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Kultur der absichtlichen Missverständnisse?

McBudaTea - 32
Experte (offline)

Dabei seit 06.2008
1620 Beiträge

Geschrieben am: 30.09.2010 um 14:32 Uhr

Mich persönlich stört etwas in der letzten Zeit in den politischen Debatten und der Berichterstattung über politischen Themen. Man müsste ja meinen, dass die Politiker und Journalisten, als alte Hasen im "Geschäft", eigentlich interne Spielregeln und versteckten Andeutungen und Absichten von Personen kennen und verstehen müssten. Umso erstaunlicher finde ich, wie häufig Politiker doch Aussagen falsch "verstehen", insbesondere wenn die meisten von ihnen hoch gebildet sind und viele studierte Juristen sind, welche ja eigentlich besonders akkurat Passagen zitieren und verstehen können müssten (die Formulierungen in den Gesetzbüchern sind ja teilweise ziemlich happig.)
Ein Beispiel dafür wäre die aktuelle Hartz-4-Debatte. Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, dass die Berechnungsgrundlage für die Regelsätze verfassungswidrig seien, weshalb diese geändert werden müssten. Allerdings wurde nicht gesagt, dass die Höhe verfassungswidrig ist. Dies wird dennoch von einigen Politiker behauptet (Unabhängig davon, welche Höhe angemmessen ist, darüber sollte hier nicht diskutiert werden, da es dafür ein eigenen Thread gibt). Ein anderes Beispiel wäre das "Skandal", das zum Rücktritt von Köhler geführt hat. Dabei wurde eine Aussage von Köhler stark kritisiert:

Zitat:

"In meiner Einschätzung sind wir insgesamt auf dem Wege, in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe, mit dieser Außenhandelsabhängigkeit, auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren - zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch negativ auf unsere Chancen zurückschlagen, bei uns durch Handel Arbeitsplätze und Einkommen zu sichern. Alles das soll diskutiert werden - und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg."

Insbesondere wurde ihm hierbei vorgeworfen, dass er behauptet, dass Deutschland ihn Afghanistan wirtschaftliche Interessen verfolgt, obwohl er dies nicht behauptet hat. Ein mehr oder weniger politisch interessierter Leser/Hörer würde insbesondere Aufgrund der Passage "freie Handelswege" eher auf die Atalanta-Mission vor Somalia denken. Man kann darüber denken was man will, aber der Skandal an sich beruhte auf eine mehr oder weniger offensichtlichen Missintepretation des Gesagten. Und bei den politisch erfahrenen Personen sollte man doch eigentlich meinen, dass sie solche Passagen richtig verstehen können.
Es ließe sich viele andere Beispiele bringen. Häufig gehen die Politiker dann sehr respektlos miteinander um. Es ist auch kein neues Phänomen. Schon Bismark hat bei der Emser Depesche ein Telegramm so "unglücklich" fehlinterpretiert, dass danach der Deutsch-Französischer-Krieg ausbrach.
Aber vielleicht tue ich "den Politiker" unrecht. Diese Verallgemeinerung wohl gar nicht zulässig. Immerhin sehen wir in der Öffentlichkeit immer nur einige wenige Politiker. Es gibt bei weitem viel mehr Politiker, die in Ausschüssen etc. abseits der Öffentlichkeit gute Meinung habe und den gegenüber, auch wenn dieser eine andere politischen Richtung angehört, stets Respekt erweisen. Immerhin treffen sich dort meisten hochgebildeten Menschen, die in der selben "Branche" tätig sind.
Vielleicht wird dies von den Politiker auch erwartet, dass sie den anderen "niedermachen". Was würde es den für ein Skandal an der Basis geben, wenn ein führender Politiker der Linken sagen würde, dass Guido Westerwelle mit seiner These xy recht hat? Nein, die Opposition muss alles, was die Regierung tut und sagt kritisieren, egal wie weit dies hergeholt ist, auch wenn dies dem gesunden Menschenverstand widerspricht. Es kann ja nicht sein, dass jemand alles schlecht macht. Und selbst wenn die Regierungsfraktion ein Vorschlag der Opposition übernimmt (welche öffentlich bekannt ist), muss die Opposition förmlich solche Sachen sagen wie "Das ist nur ein Ablenkungsmanöver um von xy abzulenken" oder (mit beleidigenden Unterton) "Endlich ist auch die Partei xy zu Vernunft gekommen". Gehören aber vielleicht solche Provokationen/"Missverständnisse" und Kritiken zu den politischen Spielregeln?

Wenn man das Verhalten "der Politiker" in der Öffentlichkeit noch verstehen kann , fällt dies bei der politischen Berichterstattung schon schwerer. So gab es vor kurzen diverse Berichte, dass Basel 3 beschlossen sei (stärkere Regulierung des Bankensektor). Dies entspricht aber nicht ganz der Wahrheit (oder ist zumindest missverständlich). Zwar haben sich die wichtigsten Bankenaufseher sich auf schärfere Regelungen verständigt, diese müssen aber noch z.B. durch das EU-Parlament abgesegnet werden. Ein weiteres Beispiel (der hier wohl viele Menschen näher liegt) ist das Thema Bafög-Erhöhung. Dabei haben viele Zeitungen geschrieben, dass die Regierung und später der Bundestag die Erhöhung beschlossen haben. Dies ist zwar inhaltlich richtig, allerdings missverständlich, da der Eindruck entsteht, dass es nun zur einer Bafög-Erhöhung kommt. Allerdings ist diese später durch den Bundesrat gekippt worden (zumindest geht es jetzt in den Vermittlungsausschuss etc.). Ich will nicht behaupten, dass "die Medien" lügen. Das wäre eine zu harte Unterstellung. Ich will auch nicht sagen, dass "die Medien" hier Informationen verschweigen würden. Dem interessierten Leser, der über das politische System im klaren ist, bekommt auch die Informationen und weiß die Artikel richtig zu bewerten. Aber: Die meisten Menschen hollen sich einen Handwerker, wenn irgendwas repariert werden muss. Sie könnten sich durchaus mit dieser Thematik selbst auseinander setzen, aber sie haben in der Regel weder die Zeit noch die Lust dazu. Ähnliches gilt auch in politischen Fragestellung. Viele Menschen haben schlicht "was besseres zu tauen", als sich über den Sinn und Unsinn des Morbiditätszuschlages Gedanken zu machen. Aber letztlich stellt sich dann die Frage, ob die Medien mit den missverständlichen Titeln und Artikel ihr Aufgabe der Informierung nachkommen.

Was sind eure Position zu dieser Thematik?

Morgen wird die Zukunft besser sein

elepsi - 83
Profi (offline)

Dabei seit 02.2004
509 Beiträge
Geschrieben am: 30.09.2010 um 15:23 Uhr

Ich habe deinen Beitrag nur überflogen. Aber ich stimme dir zu. Auch mir ist schon öfters aufgefallen, dass sich manche Leute gar nicht für das wirklich Gesagte und Gemeinte interessieren, sondern ganz offensichtlich direkt auf die missverständliche Aussage zusteuern. Dies scheint ein gern genommener Weg zu sein, jemanden Unbeliebten "abzuschießen".
Zenker_93 - 31
Anfänger (offline)

Dabei seit 12.2008
14 Beiträge

Geschrieben am: 30.09.2010 um 15:40 Uhr

Zitat von elepsi:

Ich habe deinen Beitrag nur überflogen. Aber ich stimme dir zu. Auch mir ist schon öfters aufgefallen, dass sich manche Leute gar nicht für das wirklich Gesagte und Gemeinte interessieren, sondern ganz offensichtlich direkt auf die missverständliche Aussage zusteuern. Dies scheint ein gern genommener Weg zu sein, jemanden Unbeliebten "abzuschießen".

kann ich nur zustimmen
das traurige ist ja dass solche Methoden wirklich funktionieren weil man ja nur noch nach dingen sucht mit denen man iwelche projekte oder personen in den schmutz ziehen kann

Guttis Lernstrategie: strg+a, strg+c und strg+v

211 - 43
Profi (offline)

Dabei seit 07.2007
897 Beiträge
Geschrieben am: 01.10.2010 um 16:36 Uhr

das zitat was köhler gesagt hat deckt sich zu 100% mit dem weissbuch 2006
was offiziele bw und aussen politik wiederspiegelt

der "aufschrei in der gesellschaft ist nur aus unwissenheit
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