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Forum / Poesie und Lyrik

Wölfchen

Morrigane
Profi (offline)

Dabei seit 07.2006
955 Beiträge

Geschrieben am: 19.03.2012 um 13:40 Uhr

Sie sieht ihn an, sagt ihre zwei Abschiedsworte, "Bis später" und öffnet währenddessen die Tür. Aber der Blick reißt nicht ab währendessen. Sie sehen sich an, als gäbe es noch etwas zu sagen, für das es noch keine Worte auf der Welt gibt, dann lächelt er etwas verlegen und sie schließt beinahe erschrocken darüber die Türe hinter sich und geht den Gang abwärts.

Es ist diese Erinnerung, die sie ganz plötzlich überkommt, während dieses eigentümlichen Halbschlafes.
Und weil die Erinnerung so wenig greifbar, so verloren im Dunkel wirkt, flüstert sie den Namen, der zu dieser Erinnerung gehört. Etwas regt sich neben ihr, etwas, das sie erschreckt. Aber ein Mann ist ein Mann, sagt sie leise, ein Mann schläft, wenn er schläft, er wacht nicht auf. Ein Mann ist keine Katze, sagt sie, eine Katze schläft im Lärm und wacht in der Stille auf, in der die Mäuse rascheln. Ein Mann ist ein Mann.
Aber das "s" ist der lauteste Buchstabe im Alphabet, wenn man flüstert. Und ein geflüstertes "s" kann einen Toten wecken, und selbst einen schlafenden Liebsten. Es huscht durch das ganze Haus und auf einmal wird es unruhig in den Fluren, Türen öffnen sich und Stimmen fragen sich, woher dieser fremde Name kam, der davor noch auf niemandes Zunge lag und warum es auf einmal im ganzen Haus nach Moos riecht und nach verwitterten Blättern. Und sie liegt still und steif, lauscht auf den Atem neben ihr und blickt auf die Augen, die sich kurz öffnen ohne zu sehen und sich dann wieder schließen, als hätte die Nacht eine unendliche Schwere. Und es wird wieder still.

Etwas regt sich neben ihr. Sie liegen auf einer Wiese. "Einen ganzen Frühling muss ich essen, bevor ich wieder von hier fort gehe.", sagte sie zu ihm: "Denn dort, wo ich jetzt wohne, schmeckt der Frühling nach Abgas und Bauschaum, aber hier kann ich vielleicht satt werden, selbst wenn es nur wenige Tage sind, selbst wenn es nur die Momente mit dir sind, aus denen dieser Frühling besteht." Und dann versuchen sie wieder diese Worte zu erfinden, die es noch nicht gibt und die diese leeren Moment beim Abschied füllen sollen. "Vielleicht liegt es in der Musik.", sagt sie und sie versuchen sich an alle Lieder zu erinnern, die sie kennen. Es liegt etwas Geheimnisvolles um Menschen, die Musik machen. Und die Gründe, weswegen sie es tun.

"Ich vergesse dich nicht, Wölfchen, in den steinernen Städten.", sagt sie. Er hat gar kein "s" in seinem Namen, denkt sie. Ich bilde mir das nur ein, wenn ich im Schlaf spreche. Sie weiß, dass in dieser Nacht Moos zwischen ihren Zehen wächst und ihre Zähne spitzer werden.

Lecker Senf für alle!

greenfire - 31
Halbprofi (offline)

Dabei seit 11.2008
238 Beiträge

Geschrieben am: 19.03.2012 um 22:15 Uhr

wow. irgendwie ist dein Text durcheinander und beruhigend zugleich.
Ich finde, gerade das Ende ist dir sehr gleungen. Der teil zwischen dem frühling fressen und dem Schluss.
Du sprichst sehr viele Themen an, keines davon erklärst du genau, was zum Nachdenken anregt. Ich mag den Tesxt sehr.
Mach weiter so!

(ich schreib selber grad an einem Roman, und weiiß, wie schwer es ist, in einer Stimmung zu sein, in der man solche dinge schreiben kann. Vielen Dank, dass du deine Geschichte hier hineingestellt hast. si gefällt mir wirklich sehr.)

es ist wieder Zeit
für Träume und Visionen
die dein Text berührt

(kleines Dankeschön-Haiku XD

that's what I said ;)

Morrigane
Profi (offline)

Dabei seit 07.2006
955 Beiträge

Geschrieben am: 22.03.2012 um 10:42 Uhr

Vielen Dank für die schöne Antwort und vor allem für dein Haiku! :)

Lecker Senf für alle!

Planktonn - 39
Fortgeschrittener (offline)

Dabei seit 05.2004
66 Beiträge

Geschrieben am: 02.04.2012 um 10:51 Uhr
Zuletzt editiert am: 02.04.2012 um 20:52 Uhr

Ja, wenn Wesensäste sich verbiegen..

Menschen ratlos bei sich liegen.

Spektren sich im Kopf verschieben.

Systeme sich nun still bekriegen.

Das Mensch sein ist Konflikt und Siegen.

Jeder Krieg verlangt nach Sieg.

Hat man jemals etwas lieb,

beginnt fortan der neue Krieg.

Zweifel und Benommenheit bist

du schließlich bist befreit.

Denkst du aber in der Nacht

beginnt sofort erneut die Schlacht.

Sei stets bedacht, Gedanke ist Schlacht.


Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen, sondern die Vorstellungen von den Dingen - Epiktet

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