ein Mitarbeiter (bzw. hier: eine Mitarbeiterin) in eine Transfergesellschaft wechselt, muss er/sie diesem Wechsel ZUSTIMMEN. Deine Vermutung, hier würde ein Fass aufgemacht, in das dann wahllos Menschen gesteckt werden können, ist also falsch.
Du solltest dir bewusst machen, in welcher beklemmenden Situation die Arbeitnehmer sind: Entweder sie unterschreiben den Aufhebungsvertrag und treten in die BQG über oder sie werden betriebsbedingt gekündigt. Wer da nicht anwaltlichen Rat einholt oder sich selbst gut auskennt, der gibt womöglich Vorteile auf, die er besser behalten hätte (je nach Job eben).
Zitat von journalist: Die Rechte, die ein Arbeitnehmer bei Schlecker aufgegeben hätte bei einem solchen Übergang, kannst du - mit Verlaub gesagt - in der Pfeife rauchen. Das Unternehmen ist insolvent, da gelten alle Schutzmaßnahmen nur eingeschränkt.
Auch das ist zum Teil Spekulation: Wenn jemand Schlecker trotz Kündigungsschutzklagen übernommen hätte, wären wohl sehr viele der Arbeitsverhältnisse, für die eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen wurde, auf den Erwerber übergegangen. Der Kündigungsschutz wie auch eventuelle Betriebsrentenansprüche hätten dann gegen den neuen Inhaber geltend gemacht werden können. Bei einem Aufhebungsvertrag dagegen verzichtet man auf sehr viele dieser Vorteile.
Zitat von journalist: Ich werfe dir deine Nähe zur FDP ja auch nicht vor. Ansonsten können wir den thread schließen und ihn durch einen bredator-Fanclub ersetzen.
Das ist nun wirklich die emotionale Schiene, die höchst unsachlich ist.
Zitat von septicus: Aufgrund der Rechtsform - und diese Unterscheidet die Schleckerinsolvenz von allen anderen bisherigen großen Insolvenzen in Deutschland - haftet Anton Schlecker unbegrenzt mit seinem Privatvermögen.
Die Rechtsform ("e.K.") klang bisher immer nur am Rande an. In meinen Augen sollte sie aber auch mehr Beachtung finden, trotz aller Fehler, die Anton Schlecker gemacht hat:
Überall wurde in der Finanzkrise gefordert, Manager und Banker sollten persönlich für ihr Handeln haften. Bei Schlecker hat der Firmeninhaber tatsächlich persönlich gehaftet. Die Häme und der Spott wären jedoch nicht größer, wenn er sein Unternehmen schön in eine GmbH gepackt hätte. Der einzige Unterschied: Sein Vermögen wäre ihm zu einem Großteil geblieben.
„Handle so, dass jeder Zeit dein Handeln zur Maxime des Handelns erhoben werden kann.“
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bredator - 41
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 21:21 Uhr
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Zitat von journalist:
Und auf was für einer Schiene ich unterwegs bin, darf dir getrost egal sein. Ich werfe dir deine Nähe zur FDP ja auch nicht vor. Ansonsten können wir den thread schließen und ihn durch einen bredator-Fanclub ersetzen.
Nähe zur FDP? Der war gut, der kommt morgen bestimmt in der Bildzeitung. Da macht die FDP ein einziges Mal in 3 Jahren was richtig und ich erwähne das und schon ist man FDP-Nahe? Faszinierende Ansicht, aber gut, glaub du nur weiter, was du willst.
Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht. Er könnte Anlauf nehmen.
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Klischeepunk - 40
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 21:38 Uhr
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Zitat von bredator: Zitat von journalist:
Und auf was für einer Schiene ich unterwegs bin, darf dir getrost egal sein. Ich werfe dir deine Nähe zur FDP ja auch nicht vor. Ansonsten können wir den thread schließen und ihn durch einen bredator-Fanclub ersetzen.
Nähe zur FDP? Der war gut, der kommt morgen bestimmt in der Bildzeitung. Da macht die FDP ein einziges Mal in 3 Jahren was richtig und ich erwähne das und schon ist man FDP-Nahe? Faszinierende Ansicht, aber gut, glaub du nur weiter, was du willst.
Ach komm schon, deine FDP nähe ist weltweit bekannt :p
Dieser Post wurde 2 mal ROT-13 verschlüsselt.
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MackieMesser - 41
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Geschrieben am: 02.06.2012 um 21:57 Uhr
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Zitat von bredator: Zitat von journalist:
Und auf was für einer Schiene ich unterwegs bin, darf dir getrost egal sein. Ich werfe dir deine Nähe zur FDP ja auch nicht vor. Ansonsten können wir den thread schließen und ihn durch einen bredator-Fanclub ersetzen.
Nähe zur FDP? Der war gut, der kommt morgen bestimmt in der Bildzeitung. Da macht die FDP ein einziges Mal in 3 Jahren was richtig und ich erwähne das und schon ist man FDP-Nahe? Faszinierende Ansicht, aber gut, glaub du nur weiter, was du willst.
neo-liberale Ratte mit Piraten Camouflage Sticker!
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bredator - 41
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Geschrieben am: 03.06.2012 um 00:01 Uhr
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Zitat von MackieMesser: Zitat von bredator: Zitat von journalist:
Und auf was für einer Schiene ich unterwegs bin, darf dir getrost egal sein. Ich werfe dir deine Nähe zur FDP ja auch nicht vor. Ansonsten können wir den thread schließen und ihn durch einen bredator-Fanclub ersetzen.
Nähe zur FDP? Der war gut, der kommt morgen bestimmt in der Bildzeitung. Da macht die FDP ein einziges Mal in 3 Jahren was richtig und ich erwähne das und schon ist man FDP-Nahe? Faszinierende Ansicht, aber gut, glaub du nur weiter, was du willst.
neo-liberale Ratte mit Piraten Camouflage Sticker!
Ich weiß, dass ich ein Drecksack bin. Erzählt mir was, das ich noch nicht weiß :D
Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht. Er könnte Anlauf nehmen.
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journalist - 63
Halbprofi
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Geschrieben am: 03.06.2012 um 14:35 Uhr
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Zitat von septicus: Schlecker hat 2011 ein Defizit von 200 Mio Euro gemacht, das der Insolvenzverwalter für 2012 auf 25 Mio reduzieren konnte. Deutlich besser, aber eben immer noch Defizitär.
2) Hauptfaktor für die Kostenreduzierung war die Schließung der 2200 Filialen und einiger Lager. Direkte Auswirkung: weitere, deutliche Reduzierung der abgesetzten Warenmengen.
3) Schlecker hat (so war vorgestern zu im Handelsblatt und anderen Berichten zu lesen) bereits seit ca 15 oder gar noch mehr Jahren immer mehr wie ein Schneeballsystem funktioniert. Mehr Filialen -> mehr Lieferantenkredite (in Form von extrem langen Zahlungszielen, Rabatten, WKZ, etc).
5) Schlecker war teurer als der Wettbewerb. Weil die Infrastrukturkosten (Filialnetz deutlich feiner zergliedert) im Vergleich zur Konkurrenz deutlich höher waren.
4) Die Lieferanten sind aufgrund des ingesamten deutlichen Absatzrückgangs nicht mehr gewillt, die bisherigen Konditionen fortzuführen. Damit können die Preise nicht im nötigen Maß auf das Niveau der Wettbewerber gezogen werden.
6) Schlecker macht immer noch ein Minus. Es müssten weitere defizitäre Filialen geschlossen werden. Dann wäre - das ist meine persönliche Vermutung, denn wenn dem nicht so wäre, hätte das ein Investor in seinem Konzept hervorgehoben und die Info hätte dann auch sicher ihren Weg in die Presse gefunden - das Filialnetz aber so dünn, dass sich dessen Betrieb gar nicht mehr rechnen würde.
7) Ein deutlich reduziertes Filialnetz erwirtschaftet deutlich weniger Ertrag. Ein Investor erwartet aus seinen Engagements höhere Erträge als er durch klassische Anlage bei Banken erwirtschaften könnten. Die Zinsen, die er bei der Bank für sein Geld bekäme, muss er also mindestens auch langfristig als Ertrag erwirtschaften - und er erwartet in der Regel sogar noch deutlich mehr (ich rede von Investoren im großen Stil. Bei Unternehmern, die das Unternehmen inhabergeführt betreiben, mag das manchmal anders sein).
Für die Erneuerung ist aber wie von dir, journalist, festgestellt ein Investor nötig. Dieser müsste wohl einen dreistelligen Millionenbetrag mitbringen (war ebenfalls in der Presse zu lesen), um die Infrastruktur (Filialen, Warenwirtschaftssystem etc) zu erneuern. Denn die sind - ebenfalls im Handelsblatt-Artikel nachzulesen - völlig veraltet.
Sämtliche Investitionen, die nötig sind, werden aber vom Kaufpreis abgezogen. Somit ergibt sich die Rechnung:
Anfangskaufpreis - nötige Investitionen - Risiken der Übernahme (Kündigungsschutzklagen) = Endkaufpreis.
Die Umsätze müssen aber so hoch sein, dass sie eben die Initialausgaben sowie die laufenden Kosten wieder hereinspielen (auf einen Zeitraum von X Jahren gerechnet) UND noch so viel mehr erwirtschaften, dass sich die Geldanlage (aus Sicht der Investoren) lohnt (s.o.).
Der Einzige Punkt um den wir hier noch diskutieren ist, ob der Betrag der nötigen Investitionen nun größer oder kleiner gewesen wäre.
Größer bedeutet: Schlecker hätte sich auch mit Transfergesellschaften nicht weiter führen lassen.
Kleiner bedeutet; Schlecker wäre mit den Transfergesellschaften weiter gelaufen.
Der Umstand, dass die ersten Interessenten jedoch bereits abwinkten, noch bevor die Zahl der Kündigungsschutzklagen im Raum stand, lässt mich persönlich vermuten, dass der Knackpunkt nicht die Kündigungsschutzklagen waren.
Ich möchte das um zwei Punkte ergänzen.
Die Insolvenzverwaltung war sehr frühzeitig über den Umfang (auch über den noch zu erwartenden Umfang) der Kündigungsschutzklagen informiert. Sie hat es nicht als ihre Aufgabe angesehen, ständig aktuelle Wasserstandsmeldungen an die Presse weiterzugeben – Investoren ist meiner Einschätzung nach ein entsprechender Einblick in die Unterlagen durchaus gewährt worden. Der Insolvenzverwalter selbst hat den Investoren-Ausstieg ja mit den Kündigungsschutzklagen in einen inhaltlichen Zusammenhang gebracht.
Ein happiger Teil der aktuellen Verluste resultiert aus dem Unterschied des Gehaltsverzichts, den der IV gefordert hat (15%) und den die Arbeitnehmer bereit waren zu leisten (10%). Für mich zeigt sich hier das Bild, dass Geiwitz mit seinem Nachbarschaftsladen-Konzept vielleicht eine gewisse Chance gehabt hätte, auf niedrigerem Niveau, in der Absicht, ganz kleine Brötchen zu backen. Aber auch dafür wären Investitionen erforderlich gewesen, ganz klar. Die stand-alone-Lösung, die ja auch im Raum stand, schien mir nie sehr wahrscheinlich zu sein.
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