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Metaphern in Wirtschaft, Jura und der Linguistik
Metaphern werden in der Wirtschaft neben anderen
Stilmitteln vor allem zu Werbezwecken genutzt und
sind damit ein entscheidender Faktor, um potenzielle
Kunden zu gewinnen. Da in Zeiten der Globalisierung
eine große Produktvielfalt herrscht, muss auf ein neues
Produkt aufmerksam gemacht werden. Hierfür werden
Werbeslogans entwickelt, die das Produkt vor allem
für die angestrebte Zielgruppe attraktiv machen sollen:
»Lassen Sie Ihre Füße atmen.« (Geox), »Die wecken
den Tiger in dir!« (Kellogs Frosties), »Schokoriegel?
Die wahrscheinlich längste Praline der Welt!« (Duplo),
»Der Fels in der Brandung« (Württembergische).
Metaphern erfüllen aber auch innerhalb eines
wirtschaftlichen Unternehmens wichtige Funktionen.
Sie können zu einem Wertesystem zusammengesetzt
werden, zu einem Leitbild, und so eine Unternehmenskultur
schaffen. Dies hat wesentlichen Anteil an der Bildung
eines »Wir-Gefühls« im Unternehmen, kann aber
auch missbraucht werden, um Druck auf die Mitarbeiter
auszuüben. Ein Leitbildbeispiel wäre der Firmenchef
als Vaterfigur. Durch dieses Bild wird eine gewisse
Autorität vermittelt, aber auch Verständnis und Zuneigung.
Ein anderes konstruiertes Leitbild wäre das
Unternehmen als System aus ineinander greifenden
Zahnrädern. Fehlt eines, kann das System der Zahnräder
nicht mehr funktionieren. Die Metapher dient also
als kommunikationsstrategisches Argument.
Metaphern haben auch im Rechtswesen eine lange
Tradition. In der Antike, beispielsweise in Ciceros
Anklagerede »In Verrem«, werden Metaphern eingesetzt,
um ein einleitendes Bild ("captatio bene volentia")
zu schaffen und mit einem »roten Faden« durch
die Rede zu führen. Solche Verteidigungs- und Anklagereden
erfreuen sich vor allem im amerikanischen
Rechtssystem immer noch großer Beliebtheit. Auch
in der Rechtsprache in Deutschland haben sich viele
Metaphern eingebürgert. So können wir »Gesetze
verletzen«, »Geldwäsche« betreiben, »Ämter bekleiden
«, »Tochterunternehmen« gründen, »Täter hinter
dem Täter« entdecken, den »Rechtsweg« gehen oder
ein »höheres Gericht« anrufen. Metaphern sind im
Rechtswesen ein wichtiger Bestandteil zur Verdichtung
komplexer Vorgänge. Trotzdem ist zu beachten, dass
außer diesen Verdichtungsmetaphern aufgrund der angestrebten
Sachlichkeit in Gesetzestexten Metaphern
selten gehäuft vorkommen und nur wenn nötig benutzt
werden.
Auch in der Linguistik spielen Metaphern eine
wichtige Rolle: Die Linguistik unterscheidet Substantivmetaphern,
Adjektivmetaphern und Verbmetaphern.
Substantivmetaphern haben meist einen »statischen
Charakter« und existieren in vielfältigen Formen. Im
Deutschen können z.B. auch substantivische Komposita
metaphorisch wirken (die Theaterzeitschrift »Die
Weltbühne«), wenn unterschiedlicheWortbereiche verknüpft
werden. Eine Sonderform ist die Genitivmetapher
innerhalb der Substantivmetaphern. Sie wirkt besonders
emphatisch: »Die Rache der Sprache ist das
Gedicht« (Ernst Jandl). Das Genitivattribut »Sprache«
kann wörtlich verstanden werden. Das zweite Nomen,
auf das Bezug genommen wird, ist metaphorisch zu
sehen. Auch Eigennamen oder Firmennamen finden
metaphorischen Gebrauch (»Mozart des Fußballs«).
Eine weitere Besonderheit ist die Verknüpfung zweier
Substantive durch die Kopula »sein«, damit werden
diese potenziell vertauschbar (z.B.: »Die ganzeWelt ist
eine Bühne« und »Die Bühne ist die ganze Welt«). Die
Adjektivmetaphern sind häufig in Nominalphrasen eingebettet
(»Ein mächtiger Baum«), können aber auch
prädikativ gebraucht werden (»Der Baum ist mächtig
«) und bestimmen das Bezugswort näher, wobei
sie diesem semantisch gesehen unpassende Eigenschaften
zuordnen. (Iris Radisch: »Eine trockene, unverwüstliche
Verzweiflung«). Verbmetaphern können
»statische« Substantivmetaphern dynamisieren. Sie
verbildlichen Geschehnisse, Vorgänge und Zustände
(Margarete Mitscherlich: »Man versucht sich zu erinnern,
spricht mit seinem Gehirn, würfelt seine Gedanken
durcheinander, und plötzlich entstehen die besten
Ideen«). Oft entsteht beim Gebrauch von Verbmetaphern
auch eine Personifikation (»Die Sonne lacht«)
bzw. man benutzt zur Personifikation Verbmetaphern.
Auch eine Verbindung von Substantivmetaphern, Adjektivmetaphern
und Verbmetaphern ist häufig anzutreffen.
Lukas Geiger
'Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich darin nur zurechtfinden' (Einstein)