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Forum / Poesie und Lyrik
Prolog; Silvesternacht

I3I_4CKNINJ4 - 35
Experte
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Dabei seit 06.2005
1618
Beiträge
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Geschrieben am: 07.06.2013 um 13:13 Uhr
Zuletzt editiert am: 07.06.2013 um 13:24 Uhr
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Die Nacht des ersten Januar 2012, Wildspitze, 3772 Meter über Meereshöhe, ein Uhr siebenundzwanzig, achtunddreißig Grad unter Null, Schneegestöber:
Für euch sind diese flatternden Nachtsichttiere meist als Weise angesehen. Ob das diese Eule auch war, sei euch überlassen.
Sie hatte ihre Klauen in das Holz des Gipfelkreuzes gebohrt, das gerade einen halben Meter aus dem Schneefirn herausragte.
Ihr gegenüber war Weißmähne, bereits tief in einer Schneekuhle versunken, die seine pure Energie hineingeschmolzen hatte.
Trotz der vielen Flocken und der doch recht großen Entfernung zu den nächsten Dörfern, war die Nacht in der letzten Stunde immer wieder durch großspurige Lichtkugeln erhellt worden.
"Hier in den hohen Ropan'schen Bergen scheint das Lichtkugeln schießen gar nicht so wichtig zu sein. Es klingt jetzt schon ab.", sagte Weißmähne staunend.
Jaspispfeil starrte miesepetrig in einen letzten, dunkelrot leuchtenden Feuerkreis: "Aber was feiern sie denn eigentlich? Dass sie ihr dahinvegetieren innerhalb von Maschinen und mit Maschinen noch immer als Leben bezeichnen können? Sozusagen jede Rakete ist eine Nachricht an das Universum: 'Ha, ich lebe noch'?"
"Vielleicht wollen sie sich auch ihre noch immer beständige Kreativität bezeugen? Jedes Leuchten hat doch eine gewisse Liebe, eine gewisse Faszination."
"Du bist hoffnungslos, Weißer. Du würdest die Menschen selbst dann noch lieben, wenn sie jedes Kätzchen in Gläser quetschen..."
Plötzlich sprang Weißmähne auf die Pfoten, beide Ohrschlappen schnellten in die Höhe: "Still! Dort unten zapft einer schwache Energiequellen an, um die Muskulaturfunktionen, trotz alkoholosierter Bewusstlosigkeit aufrecht zu erhalten."
Sofort klang Jaspispfeils Stimme freundlicher: "Du bist ein echt schneller Sensor. Gut, lass uns..."
Aber Weißmähne war bereits in der Luft. Er packte sich die Eule sanft in die linke Pranke und beide versanken in dem schmalen Weltenriss.
Arzl im Pitztal, Jerzener Straße, kurz vor Ortsausgang, 882 Meter über Meereshöhe, ein Uhr sechsunddreißig, sechs Grad unter Null:
Jonathan war am Ende. Am Ende jeglicher Kräfte und jeglicher Konzentration. Er hatte noch nie erlebt, dass Alkohol jegliche Funktionen seines Körpers ausschaltete.
Es war kalt. Seine Augenlider standen auf Halbmast. Aber irgendwie musste er Benny in die Hütte schaffen.
Benny war ausgeknockt. Benny wog etwa fünfundzwanzig Kilo weniger als Jonathan und hatte sicherlich gleich viele Schnäpse getrunken.
Dieser Typ da unten an der Garage war aber auch witzig gewesen. Und dazu noch diese tolle, laute Musik. Da waren es doch glatt dreizehn oder vierzehn...
"Aaaaaaaaaaaaaaahh", schrie Benny im Delirium. Jonathan hatte eine Hand geöffnet, sodass Benny mit der linken Schulter in einen halb vereisten Schneehaufen gekracht war.
Jonathan war stehend bewusstlos geworden. Aber irgendetwas in seinem Unterbewussten und seinem vegetativen System wehrte sich noch. Es funktionierten noch drei Befehle:
'Du darfst nicht liegen, da der Boden zu kalt ist. Du musst in die Hütte zurück. Du musst Benny dorthin mitnehmen.'
Die Hütte war nur zweihundert Meter entfernt. Eine Rechtskurve, dann wieder eine Linkskurve, bei einer durchschnittlichen Steigung von zehn Pronzent. Die Hütte: Das Selber Haus des Deutschen Alpenvereins.
Ein Lichtblick: Die Geschwister Manu und Miri kamen noch die Straße herauf.
Miri kicherte: "Hihihi. Der Joni und der Benny haben zuviel Al-o-hol."
Dann lief sie einfach an ihnen vorbei.
Der etwas korpulente Manu hingegen verstand die Situation sofort. Er sah, wie in Jonathans Augen nur das Weiße zu sehen war. Und er sah, wie Benny fast reglos seinen Hinterkopf im Schnee suhlte.
Er legte beide Arme unter Benny und versuchte ihn anzuheben. Fünfundfünfzig Kilo bewusstloses Menschenfleisch sind aber immer schwerer als ein ebenso schwerer Sack Reis. Und auch Manu musste feststellen, dass der Alkohol seine Muskulatur deutlich schwächte.
Jonathan, dessen rechte Hand noch immer Bennys' Fürtel umfasste, packte fester zu. Sein Körper schrie vor Erschöpfung.
Auf einem Baum in der Nähe:
Der Weiße staunte wieder mal: "Wahnsinn, dass er noch immer stehen kann. Er gibt nicht auf."
Jaspis knuffte ihn mit einem Flügel in die Seite:
"Hey, du Idiot. Er hat einen Kanal angezapft, klar, dass er das noch kann. Und nun komm schon. Wenn du diese beiden Menschen vor dem Erfrieren retten willst, dann mach die Verbindung zum Kanal stärker."
"Du weißt, dass wir das nicht dürfen. Und ausserdem ist er nicht ganz bei Bewusstsein. Ohne die normalen Gesellschaftsauferlegten Barrieren könnte er die Kontrolle über den Wirt des Kanals bekommen und ihn über einen infernalen Riss..."
"...in unsere Welt ziehen. Jaja, schon klar. Kümmer' dich nicht darum. Es ist ein Menschenleben."
"Warte.", meinte der Weiße.
Unten auf der Straße hatte es Manu aufgegeben. Er verstand, dass er nur noch sein eigenes Gewicht tragen konnte. Er ließ Benny liegen und rannte, so schnell er konnte zur Hütte hinauf.
Er polterte die Treppen herauf, riss alle anderen aus dem Schlaf. Die reagierten aber nicht auf seine Hilferufe.
Erst unten, bei Maki und Steffi wurde er fündig.
Sobald Maki, der eigentlich bereits eingeschlafen war, das Worte "Hilfe" wahrnahm, sprang er auf. Innerhalb von sieben Sekunden hatte er ein Shirt und Hose an und war bereits Barfuß auf den Straßen.
Zusammen mit Manu rannte er zu der Stelle.
Die Eule und der weiße Tiger beobachteten die Beiden. Für sie war alles, was sie sahen in verschiedenen Grautönen. Nur von Jonathan unten am Unfallort ging eine dünne, orangefarbene Linie aus.
Was sie nun aber bei Maki sahen, ließ sie verstummen.
Jaspis ergriff als Erster wieder das Wort: "Das ist kein Kanal, oder?"
Weißmähne blieb stumm. Er wusste nicht, was er antworten sollte. Auch er hatte das noch nie gesehen. Nur einmal hatte Silberfang ihm versucht zu beschreiben, wie es aussah, wenn...
Maki leuchtete purpur. Als er Benny aus dem Schnee hob, vergrößerte die energetische Flamme noch einmal auf die doppelte Größe. Er nahm Jonathan an der linken, Manu an der rechten Hand und mit gewaltiger Kraft zog er alle drei innerhalb einer halben Minute bis zur Hütte hinauf.
Dort verebbte die Flamme. Erschöpft erklärte er Manu, er solle sich um einen Krankenwagen wegen Benny kümmern. Er sei noch bei verstand, also müsse er es schaffen.
Dann legte er sich ins Bett und war sofort eingeschlafen.
"Wieviel war das?"
"Ich weiß es nicht. Ich habe gelernt Silberfangs' stärksten Energieschub zu messen. Das sind etwa 20 Flux. Der Junge hat mit dem Tragen und ziehen der drei anderen etwa 15 gebraucht. Wieviel pure Energie er aber allein durch die Hitze, die er ausgestrahlt hat, unkontrolliert verschwendet hat, kann ich dir beim besten Willen nicht sagen."
"Das bedeutet, er hat das, was er da gerade gemacht hat, nicht einmal gelernt?"
"Ja."
"Das heißt wir haben Arbeit. Und zwar schnell.", sagte Jaspis.
Weißmähne nickte. Er hatte bereits eine Verbindung aufgebaut.
"Feder, Fünfpfote, und an alle anderen aus dem Team Tirol. Ich brauche sofort Turmadler oder irgendeinen anderen Sender mit hoher Reichweite. Wir brauchen etwa zweihundert Leute, oder noch mehr, um eine Barriere mit einer 1000er-Stärke aufzubauen."
"Was ist denn passiert?", fragte eine sanfte Stimme.
"...Was, wieso? So mitten in der Nacht...", antwortete eine schläfrige Stimme.
"Ich kanns mir schon denken. Turmadler müsste sich gleich melden.", verkündete Schneeball erfreut.
"Hier Meistersender. Der beste auf dem ganzen Ropanschen Mittelland. Der mit den schönsten..."
"Halt die Klappe Spitzschnabliger. Hier Team Wildspitze.
Wir haben ihn gefunden. Und er ist viel stärker, als alles zuvor."
Und mit der letzten Silvesterrakete verstummte das Jubeln in der Verbindung. Ein Grollen war zu vernehmen, als Aberdutzende Weltenrisse geöffnet wurden.
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C / Ninja,
Juni 2013
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Hatte mal wieder Lust meine erfundenen Erinnerungen aufzuarbeiten. Unverbessert, einfach hinuntergetippt. So aus einer Laune heraus. (Das Skript dahinter ist mehr oder minder schwerdurchdacht)
Ich habe Angst vor dem Tod, doch wenn ich sterbe, dann freue ich mich darauf
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Alexx91 - 33
Champion
(offline)
Dabei seit 04.2007
13611
Beiträge
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Geschrieben am: 07.06.2013 um 15:37 Uhr
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Gefällt mir sehr, ich würde auch gerne weiterlesen, wie die Geschichte weitergeht.
Von den fantastischen Inhalten (Auren, Tiere, die keine zu sein scheinen) erinnert mich dieser Prolog an Lukianenkos Wächter, wobei sich der Schreibstil komplett unterscheidet und ich gerade unsicher bin, welcher der beiden Stile mir besser gefallen sollte. Tatsache ist, dass du die Fähigkeit hast, besonders schöne Worte in deinen Geschichten zu verwenden, ohne dass diese zu gestelzt und unnatürlich wirken.
This is how an angel dies, blame it on my own sick pride.
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Morrigane
Profi
(offline)
Dabei seit 07.2006
955
Beiträge
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Geschrieben am: 08.06.2013 um 14:28 Uhr
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Hey Ninja,
schön doch wieder von dir zu lesen! Hab mich gestern Abend gleich hingesetzt und mir das komplette Stück reingezogen.
Wie mein Vorredner bin ich jedesmal begeistert von deiner sprachlichen Präzision, du erzählst klar, kein Wort zu viel oder zuwenig. Inhaltlich aber finde ich, könntest du deutlicher werden, das wirkt ein bisschen verwaschen. Ich würde mir mehr Anspielungen wünschen, wie das ganze zusammenhängt, woher diese Energiequellen kommen, wozu sie da sind, was bei einem Weltenriss passiert...
Entweder weniger Anspielungen und dann eine Fortsetzung oder mehr und das ganze als Kurzgeschichte belassen, wäre mein Vorschlag. Da wir nicht drüben bei den Dsfolern sind, verspüre ich keinen Drang, alles auseinander zu analysieren, sondern belass es mal bei diesem Hinweis. Deine Grundidee, dein Weltentwurf, ist toll. Das lässt sich wunderbar ausbauen, bei entsprechndem Plotausbau bis zur Romangröße.
Alles Liebe!
morrigane
Lecker Senf für alle!
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