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Forum / Politik und Wirtschaft
Nachträgliche Sicherungsverwahrung

phoenix89 - 36
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Geschrieben am: 14.01.2011 um 14:23 Uhr
Zuletzt editiert am: 14.01.2011 um 14:30 Uhr
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Zitat von Laser87: Die Menschenrechte stehen ganz vorne in unserem Grundgesetz
Und, nein, Haft verstößt nicht gegen die Menschenrechte, da dort abgewogen wird.
Gruß
Zitat von jamaika09: Ja und Kinder umbringen auch?
Steht das auch im Grundgesetzt? Wohl nicht.
[...]
Diebstahl steht auch nicht verpflichtend im Grundgesetz. Und nun?
Versuchst du, aus einer Verletzung von Gesetzen die Notwendigkeit abzuleiten, die Menschenrechte des Straftäters ebenfalls zu verletzen?
(Nicht falsch verstehen: Gutheißen tue ich ihre Taten in keiner Weise. Die Rechtstaatlichkeit sollte jedoch dennoch gewahrt bleiben.)
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Cymru - 35
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Geschrieben am: 14.01.2011 um 23:30 Uhr
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Zitat von jamaika09: Ja und Kinder umbringen auch?
Steht das auch im Grundgesetzt? Wohl nicht.
Dewegen gehören Kinderschänder,-mörder für immer weg!
Was soll das für eine Argumentation sein?
Generell ist das Vorgehen der Regierung momentan eher wacklig und unsicher. Gute Gesetze zu verfassen, die mit höherrangigem Recht auch noch konform sind, ist nicht leicht.
Es sollte bewusst sein, dass wir den Grundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz" haben. Ein Straftäter muss die Sicherheit haben, dass er nicht staatlicher Willkür ausgeliefert ist. Dazu gehört auch nachträgliches Verlängern einer Strafe. Deutschland hat sich der Rechtsstaatlichkeit verschrieben und muss sich dementsprechend auch an die aufgestellten Grundsätze halten.
In letzter Instanz hat immer der Gesetzgeber noch das Heft in der Hand.
„Handle so, dass jeder Zeit dein Handeln zur Maxime des Handelns erhoben werden kann.“
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LeSavant
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Geschrieben am: 15.01.2011 um 00:09 Uhr
Zuletzt editiert am: 15.01.2011 um 02:02 Uhr
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es gab, ich glaube gestern genau zu diesem thema ein interview mit dem leiter der forensischen psychiatrie baden-württembergs auf radio swr1.
sein schlusswort war: es ist eine frage der philosophie, ob jemand gut oder böse ist. die psychiatrie weiss mit solchen menschen nichts anzufangen.
- semper fidelis -
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Sundown73 - 52
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Geschrieben am: 15.01.2011 um 12:32 Uhr
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Zitat von Cymru:
Es sollte bewusst sein, dass wir den Grundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz" haben. Ein Straftäter muss die Sicherheit haben, dass er nicht staatlicher Willkür ausgeliefert ist.
Sorry, aber das ist für mich reiner Bullshit! Es geht hier um Straftäter die Menschen enormes Leid angetan haben. Das Bundesverfassungsgericht hat eine gegensätzliche Aussage getroffen wie der Europäische Gerichtshof.
Ehrlich gesagt kümmern mich diese Straftäter einen Scheiß. Mir tun die Opfer wesentlich mehr Leid.
Ich kann nur hoffen, dass die Bundesregierung die Entscheidung prüft und zu dem Schluss kommt die jetzige Regelung mit nachträglicher Sicherheitsverwahrung ist nach dem Grundgesetz in Ordnung und damit fertig aus. Es darf einfach nicht sein, dass diese Straftäter auf freien Fuß kommen und sich die nächsten Kinder greifen. Darum allein sollte es gehen.
Im übrigen haben die Opfer kein Geld bekommen. Diese müssen nun selber ihr Leben lang damit klar kommen.
GNU/Linux - Amarok - http://last.fm/user/sundown73
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Sundown73 - 52
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Geschrieben am: 15.01.2011 um 12:38 Uhr
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Zitat von Laser87:
Und, nein, Haft verstößt nicht gegen die Menschenrechte, da dort abgewogen wird.
Und wenn während der Haft festgestellt wird, dass der Straftäter nach Ende der Haft wieder rückfällig wird dann muss eine nachträglich verhängte Sicherheitsverwahrung nunmal her.
Die Vergangeheit zeigt doch, wie oft schon Straftäter nach der Haft frei kamen und wieder gemordet und vergewaltigt haben.
Warum wird immer der Täter geschützt und das Opfer im Stich gelassen?
GNU/Linux - Amarok - http://last.fm/user/sundown73
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Cymru - 35
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Geschrieben am: 15.01.2011 um 13:49 Uhr
Zuletzt editiert am: 15.01.2011 um 13:53 Uhr
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Zitat von Sundown73: Das Bundesverfassungsgericht hat eine gegensätzliche Aussage getroffen wie der Europäische Gerichtshof.
Auf welches Urteil beziehst du dich genau?
Zitat von Sundown73: Ehrlich gesagt kümmern mich diese Straftäter einen Scheiß. Mir tun die Opfer wesentlich mehr Leid.
Natürlich müssen einem die Opfer mehr Leid tun, sie brauchen Hilfe. Aber ein Staat braucht ein Rechtssystem. Und wenn es ein Rechtsstaat ist, dann muss sich der Staat an seine eigenen Regeln halten. Die Einteilung in gut und böse ist manchmal relativ willkürlich, es steckt immer auch etwas politisches dahinter (man denke etwa an Bestrafung von Homosexualität früher in Deutschland). Der Staat kann aber nicht willkürlich handeln. Andernfalls könnte sonst auch morgen mal eben jemand bei dir vorbeikommen, die Wohnung durchsuchen, wie er will und du könntest nichts dagegen tun. Du solltest dir daher bewusst machen, wie wichtig Rechtssicherheit ist!
Zitat von Sundown73: Ich kann nur hoffen, dass die Bundesregierung die Entscheidung prüft und zu dem Schluss kommt die jetzige Regelung mit nachträglicher Sicherheitsverwahrung ist nach dem Grundgesetz in Ordnung und damit fertig aus. Es darf einfach nicht sein, dass diese Straftäter auf freien Fuß kommen und sich die nächsten Kinder greifen. Darum allein sollte es gehen.
Du gehst etwas blauäugig an die Sache oder kennst unser Rechtssystem nicht genau: Die Bundesregierung prüft bei jedem Gesetz, ob es mit dem Grundgesetz konform ist. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass das Bundesverfassungsgericht Gesetze kippt, weil sie eben doch nicht in Ordnung sind. In Zeiten der EU hat eben auch der EuGH in bestimmten Bereichen mitzureden, Gesetze müssen auch mit europäischem Recht konform sein.
Wie erwähnt: Andernfalls hätten wir eine staatliche Willkür. Ich für meinen Teil möchte in so einem Staat nicht leben, sowas hatten wir schon häufig in der Geschichte. Es muss klare Regeln geben und an die muss sich der Staat halten. Der Gesetzgeber hat ja die Möglichkeit, entsprechende Sachen zu veranlassen, das ist sogar seine Aufgabe.
Zitat von Sundown73: Im übrigen haben die Opfer kein Geld bekommen. Diese müssen nun selber ihr Leben lang damit klar kommen.
In welchem Fall haben die Opfer kein Geld bekommen?
Meinst du jetzt Ansprüche auf staatliche Hilfe oder Schadensersatzansprüche gegen den Täter?
Beides hat jedenfalls nichts mit dem Strafrecht zu tun.
edit:
Zitat von Sundown73: Und wenn während der Haft festgestellt wird, dass der Straftäter nach Ende der Haft wieder rückfällig wird dann muss eine nachträglich verhängte Sicherheitsverwahrung nunmal her.
[...]
Warum wird immer der Täter geschützt und das Opfer im Stich gelassen?
Ist aber einfach ein sehr schwieriges Thema: Wer entscheidet denn aufgrund welcher Fakten, ob jemand weiter gefährlich ist? Man kann weder 100%ig sagen, dass jemand jemals straffällig wird, noch kann man sagen, dass jemand auf keinen Fall eine Strafe begehen wird. Hier muss man auch abwägen zwischen erhöhter Gefährlichkeit und dem "normalen" Risiko: Es ist auch niemals ausgeschlossen, dass du oder ich irgendwann eine schwere Straftat begehen. Das ist das Lebensrisiko. Die Gefährlichkeit eines potentiell rückfallgefährdenden Straftäters muss also entsprechend höher sein.
„Handle so, dass jeder Zeit dein Handeln zur Maxime des Handelns erhoben werden kann.“
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Bellaisadona
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Geschrieben am: 15.01.2011 um 15:20 Uhr
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Zitat von jamaika09: Ja und Kinder umbringen auch?
Steht das auch im Grundgesetzt? Wohl nicht.
Dewegen gehören Kinderschänder,-mörder für immer weg!
aber jemand der ne 19-jährige vergewaltigt nicht?
warum ist kinderschänderei schlimmer als ne "normale" misshandlung, warum ein ermordetes kind schlimmer als der opa zwei strassen weiter?
Veritas,Sapientia,Fides___ Wahrheit,Weisheit,Treue
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BlackRock - 47
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Geschrieben am: 17.01.2011 um 10:28 Uhr
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Zitat von Sundown73: Und wenn während der Haft festgestellt wird, dass der Straftäter nach Ende der Haft wieder rückfällig wird dann muss eine nachträglich verhängte Sicherheitsverwahrung nunmal her.
Dazu müsstest du unser komplettes Rechtsverständnis umkrempeln. Denn hierzulande wird man nur für Taten bestraft die man begangen hat und nicht für Taten die man möglicherweise begehen könnte. An dieser Stelle gibt es keine Beweisführung mehr, kein Kläger kann beweisen dass ein Angeklagter mit Sicherheit eine Straftat wiederholen wird, und ein Verteidiger hat keine Möglichkeit dieses zu widerlegen. Wir würden dann Leute auf reinen Verdacht einsperren.
"It is more important that innocence be protected than it is that guilt be punished." (John Adams)
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DerGeneral - 38
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Geschrieben am: 17.01.2011 um 17:20 Uhr
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Zitat von BlackRock: Zitat von Sundown73: Und wenn während der Haft festgestellt wird, dass der Straftäter nach Ende der Haft wieder rückfällig wird dann muss eine nachträglich verhängte Sicherheitsverwahrung nunmal her.
Dazu müsstest du unser komplettes Rechtsverständnis umkrempeln. Denn hierzulande wird man nur für Taten bestraft die man begangen hat und nicht für Taten die man möglicherweise begehen könnte. An dieser Stelle gibt es keine Beweisführung mehr, kein Kläger kann beweisen dass ein Angeklagter mit Sicherheit eine Straftat wiederholen wird, und ein Verteidiger hat keine Möglichkeit dieses zu widerlegen. Wir würden dann Leute auf reinen Verdacht einsperren.
Die Frage ist doch, welches Rechtsverständnis der Europäische Gerichtshof hier eigentlich postuliert. Ich habe den Eindruck, dass hier eine kleinkarierte Auseinandersetzung von juristischen Wichtigtuern aus Straßburg auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen wird. Es ist unverantwortlich, potenziell gefährliche und zu Allem bereite Straftäter in die Freiheit zu entlassen. Es ist äußerst zynisch und geradezu pervers hier mit Menschenrechten zu argumentieren und diesen Verbrechern auch noch Entschädigungszahlungen von bis zu 50.000 Euro zuzubilligen. Das kann man den Menschen in diesem Land nicht erklären und man braucht sich dann nicht wundern, wenn die EU im Besonderen von der Mehrheit der Menschen als intransparent und bürgerfern angesehen wird. Eine solche Entscheidung ist für mich eine Bankrotterklärung der Justiz. Sie sollte jetzt endlich aufhören, sich mit diesen Entscheidungen lächerlich zu machen. Wieder mal ein Beispiel, wie eine abstrakte Rechtsprechung peu á peu den Kontakt zur Bevölkerung verliert. Die Gesetze sind für die Menschen da und nicht andersherum. Ich bin erschüttert über soviel intellektuelle Überheblichkeit und Ignoranz. Haben diese Herren und Damen nichts von einer gewissen Verantwortungsethik gehört?
GSG 9 - Helden und Verteidiger unserer Freiheit!
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Cymru - 35
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Geschrieben am: 17.01.2011 um 22:25 Uhr
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Zitat von DerGeneral: Die Gesetze sind für die Menschen da und nicht andersherum. Ich bin erschüttert über soviel intellektuelle Überheblichkeit und Ignoranz. Haben diese Herren und Damen nichts von einer gewissen Verantwortungsethik gehört?
Du argumentierst etwas ungerecht (vielleicht auch nur aus Unwissenheit): Gesetze sind für die Menschen da. Aber auch Straftäter sind nach wie vor Menschen, sie sind biologisch nichts anderes und auch juristisch nicht. Damit gelten auch für sie die Menschenrechte. Der Staat muss die Menschenwürde auch bei Straftätern achten, kann sie nicht willkürlich einsperren wie er will.
Es wurde nichts gegen die Sicherungsverwahrung allgemein gesagt, aber gegen die nachträgliche. Das solltest du dir anschauen.
Bei Juristischem muss man sich oftmals etwas mit der Sachlage befassen. Den meisten Menschen ist das zu anstrengend, weil es, zugegebenermaßen, manchmal um Wortklaubereien geht, was allgemein als eher trocken betrachtet wird. Wenn man allerdings kritisiert, muss man auch entsprechendes Grundwissen über die Gesetze haben, wobei es natürlich auch am Gesetzgeber liegt, Gesetze dem Bürger einfach und verständlich zu vermitteln, zumindest im Strafrecht.
Zitat von BlackRock: Dazu müsstest du unser komplettes Rechtsverständnis umkrempeln. Denn hierzulande wird man nur für Taten bestraft die man begangen hat und nicht für Taten die man möglicherweise begehen könnte.[...]Wir würden dann Leute auf reinen Verdacht einsperren.
Sehr gut zusammengefasst. Tatsächlich würde man mehr auf Verdacht einsperren.
Ich kann es hier auch voll verstehen, wenn einem die emotionale Seite sagt, dass es doch nicht sein kann, dass jemand mehrfach schwere Straftaten begehen kann und trotzdem wieder freikommt. Trotzdem muss uns das rationale Denken sagen, dass die Menschenrechte allumfassend für alle gelten und auch nicht verloren gehen.
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DerGeneral - 38
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Geschrieben am: 18.01.2011 um 18:41 Uhr
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Zitat von Cymru: Zitat von DerGeneral: Die Gesetze sind für die Menschen da und nicht andersherum. Ich bin erschüttert über soviel intellektuelle Überheblichkeit und Ignoranz. Haben diese Herren und Damen nichts von einer gewissen Verantwortungsethik gehört?
Du argumentierst etwas ungerecht (vielleicht auch nur aus Unwissenheit): Gesetze sind für die Menschen da. Aber auch Straftäter sind nach wie vor Menschen, sie sind biologisch nichts anderes und auch juristisch nicht. Damit gelten auch für sie die Menschenrechte. Der Staat muss die Menschenwürde auch bei Straftätern achten, kann sie nicht willkürlich einsperren wie er will.
Es wurde nichts gegen die Sicherungsverwahrung allgemein gesagt, aber gegen die nachträgliche. Das solltest du dir anschauen.
Bei Juristischem muss man sich oftmals etwas mit der Sachlage befassen. Den meisten Menschen ist das zu anstrengend, weil es, zugegebenermaßen, manchmal um Wortklaubereien geht, was allgemein als eher trocken betrachtet wird. Wenn man allerdings kritisiert, muss man auch entsprechendes Grundwissen über die Gesetze haben, wobei es natürlich auch am Gesetzgeber liegt, Gesetze dem Bürger einfach und verständlich zu vermitteln, zumindest im Strafrecht.
Zitat von BlackRock: Dazu müsstest du unser komplettes Rechtsverständnis umkrempeln. Denn hierzulande wird man nur für Taten bestraft die man begangen hat und nicht für Taten die man möglicherweise begehen könnte.[...]Wir würden dann Leute auf reinen Verdacht einsperren.
Sehr gut zusammengefasst. Tatsächlich würde man mehr auf Verdacht einsperren.
Ich kann es hier auch voll verstehen, wenn einem die emotionale Seite sagt, dass es doch nicht sein kann, dass jemand mehrfach schwere Straftaten begehen kann und trotzdem wieder freikommt. Trotzdem muss uns das rationale Denken sagen, dass die Menschenrechte allumfassend für alle gelten und auch nicht verloren gehen.
Ich argumentiere ungerecht? Das ist eben auch eine Frage der Perspektive. Ich vermisse allerdings in gewisser Weise eine Antwort auf meine letzte Frage, die ich im Zuge eines Anfalls absoluter Unwissenheit über die Gesetze (irgendwie komisch, dass es BGB heißt, aber kaum ein Bürger versteht die Gesetze...) aufgeworfen habe: Stichwort Verantwortungsethik! Ist es zu verantworten, diese Männer wieder in die Freiheit zu entlassen? Bzw. wer hat sich im Zweifel zu verantworten, wenn diese Männer rückfällig werden und dabei Menschen zu Tode kommen oder schwer verletzt werden? Müssen Richter nicht irgendwie auch auf ihre Verantwortung hingewiesen werden?
GSG 9 - Helden und Verteidiger unserer Freiheit!
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Cymru - 35
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Geschrieben am: 18.01.2011 um 18:58 Uhr
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Zitat von DerGeneral: Stichwort Verantwortungsethik! Ist es zu verantworten, diese Männer wieder in die Freiheit zu entlassen? Bzw. wer hat sich im Zweifel zu verantworten, wenn diese Männer rückfällig werden und dabei Menschen zu Tode kommen oder schwer verletzt werden? Müssen Richter nicht irgendwie auch auf ihre Verantwortung hingewiesen werden?
Ein Richter kann nur nach geltendem Recht urteilen, er kann sich nicht erheben, selbst Gesetze zu entwickeln, vor allem nicht im Strafrecht, wo eine Verurteilung (ob gerechtfertigt oder ungerechtfertigt) ganze Leben des Verurteilten von Grund auf verändert.
Kannst du bei Straftätern, die ihre Strafe abgesessen haben eine genaue Quote geben, nach der sie wieder straffällig werden? Oder gar sicher sagen, dass es so ist?
Das Strafrecht kann niemals alle Gefahren unterbinden, die drohen könnten. Das sollte dir immer bewusst sein. So wie man niemals ausschließen kann, dass irgendwelche Menschen auf der Straße irgendwann zu Ersttäteren werden, lässt sich auch keine absolute Rückfallquote für einen einzelnen Menschen feststellen. Unser Strafsystem basiert aber darauf, dass grundsätzlich die Möglichkeit bestehen muss, jemals wieder in Freiheit zu kommen. Trotzdem gibt es aber die Möglichkeit der Sicherungsverwahren.
Es geht in dieser Diskussion aber um die nachträgliche Sicherungsverwahrung und nicht um die Sicherungsverwahrung an sich. Eine nachträgliche Anordnung verstößt in den vom Gericht behandelten Fällen schlicht gegen das Rückwirkungsverbot, dem sich die Bundesrepublik verschrieben hat. Das hat nichts mit Verantwortung zu tun, sondern mit Rechtssicherheit. Eine Verantwortung trifft hier höchstens den Gesetzgeber, der sich überlegen muss, wie das Problem gelöst werden könnte, auch wenn es ganz sicher nicht einfach ist, eine gesetzliche Norm hierfür zu schaffen.
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DerGeneral - 38
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Geschrieben am: 18.01.2011 um 19:17 Uhr
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Zitat von Cymru: Zitat von DerGeneral: Stichwort Verantwortungsethik! Ist es zu verantworten, diese Männer wieder in die Freiheit zu entlassen? Bzw. wer hat sich im Zweifel zu verantworten, wenn diese Männer rückfällig werden und dabei Menschen zu Tode kommen oder schwer verletzt werden? Müssen Richter nicht irgendwie auch auf ihre Verantwortung hingewiesen werden?
Ein Richter kann nur nach geltendem Recht urteilen, er kann sich nicht erheben, selbst Gesetze zu entwickeln, vor allem nicht im Strafrecht, wo eine Verurteilung (ob gerechtfertigt oder ungerechtfertigt) ganze Leben des Verurteilten von Grund auf verändert.
Kannst du bei Straftätern, die ihre Strafe abgesessen haben eine genaue Quote geben, nach der sie wieder straffällig werden? Oder gar sicher sagen, dass es so ist?
Das Strafrecht kann niemals alle Gefahren unterbinden, die drohen könnten. Das sollte dir immer bewusst sein. So wie man niemals ausschließen kann, dass irgendwelche Menschen auf der Straße irgendwann zu Ersttäteren werden, lässt sich auch keine absolute Rückfallquote für einen einzelnen Menschen feststellen. Unser Strafsystem basiert aber darauf, dass grundsätzlich die Möglichkeit bestehen muss, jemals wieder in Freiheit zu kommen. Trotzdem gibt es aber die Möglichkeit der Sicherungsverwahren.
Es geht in dieser Diskussion aber um die nachträgliche Sicherungsverwahrung und nicht um die Sicherungsverwahrung an sich. Eine nachträgliche Anordnung verstößt in den vom Gericht behandelten Fällen schlicht gegen das Rückwirkungsverbot, dem sich die Bundesrepublik verschrieben hat. Das hat nichts mit Verantwortung zu tun, sondern mit Rechtssicherheit. Eine Verantwortung trifft hier höchstens den Gesetzgeber, der sich überlegen muss, wie das Problem gelöst werden könnte, auch wenn es ganz sicher nicht einfach ist, eine gesetzliche Norm hierfür zu schaffen.
Sorry, aber das war nicht die Antwort auf meine Frage. Ich habe die einfache Frage gestellt, ob diese Freilassungen zu verantworten sind? Darauf habe ich keine Antwort bekommen. Ich weiß ja nicht, ob du selbst Jurist bist (ich gehe hinsichtlich des Alters nicht davon aus), aber auch du solltest dir darüber im Klaren sein, dass die Qualität einer Antwort sich nicht an ihrem Umfang sondern an ihrer Klarheit bemisst. Diese Klarheit vermisse ich.
Im Jahr 2004 urteilte das Bundesverfassungsgericht:
"Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber vorsieht, dass eine verbindliche Entscheidung über den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt beim Sicherungsverwahrten nicht im Vorhinein getroffen wird." (zum Urteil des Zweiten Senats vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 -)
Offensichtlich haben deutsche und europäische Richter ein stark auseinanderliegendes Rechtsverständnis....
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Cymru - 35
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Geschrieben am: 18.01.2011 um 19:43 Uhr
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Zitat von DerGeneral: Sorry, aber das war nicht die Antwort auf meine Frage. Ich habe die einfache Frage gestellt, ob diese Freilassungen zu verantworten sind? Darauf habe ich keine Antwort bekommen. Ich weiß ja nicht, ob du selbst Jurist bist (ich gehe hinsichtlich des Alters nicht davon aus), aber auch du solltest dir darüber im Klaren sein, dass die Qualität einer Antwort sich nicht an ihrem Umfang sondern an ihrer Klarheit bemisst. Diese Klarheit vermisse ich.
Diese Frage trifft aber nicht genau das, worum es geht. Ansonsten könntest du bei jedem Straftäter fragen, ob eine Freilassung zu verantworten ist. Die Rückfallgefahr bei Delikten wie Diebstahl oder Körperverletzung sind höher als bei Mord oder Totschlag. Kann man es also verantworten, einen Dieb, der schon zweimal verurteilt wurde, wieder freizulassen mit einem Restrisiko, dass er auch ein drittes Mal wieder vor dem Richter landet? Ich kenne dich als intelligenten Disskutanten, deswegen nehme ich an, du verstehst, dass es hier nicht um einen Vergleich zwischen Taten, für die die Sicherungsverwahrung in Frage kommt und "kleinen Fischen" wie Diebstahl geht. Es geht um das System an sich. Warum sollte für eine schwere Tat eine andere Rechtssicherheit für den Straftäter gelten als bei kleineren Sachen?
Zitat von DerGeneral: Im Jahr 2004 urteilte das Bundesverfassungsgericht:
"Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber vorsieht, dass eine verbindliche Entscheidung über den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt beim Sicherungsverwahrten nicht im Vorhinein getroffen wird."
Offensichtlich haben deutsche und europäische Richter ein stark auseinanderliegendes Rechtsverständnis....
Generell: Verschiedene Meinungen bei Juristen sind nichts besonderes 
Gewissermaßen kann man sagen, dass das Bundesverfassungsgericht das im Jahr 2004 anders gesehen hat. Ich habe das Urteil aus Zeitgründen nicht komplett gelesen, nehme aber trotzdem an, dass die Argumentationen sich teilweise mit verschiedenen Punkten befassen.
Findest du es verwerflich, wenn andere Richter etwas anders sehen? Beim Instanzenzug innerhalb Deutschlands passiert sowas ständig.
Interessant ist aber auch der Leitsatz 3):
"3. Der Anwendungsbereich von Art 103 Abs 2 GG ist auf staatliche Maßnahmen beschränkt, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten darstellen und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient."
Genau hier legt der EGMR strengere Maßstäbe an. Er sieht Strafe und Maßregel (was die Sicherungsverwahrung ja ist) nicht genügend getrennt, sodass die Sicherungsverwahrung sehr nah an der Strafe liegt. Hätte das BVerfG das auch so gesehen, hätte womöglich Art. 103 Abs. 2 GG doch noch herangezogen werden müssen.
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DerGeneral - 38
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Geschrieben am: 18.01.2011 um 19:54 Uhr
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Zitat von Cymru: Zitat von DerGeneral: Sorry, aber das war nicht die Antwort auf meine Frage. Ich habe die einfache Frage gestellt, ob diese Freilassungen zu verantworten sind? Darauf habe ich keine Antwort bekommen. Ich weiß ja nicht, ob du selbst Jurist bist (ich gehe hinsichtlich des Alters nicht davon aus), aber auch du solltest dir darüber im Klaren sein, dass die Qualität einer Antwort sich nicht an ihrem Umfang sondern an ihrer Klarheit bemisst. Diese Klarheit vermisse ich.
Diese Frage trifft aber nicht genau das, worum es geht. Ansonsten könntest du bei jedem Straftäter fragen, ob eine Freilassung zu verantworten ist. Die Rückfallgefahr bei Delikten wie Diebstahl oder Körperverletzung sind höher als bei Mord oder Totschlag. Kann man es also verantworten, einen Dieb, der schon zweimal verurteilt wurde, wieder freizulassen mit einem Restrisiko, dass er auch ein drittes Mal wieder vor dem Richter landet? Ich kenne dich als intelligenten Disskutanten, deswegen nehme ich an, du verstehst, dass es hier nicht um einen Vergleich zwischen Taten, für die die Sicherungsverwahrung in Frage kommt und "kleinen Fischen" wie Diebstahl geht. Es geht um das System an sich. Warum sollte für eine schwere Tat eine andere Rechtssicherheit für den Straftäter gelten als bei kleineren Sachen?
Zitat von DerGeneral: Im Jahr 2004 urteilte das Bundesverfassungsgericht:
"Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber vorsieht, dass eine verbindliche Entscheidung über den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt beim Sicherungsverwahrten nicht im Vorhinein getroffen wird."
Offensichtlich haben deutsche und europäische Richter ein stark auseinanderliegendes Rechtsverständnis....
Generell: Verschiedene Meinungen bei Juristen sind nichts besonderes
Gewissermaßen kann man sagen, dass das Bundesverfassungsgericht das im Jahr 2004 anders gesehen hat. Ich habe das Urteil aus Zeitgründen nicht komplett gelesen, nehme aber trotzdem an, dass die Argumentationen sich teilweise mit verschiedenen Punkten befassen.
Findest du es verwerflich, wenn andere Richter etwas anders sehen? Beim Instanzenzug innerhalb Deutschlands passiert sowas ständig.
Interessant ist aber auch der Leitsatz 3):
"3. Der Anwendungsbereich von Art 103 Abs 2 GG ist auf staatliche Maßnahmen beschränkt, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten darstellen und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient."
Genau hier legt der EGMR strengere Maßstäbe an. Er sieht Strafe und Maßregel (was die Sicherungsverwahrung ja ist) nicht genügend getrennt, sodass die Sicherungsverwahrung sehr nah an der Strafe liegt. Hätte das BVerfG das auch so gesehen, hätte womöglich Art. 103 Abs. 2 GG doch noch herangezogen werden müssen.
Verschiedene Meinungen sind zweifelsohne nichts verwerfliches. Ich halte es aber nicht verantwortungsvoll, wenn juristische Wortklauberei auf dem Rücken von Menschen und insbesondere von Kindern ausgetragen wird.
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