Zitat von 22101917:
Ich werd mal versuchen meine Einschätzung der Geschehnisse in Mecklenburg-Vorpommern (in Heiligendamm waren wir ja schließlich nicht

) darzulegen.
Dazu muss ich erstens sagen, dass ich bei den Riots am Samstag noch nicht in Rostock oben war und ich deshalb dazu auch keine Stellungen nehmen kann bzw. möchte. Ob nun der Staat die ersten Steine auf seine eigenen Leute geworfen hat oder nicht, es gibt eine Reihe von Anmerkungen die kursieren, die ich dieser Diskussion nicht vorenthalten möchte:
- Es gibt anscheinend Videos auf denen zu sehen ist wie zwei als Autonome gekleidete, kurze Zeit bevor sie Steine werfen sich mit den Bullen unterhalten. Dies wird durch Augenzeugen bestätigt.
- Die Anwohner in der Rostocker Innenstadt sind bereits 2 Wochen zuvor gewarnt und gebeten worden ihre Autos in dieser Zeit von der Straße zu entfernen. Eine Anwohner sagte, dass niemand in der Straße der Krawalle sein Auto hätte stehen lassen. Es stellt sich die Frage wieso doch einiges Autos noch da standen.
Obige Aspekte beziehen sich auf den Samstag.
Für die Zeit von Montag kann ich detaillierter Stellung nehmen, da ich selbst anwesend war.
Am Montag war Aktionstag "Migration". Das sah so aus, dass die erste Kungebung morgens vor der Ausländernehörde in Rostock stattfand. Diese verlief vollkommen friedlich, trotzdem ließen die Bullen es sich nicht nehmen mit massiver Polizeipräsenz und USK in Kampfmontur zu "glänzen". Nachdem die Kundgebung friedlich beendet worden war machte man sich auf, entweder zu einer Demo vor nem Lidl-Supermarkt oder nach Rostock-Lichtenhagen, dem Schauplatz der Neonazi-Übergriffe auf Ausländer im Jahr 1992.
Wir entschieden uns für Lichtenhagen. Dort angekommen fand ebenfalls ne Kundgebung statt und auch hier war weder eine aufgeheizte Stimmung noch irgendwelche Gewaltakte seitens der Demonstranten zu sichten. Einzig und allein der "grüne Block" meinte sich bemerkbar machen zu müssen in dem sie meinten die Leute irgendwie zusammentreiben zu müssen. Nach dieser Rangelei bei der von den Grünen auch großzügig (aber völlig unnötig) Tränengas eingesetzt wurde und einige Leute im Knast verschwanden, blieb es weiterhin ruhig. Keiner der Demonstranten wollte an diesem Tag eine Schlacht wie die vom Samstag riskieren, da erstens schon ein großteil der Leute eingeknastet waren und zweitens unter den Demonstranten "illegal" in Deutschland lebende waren. Bei Ausschreitungen wären diese die ersten gewesen die es getroffen hätte - sie wären abgeschoben worden. Ziel des Tages war es keine Gewalt, egal welche Provokationen kommen mögen, anzuwenden.
Am Mittag sollte eine große (angemeldete!!!!!) Demonstration durch die Rostocker Innenstadt stattfinden. Als mann/frau dann um 13 Uhr loslaufen wollte. Wurde der Weg von vier Wasserwerfern und mehreren Räumfahrzeugen blockiert. Mann/frau harte geduldig circa 2 Stunden aus und durfte nach zahlreichen Gesprächen mit den Bullen dann schließlich loslaufen unter der Bedingung, ich zitiere "dass keine Waffen wie z.B. Äxte, Messer, chemische Waffen mitgeführt werden". Jeder der schon einmal auch nur im Umfeld einer Demo war wird dies für völlig lächerlich halten, da keiner das Risiko eingehen würde (zumal es der G8-Gipfel war) sich auf ne Demo zu begeben mit ner Axt in der Tasche. Die Prozedur ging dann so weiter, dass wir immer ein paar Meter laufen durften und dann das Ganze wieder angehalten wurde - ohne einen ersichtlichen oder griffigen Grund.
Schließlich wurde mitgeteilt, dass die Polizei die Demoroute geändert hatte und uns nicht wie angemeldet durch die Innenstadt laufen lassen wollte, sondern durch irgendein Industriegebiet. Den Veranstalter sowie uns war das Ganze dann nach 5 Stunden hin und her auch irgendwann zu blöd und die Demo wurde aufgelöst. Die Menschenmassen strömten nun durch die komplette Innenstadt - für die Bullen unmöglich zu kontrollieren. Angesichts all dieser Tatsachen bestätigte sich der Verdacht vom Samstag ein weiteres Mal, dass der Staat die Gewalt geradezu harausforderte um womöglich spätere Repressalien rechtfertigen zu können. Entgegen aller Erwartungen der Bullen und Medien blieb es trotz der undurchsichtigen Lage komplett ruhig in Rostock. Keine Gewalt.
Am Mittwoch gab es dann verschiedenen Aktionsformen die auf unterschiedlichste Weise den Gipfel blockieren sollten. Ich selbst habe an keiner der großen Blockaden teilgenommen. Weiß aber von Leuten die dort dabei waren, dass es massive Gewaltakte von Seiten der Grünen gegenüber den friedlichen Demontranten gab. Wasserwerfer, Reizgas, Bullenknüppel usw. wurden völlig grundlos gegen unbewaffnete Demonstranten eingesetzt.
Nicht einmal schlafen ließen die Bullen die Demonstranten: Bei Nacht flogen Tonardo-Düsenjets (ja, die gleichen wie in Afghanistan eingesetzt werden) über das Lager. Offiziel um die Landschaft zu erkunden, inoffiziel um die Demonstranten aus dem Schlaf zu wecken. Desweiteren fuhren die Bullen mit riesigen Kolonnen am Lager vorbei und setzten die Blinker, damit die Lagerwache den Eindruck gewann ein unmittelbarer Angriff seitens der Bullen auf das Lager stünde bevor. Resultat: Die Alarmesirene erschallte und das ganze Lager war auf den Beinen - samt Kinder.
Es gäb jetzt noch einiges weiteres zu schreiben, aber ich denke das reicht auch erst mal zum diskutieren. Mein Fazit: Seitens des Staates fand eine permanente Provokation statt und eigentlich blieb der Großteil der Demonstranten erstaunlich ruhig.