Heimatlos - 31
Anfänger
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Geschrieben am: 09.05.2012 um 21:27 Uhr
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Aufstehen.
Tick. Tack. Tick. Tack.
Das Klicken der Uhr, dass mir der Atem wegbleibt.
Kalter Schweiß tropft mir von der Stirn.
Tick-Tack-Tick-Tack.
Das war schlimmer als in einem Horrorfilm.
Ich will nur noch Schlaf. Ich will nur noch weg.
Gehen. Davongehen. Wann ist es endlich soweit ?
So lang her und immer noch so da, als ob es gestern gewesen war.
Plitsch-Platsch-Plitsch-Platsch.
Das Tropfen vom Wasserhahn, nur noch laut und unerträglich.
Jedes Geräusch ist hier zu viel.
Jedes Gott verdammte normale Geräusch ist mir zu viel. Zu ungewöhnlich.
Wir waren doch Stolz. So Stolz.
Plitsch-Platsch-Plitsch-Platsch.
Vorbei. Es ist doch schon vorbei.
Keiner denkt mehr daran, als wäre es nie geschehen.
Aber es ist gewesen, geschehen, passiert.
Ich war ja dabei. Und ja. Wir waren Stolz. So Stolz.
Alles was ich will, ist das endlich endet.
Nicht hier und jetzt, da ist vorbei.
Aber im meinen Kopf geht es immer wieder von neuen los.
Es ist nicht vorbei.
Nicht für mich, es geht immer weiter.
Immer wieder. Wie die Uhr ihre Kreise dreht. Stetig ohne Pause.
Tick-Tack-Tick-Tack.
Die Bilder in der Erinnerung. Gestochen scharf.
Ihr lasst ihn einfach reden. Den Alten Mann.
Senil ist er geworden. Glaubt er sei Vierzehn und brüllt nachts im Traum. Manchmal, da weint er und winselt nur einen Namen vor sich hin „Dietrich. Nein, nicht du. Ich brauch dich doch. Nein. Nein. Nein. Dietrich. Dietrich.“
Wach ist er der alte Mann. Wach und redet Schwachsinnig daher.
„Adolf, ja das war einer. Der konnte reden. Der machte uns glücklich. Mich, dich, einfach jeden. Ja, Adolf. Adolf, ja dieser Adolf.“
Kinder.
Wir waren doch noch Kinder. Stolze Kinder.
Bereit zu tun was man gesagt hatte.
Gerade stark genug.
Mit einer weißen Weste die am Ende befleckt seinen sollte.
Kinder. Wir waren doch noch Kinder.
Mit 14. Das waren wir.
Stolze Kinder.
Die 3. hat er schon. Der alte Veteran.
Keine Frau. Keine Kinder.
Zurückgezogen. Einsam und Verlassen.
Die Uhr tickt.
Tick-Tack-Tick-Tack.
Wann ist es vorbei?
Kann die Schreie nicht mehr ertragen. Die Kugeln verfehlen mich.
Treffen andere.
Todesschreie.
Weinen von anderen Kindern.
Wir waren doch Kinder.
Grade stark genug, um die Waffe zu halten.
Die weiße Weste verflogen befleckt mit dem Blut, von mir, von dir, von dem anderem gegenüber. Wo ist der Stolz ?
Wir waren doch Stolz?
Wo ist er geblieben ?
Und wann ist es Vorbei?
Wann ? Wann ? Wann ?
Rechte.
Es gab keine Rechte.
Es gab nichts. Nichts, was uns hätte helfen können. Niemand, der hätte beistehen, nicht einmal die Schwester, als wir im Krankenbett lagen.
Rechte. Rechte.
Es gab keine Rechte außer, Kugeln, Geschrei und Geflenne.
Leben und Tod. Lagen hier so nah beieinander, so unfassbar. So unnatürlich.
Alt ist er geworden zu Pflegefall. Murmelt leise vor sich hin.
„Hitler. Adolf Hitler. Der war einer. Hat alles zerstört. Mich, dich, einfach jeden. Hitler, Adolf Hitler. Wir wollten dich nicht. Aber wir waren doch so voller Hoffnung.
Nur ohne -
Trost. Trost.
Wo blieb er? Verflogen mit dem Stolz? Ungeboren in der Hölle? Sollten wir doch schmoren in der Hölle? Hitler war es doch egal, was mit uns geschah. Hat er sich doch selbst das Leben genommen, statt sich zu stellen, der Feigling.
Denn wir waren doch Kinder. Einfache Kinder.
Verloren in der Zeit, wie die Uhr die stetig ihre Kreise zieht.
Tick. Tack. Tick. Tack.
Kinder. Wir waren doch einfach nur Kinder.
© MSV.
10-04-2012
Fight against Homophobia || A wise man just live as long as he have to live...
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