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Forum / Poesie und Lyrik

Der lezte Zug

TheSandmann - 36
Experte (offline)

Dabei seit 04.2006
1363 Beiträge

Geschrieben am: 02.12.2006 um 11:17 Uhr

Vorwort:
Dieser Text hat mich äußerst viel Zeit gekostet, und zu Beginn sah es aus, als würde ich ihn nie zu Ende schreiben. Doch habe ich die gestrige Nacht nichts anderes getan, als dieses Text zu vollenden. Folglich kann ich euch diesen nun stolz präsentieren. Er ist genauso, wie das kürzlich von mir ins Forum gestellte Gedicht "Der Vampyr" schon relativ alt.
Ich würde mich über ein paar qualifizierte Kommentare sehr freuen.


Der lezte Zug


Ein lauwarmer Augustabend verabschiedete mich aus Hamburg. Hamburg, die Stadt die ich gefürchtet habe,
die Stadt die ich begonnen habe zu lieben. Und trotzdem fürchtete ich diese Liebe, ich war schon oft verliebt gewesen
und oft auch musste ich mich entlieben und gehen.
Und als ich mich verliebte, nach ungefähr einem Jahr voller Flüche und Beschimpfungen für diese Stadt, musste ich mich kurze Zeit darauf entlieben,
eine Nacht und ich entliebte mich. Nicht nur Hamburg entzog ich von heute auf morgen meine Liebe, nein, auch Wilhemina sollte
nicht mehr geliebt werden.
Wilhemina und die Stadt waren eins, und als ich sie zu mögen begann, begann ich auch Hamburg zu mögen,
als ich mich verliebte verliebte ich mich in Wilhemina und die Stadt, und so kam es auch dass ich mich von beiden trennen musste, so auch gestern.

Und nun saß ich im Nachtzug der Bahn und schaute dem Sonnenuntergang entgegen, das Abteil roch abgestanden, die Sitze sahen dementsprechend aus, und doch fühlte ich mich wohl. Ich suchte meine Zigaretten aus dem Rucksack und genoss es im Nicht-Raucherabteil die Regel zu brechen, dabei lehnte mein Kopf an meinem Parka, der auf dem Haken hing und ich blickte auf Hamburg
zurück. Einige Minuten vergingen und der Zug hielt Einfahrt in Hamburg-Harburg, die Bremsen quietschten, der Zug ruckelte und kam zum Stillstand.
Das Licht am Bahnhof war gerade angegangen, als die Abteiltür auf ging. Aus reiner Gewohnheit zuckte ich zusammen, wedelte den Rauch aus dem Fenster und suchte nach meinem Ticket;
ich stecke Tickets immer an die selbe Stelle um nicht einem Panikanfall zu verfallen in der Angst, ich habe schon wieder vergessen ein Ticket zu ziehen oder es Zuhause eingesteckt zu haben. Doch dieses Mal war es griffbereit, ich zückte es in einer schnellen Bewegung und hielt es dem vermeintlichen Schaffner unter die Nase, ohne ihn dabei anzugucken. Er wusste bestimmt, dass es hier verdächtig nach Rauch roch und ich wollte seinem mahnenden Blick entgehen.
"Entschuldigen sie, ich glaube sie verwechseln mich" ertönte eine rauchige und doch weiblich sanfte Stimme. Ich blickte mich um und sah auf das Gesicht einer jungen Frau. Auf den ersten Blick passte ihre Stimme nicht zu diesem Erscheinen, und doch waren Stimme und Erscheinung zweiten Blick unwiderrufbar miteinander verflochten.
Als ob ich nicht schon genug Vergnügen auf meine Kosten bereitet habe, wurde ich rot und begann zu stottern: "Ich,...ich,...es passiert. Entschuldigen sie". "Ach, keine Ursache, es hat mir Spaß gemacht" hauchte sie in einem winzigen Lachen über die Lippen, "Ist hier noch frei?" Sie setzte sich und schnaufte aus, dabei machte sie diesen Ton den ich später noch öfter hören sollte.

Und so verließen wir Hamburg komplett, die Sonne war untergegangen und die Lichter der Bahnhöfe die wir ohne Halt durchquerten verflossen und wurden immer wieder zu langen, geraden Neonketten, die mir, zusammen mit dem sanften Geruckel des Zuges meine Augen beschwerten. Und so glitt ich ab und schlief.

Ein unterdrückter Schrei der jungen Frau weckte mich, ich erschrak und sah, noch völlig schlaftrunken, in ihre geröteten Augen, die sie zu verstecken versuchte, als sie sah ich bin wach geworden. Ein gequältes "Verzeihung" pressten ihre Lippen hervor und sie verbarg dabei ihr Gesicht.
Von mir selbst überrascht fragte ich, ob ich helfen könne und was geschehen sei, in dem Moment als ich es aussprach überkam mich leiser Zweifel, ob ich nicht das verkehrte tat, ob ich ihr nicht zu nahe kam. Als die Stille dann auch noch immer länger wurde war ich mir sicher ich habe eine Grenze überschritten, die ich hätte lieber nicht überschreiten sollen; "Pardon, ich hätte nicht...", "Nein, ist schon in Ordnung, sie... wussten ja nicht.., sie haben das richtige getan" ließ ihre rausanfte Stimme verlauten, doch ihr Gesicht, das sie endlich nicht mehr verdeckte sprach mehr.
Ihre Augen waren rot und aufgequollen, ihre Lider hingen tief, und ihr Make-up war in jeder Träne dahingeflossen Nichts ist von dem Gesicht geblieben, das der jungen Frau gehörte, die in Hamburg-Harburg einstieg, wären da nicht ihre Stimme und ihr roter Mund, der blühendem Mohn glich,
die sich nicht verändert haben.
Und wieder füllte Stille das Abteil aus, draußen schien es frisch zu sein und das Abteil saugte diese Frische auf. Man hätte sich fragen können, woher diese Frische kam- kam sie von außen, oder war es die einstige Frische der jungen Frau?
Als das Schweigen beinah einen unendlich langen Moment überschritt brach sie es, sie brach es in dem sie beim Einatmen diesen Ton machte, den ich schon vorher gehört habe und der mir nicht mehr aus dem Kopf ging.
"Wo hat ihre Reise angefangen?" sagte sie noch etwas verunsichert von eben, und kurz daraufhin fragte sie noch "könnte ich mich eventuell zu ihnen auf die Seite setzen?.Der Sitz hier ist total versifft und irgendwie graults mir davor genauso zu enden". Ich sagte ja und sie setzte sich neben mich. Jetzt war ich ihr so nah, dass ich ihren Duft spürte, sie roch nicht nach Parfum und doch roch sie gut, ein dezenter und doch sich in die Erinnerung einprägender Duft war wahrnehmbar und ich freute mich, dass sie neben mir saß.
"Hamburg" stotterte ich und sie schaute mich verdutzt an. "Ach, da sind wir", lächelte sie und schien sich dabei wieder an ihre Frage zu erinnern.
"Ach, Hamburg. Wer davon hört liebt es, wer es kennt, hat keine anderen Möglichkeiten außer es zu lieben oder es abgrundtief zu hassen", ich wunderte mich über die Ehrlichkeit und über die Überzeugung, mit der sie diesen Satz aussprach und fühlte eine starke Verbundenheit zu dieser Ehrlichkeit, die ich mir nicht erklären konnte. Und so lächelte ich sanft, um ihr zu zeigen ich fühle genauso. Ob sie es so gedeutet hat wusste ich nicht; aber das ist auch nicht von Bedeutung, dachte ich mir und ließ sie weiter erzählen.
Mir jedem ihrer Worte kam sie ihrer rauen Stimme näher, sie merkte es und so schien es sie anzutreiben - trotz anfänglicher Angst, die ich nicht deuten konnte- zurück zu der Sicherheit die in ihrer Stimme sonst lag. Und mit jedem ihrer Worte wurde auch ich sicherer, ich wusste ich tat gut Hamburg zu verlassen, alleine schon dieser wahrscheinlich kurz andauernden Bekanntschaft.

Sie redete sich in den Schlaf, ihre Stimme war kurz vorher in ihrer Ganzheit zurückgekehrt und sie lächelte sanft, als sie es bemerkte, ich deutete dieses Lächeln zu mindest so. Irgendwann zwischen Hannover und Augsburg, lehnte sie ihren Kopf an meine Schulter, sie schlief noch immer, der Schlaf tut ihr gut, dachte ich, doch als sie einige Male zusammen zuckte war ich mir dieses Gedankens nicht mehr sicher. Sogar im Schlaf machte sie diesen langen, tief verraucht sanften Ton beim Ein- und Ausatmen, ich mochte den Ton und lauschte ihm gebannt, in der Angst jemand käme vorbei und sähe mich so. Irgendwann war es dann auch soweit, den Schaffner hörte ich die Abteile abrackern; Türen gingen auf, Türen gingen zu; Schritte trotteten müde den Gang entlang und es würde nicht lange dauern, als dass er unser Abteil erreichte. Bei diesem Gedanken ertappte ich mich dabei, das Wort unser zu benutzen und ich schämte mich. Ich wollte sie nicht wecken, und so griff ich unsicher zu ihrer Tasche und kramte das Ticket heraus. Als der Schaffner kam und ich ihm beide Tickets unter die Nase hielt, schaute er etwas irritiert über unsere Vertrautheit, die das Anlehen an meine Schulter zu zeigen schien und die verschiedenen Zielbahnhöfe, die wir hatten. Ich blickte ihn entschlossenen an und er blickte weg. Mit dem Gefühl diesem Gefühl der Selbstsicherheit schlief auch ich ein.

Das Quietschen des Zuges und das Sonnenlicht am Münchener Hauptbahnhof weckten uns - da war es schon wieder dieses "uns", und doch fühlte ich mich diesmal mit diesem Wort viel wohler, als noch vor wenigen Stunden- ja es müssen Stunden gewesen sein.
Sie lachte etwas verschlafen als sie sah, dass ihr Kopf auf meiner Schulter geruht hatte und sagte: " Scheint wohl, dass mein Kopf gestern so voll war, dass er unweigerlich auf ihre Schulter fiel. Ich hoffe er war ertragbar", bei diesen Worten und diesem Wortwitz lachte ich genüsslich auf und sie lachte mit.

Fast schon selbstverständlich schlenderten wir zum nächsten Gleis, ich wusste sie fährt noch einige Stationen mit mir weiter, doch sie wusste es nicht, aber diesem Unbewusstsein folgte keine Frage, wohin ich fahre, oder ob ich denn weiterfahre. Die Gleise und der Bahnhof lagen unter Nebel bedeckt, der rauchig aussah und doch frischer die Lungen belebte, Menschen kamen daraus hervor und Menschen verschwanden in diesem frischen Rauch, genau wie wir.
Am Gleis angekommen und in den Zug eingestiegen zeichneten ihre Gesichtszüge ein sanftes Lächeln, mit dem sie mir ihre Freude über unsere Weiterfahrt zu zeigen schien.
Gott sei dank, der Zug war fast vollkommen leer, sodass wir die Reservierungen nicht beachten mussten und uns nebeneinander gesetzt haben.
Und wieder achtete ich auf ihre Lippen, die diesen Ton erzeugten. Er gefiel mir sehr, ich hätte sie es gerne wissen lassen, auch hätte ich es sie gerne wissen lassen, dass mich dieser Ton in den Schlaf wog und ihr Duft half diesem Ton dabei. Doch das wäre zu viel des Guten gewesen und so wähnte ich mich auf der sicheren Seite und schwieg.
Der Zug bahnte sich seinen Weg an Feldern und Hügeln vorbei, das Land wurde steiler und Hamburg lag Welten hinter uns, so schien es mir zumindest. Nichts erinnerte mich an Wilhemina und Hamburg, nichts. Sie waren weg, weit weg. Und doch war ein kleines Stück Hamburg bei mir, doch dass merkte ich erst viel später. Wann merkte ich es eigentlich?
Ihre Frage, ob ich etwas aus dem Speisewagen haben wolle, weckte mich aus meinem Tagtraum und ich dankte ihr, die Realität zeichnete sich schöner als Hamburg und Wilhemina, in meinen Träumen, ab.
"Ein Kaffee wäre toll", flüsterte ich und sie schlich davon, jeden Schritt im Takt des Zuges Ich gönnte dem Tagtraum noch einen letzten Augenblick und kehrte zurück nach Hamburg, zurück zu Wilhemina, zu ihrer Wohnung, ihren Freunden, ihrem Duft und ihrem Leben, der Tagtraum kam einer gekannten Vergangenheit sehr nah, die mir vor kurzer Zeit noch Gegenwart war und ich blickte mich in dieser Vergangenheit, die auch jetzt wieder gegenwärtig zu sein schien um.

Die Sonne strich über Wilheminas braunen Körper, sie strich ihr sanft über die Wangen und ich zeichnete mit meinem Finger, diese Sonnentapsen nach und streichelte sie aus dem Schlaf. Sie räkelte sich einer Katze gleich und ließ ähnliche Laute durch den Raum schwingen. Ich genoss diese Morgenstunden immer. "Guten Morgen, Darling" klang es und ich, gab mich diesem Satz jedesmal hin, sie wusste es und so wurde es zu unserem Ritual. Einem Ritual, dem wir jeden Morgen, den wir zusammen verbrachten, nachgingen.
Ansonsten hatten wir wenige Gemeinsamkeiten, ausser den Samstagen mit ihren Freunden, die nur physische Gemeinsamkeit widerspiegelten und oft zu mentalen Verhängnissen führten, denen ich klein bei gab. Wilhemina hatte ihr Ritual: Samstage mit ihren Freunden- in dieses Ritual wurde ich hineingezwängt, ich gab bei und fügte mich.
Wieder im Tagtraum, sehe ich uns beide und ihre Freunde,- ihr Freundeskreis war groß, sehr groß und mir wurde er zu groß. Namen, noch nie meine Stärke und so verwechselte oder vergaß ich Namen ihrer Freunde, genau dieses passiert wieder, ich vergesse den Namen von Frank, Georg oder wie auch immer er heisst. Wilhemina wirft mir diesen Blick zu, den nur sie zu werfen kann und der zerstören kann, heilen kann und noch viel mehr zu tun vermag. Diesmal ist der Blick verächtlich, er schneidet mich und ich blicke runter und entschuldige mich, gleichzeitig verlasse ich das Café und kehre nicht mehr zu Wilhemina zurück. Ich habe vieles bei ihr vergessen, meine Lieblingsjeans, mein bestes Hemd und Packungen von halbvollen Zigaretten aus der Ukraine, die ich billig von einem Polen aus der Nachbarschaft bezogen habe. Das alles lasse ich zurück und kehre nie mehr wieder

"Guten Morgen", dieser Satz ließ mich hochfahren, ich blickte unsicher hoch und sah ihre Lippen, diese roten Lippen, Mohnlippen habe ich sie in diesem Augenblick getauft, ich glaube es war dieser Augenblick. Sie stand da, mit dem Kaffee in der rechten Hand, und einem Puddingplunder in der Linken. Ich machte den Weg frei und sie setzte sich auf ihren Platz. Und schnaufte aus.
"Sie trinken nichts?", fragte ich, um wieder ihre Stimme hören zu können. "Nein, Kaffee- ich hasse Kaffee, noch nie habe ich ihn gemocht, wahrscheinlich lag es daran, dass mein Bruder und ich, früher als Kinder selber Kaffee herstellen wollten und uns Zutaten aussuchten, die dem kaffeebraun ähnelten, ich bin dann am Matsch aus dem Garten hängen geblieben. Das war wohl prägend", sie lachte laut aus und dabei entfuhr ihr eine Sekunde lang dieser Ton, spätestens in diesem Moment freute ich mich, ihr diese Frage gestellt zu haben.

Nach diesen Worten herrschte wieder Stille, ich trank meinen Kaffee aus und sie blickte nach draußen, ihr Gesicht verzog sich wieder zu einem Ausdruck von Schmerz, ich deutete die Spiegelungen im Fenster, die vorbeiziehende Landschaft errichtet diesem Gesicht einen grünen Hintergrund, und doch vermag dieser Hintergrund nicht, die schmerzvollen Blicke zu beschönigen.
So raste der EC in Richtung Verona Porta Nuova, und ihre Gesichtszüge
entgleisten immer mehr, ihr Blick wurde glasiger und ihre Lippen wurden gezwungen das Blut auszupressen. Weiße Striche, weiße harte Striche, kein Vergleich zu den Mohnlippen war zu erkennen, und doch war sie es- ich roch es.
Ich musste mich ablenken und so gab ich Bescheid, dass ich ins Café gehen würde um mir eine zu rauchen.
In diesem Augenblick wollte ich im Dunst versinken, wollte dass der Dunst meinen Kopf füllt. Ich wollte nicht an die Mohnlippen denken, nicht an ihre Stimme, auch nicht an Wilheminas Stimme und nicht an Wilheminas Blick. Der Zug füllte sich von Station zu Station, und so war im Café nur noch ein Stehtisch frei, ich stellte mich an ihn und kramte die Zigaretten heraus, steckte mir eine an und holte zu einem großen Zug aus. Meine Lungen sogen den Dunst auf, und beim Aufsaugen versuchte ich dieses Säuseln nachzumachen, das ich von ihr kannte, es gelang mir nicht annähernd so melodisch zu klingen wie sie- schon wieder dachte ich an sie und machte einen tieferen Zug, ohne zu wissen ob ich den vorigen wieder frei gab, oder nicht.
Mit diesem Zug verschwanden beide im blauen Dunst, die Mohnlippen und Wilhemina, sie verschwanden im blauen Dunst und in den Gesprächen der Menge. Der Zug hielt und setzte wieder zur Fahrt an, zügelte seine Geschwindigkeit, beschleunigte sie und die Aussenwelt zog in sattem Grün vorbei. Ich gab mich diesem Anblick hin, ich füllte mein Auge mit der absinthgrünen Lunge der Aussenwelt. In diesem Zustand vergingen unzählige Minuten und ich musste wieder zurückkehren, also kämpfte ich mich durch den Dunst, wollte wieder an den Mohnlippen hängen, wenigstens mit meinen Blicken. Ich verließ das Abteil und ging schnelleren Schrittes zu unseren Sitzplätzen.

Am Platz angekommen suchte ich nach den Mohnlippen, nach diesen schmerzverzerrten Blicken und Lippen und nach irgend einem Anzeichen sie sei nur kurz zur Toilette gegangen. Das Fehlen meines Handgepäckes zerstörte meine Illusion, oder das was sie noch werden sollten, es war weg, und sie war es auch. Ich blickte mich um, setzte mich und resignierte. Gerade als ich mich entschloss zum Schaffner zu gehen, bahnte sie sich ihren Weg vom Ende des Abteils, auf mich hin. Sie muss mir meinen erstaunten Blick angesehen haben, denn mit einem sanften Grinsen sagte sie: " Sie denken doch nicht, dass ich die Sachen hier mutterseelenallein liegen lasse?". Wir lachten und setzen uns wieder hin.

Der Zug hielt in Verona Porta Nuova, die Bremsen zischten beim entlocken und wir stiegen aus und suchten ein Hotel auf. Im Hotel angekommen, bezogen wir die letzten Zimmer, die noch frei waren, sie eines und ich eines. Die Möblierung war aus meiner Jugend, so sah sie aus, sie hatte ihren Charme und ich mochte es hier zu sein. Wir trafen uns in einem unserer Zimmer, welches es war weiß ich nicht mehr. Sie sah glücklich aus und sie war mehr als Hamburg-Harburg, mehr als das Weinen, mehr als Mohnlippen aus denen Blut gepresst wird, mehr als ihre Stimme, mehr als das Säuseln, sie war alles und allgegenwärtig sie war Veronas Himmel und ihre Straßen, ihre Fassaden und ihre Dächer. Erst jetzt nahm ich den Mut und fragte warum sie geweint habe, hätte ich einen Fehler begangen, wüsste ich Verona wäre die falsche Stadt für mich und ich würde weiterfahren, doch sie sprach...... Ihr Name war Adriana, genau wie ihre Großmutter, und sie habe geweint weil sie sterben würde.
Bronchialkarzinom, im Volksmund: Lungenkrebs. Sehr weit fortgeschritten, blieb trotz Vorsorgeuntersuchungen unentdeckt. Ein Arztbesuch der das Säuseln bestimmen sollte, Bronchoskopie und Diagnose.

Sie rannte aus der Arztpraxis, rannte und belastete ihre Lunge, als ob diese so früher nachgeben würde, leider ohne Erfolg. Sie rannte zum Bahnhof und stieg in den IC.

Vielen dank für`s lesen
T.B Sandmann

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wenn 2*3 10, und 4*8 48 ist, wie viel ist dann 3*7?

I3I_4CKNINJ4 - 35
Experte (offline)

Dabei seit 06.2005
1618 Beiträge

Geschrieben am: 02.12.2006 um 14:20 Uhr

Eine wunderschöne Kurzgeschichte... Der Schluss ist zum nachdenken, aber enttäuschend... Die Illusion und ein kleiner Teil Sehnsucht der während der Geschichte aufgebaut wird, wird letztendlich zerstört. Kurz vorm Schluss denkt man noch fast, adriana hätte es so "geplant", dies wird zwar widerlegt doch durch einen anderen Fakt erzielt es die gleiche Wirkung. Die Geschichte selbst ist ungemein gut. Der Leser wird zwischendrin ein paar mal verwirrt, doch letztendlich versteht man es... Zum Sprachstil muss ich mich fast verbeugen, ein Meister war hier am Werk ;), du baust eine unglaubliche Spannung auf, obowlh fast nichts geschieht... Wunderschön... hab leider zu wenig zeit für ein ausführlicheres kommentar...

Ich habe Angst vor dem Tod, doch wenn ich sterbe, dann freue ich mich darauf

TheSandmann - 36
Experte (offline)

Dabei seit 04.2006
1363 Beiträge

Geschrieben am: 07.12.2006 um 23:51 Uhr
Zuletzt editiert am: 07.12.2006 um 23:52 Uhr

außführlich genug, vielen dank.


wenn 2*3 10, und 4*8 48 ist, wie viel ist dann 3*7?

lizzzie
Halbprofi (offline)

Dabei seit 12.2005
101 Beiträge
Geschrieben am: 08.12.2006 um 00:56 Uhr

Ob Buch oder Story--mir ist's schon oft passiert ,dass nach einer vielversprechenden Überschrift ,bzw.empfohlenem Buch ,nach kurzer Zeit der Gedanke ,kam soll ich aufhören, oder guckste mal ob noch was passiert. Bei Deinem Werk bleibt die Spannung bis zum Ende....ganz prima.

rasenmaeher - 34
Halbprofi (offline)

Dabei seit 12.2004
208 Beiträge

Geschrieben am: 09.12.2006 um 21:22 Uhr

wunderschön! trotz traurigem ende. sprachlich auch wundervoll geschrieben! meinen größten respekt! die geschichte find ich klasse! eigentlich sehr einfach, aber du hast wirklich was daraus gemacht! gefällt mir sehr sehr gut!
TheSandmann - 36
Experte (offline)

Dabei seit 04.2006
1363 Beiträge

Geschrieben am: 10.12.2006 um 14:23 Uhr
Zuletzt editiert am: 10.12.2006 um 14:23 Uhr

das freut mich zu hören, vielen dank 8-)

wenn 2*3 10, und 4*8 48 ist, wie viel ist dann 3*7?

Hasi245 - 34
Fortgeschrittener (offline)

Dabei seit 10.2005
33 Beiträge

Geschrieben am: 10.12.2006 um 15:38 Uhr

Zitat von rasenmaeher:

wunderschön! trotz traurigem ende. sprachlich auch wundervoll geschrieben! meinen größten respekt! die geschichte find ich klasse! eigentlich sehr einfach, aber du hast wirklich was daraus gemacht! gefällt mir sehr sehr gut!

ich muss zustimmen :daumenhoch:
echt toll....

Die Stärke der Männer, ist die Geduld der Frauen :P ..

Haui89 - 36
Fortgeschrittener (offline)

Dabei seit 02.2006
70 Beiträge

Geschrieben am: 10.12.2006 um 21:42 Uhr

Super Werk muss man sagen
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