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Forum / Poesie und Lyrik

Wegschriften Nr. 7

ParraPinto - 32
Profi (offline)

Dabei seit 01.2006
997 Beiträge

Geschrieben am: 15.01.2012 um 23:46 Uhr
Zuletzt editiert am: 15.01.2012 um 23:47 Uhr

A: "Ich hab Norden schon immer mit der Farbe blau verbunden. Weißt du noch, als wir, verrückt wie wir waren, ins Blaue liefen?"
Der Kleine: "Du meinst da nach Norden?"
A: "Ja genau. Ich hatte dieses Kribbeln in meinen Adern, als würde mein Blut erst seit diesem Zeitpunkt durch meinen Körper gepumpt werden."
Der Kleine: " Stimmt doch auch größtenteils. Nachdem uns die Gesellschaft unsren Kreislauf die ganze Zeit abschnürte. Da ist mir Norden schon lieber."
A: "Du meinst blau?"
Der Kleine: "Ja genau. Erst hatte ich Zweifel ob du das Ganze auch wirklich ernst meinst, nachdem wir unsre letzte Reise schon vorzeitig abbrechen mussten wegen Übermüdung. Aber nachdem wir unser Geld verbrannt haben scheint es dir wirklich wichtig zu sein."
A: "Uns bleibt doch auch nichts anderes übrig. Wenn allein die Eindrücke auf dieser Reise kostenlos sind, dann kann ich mir nicht vorstellen, noch etwas wertvolleres zu besitzen."
Der Kleine: "Du solltest aufhören das Leben als eine Reise zu betrachten."
A: "Wieso?"
Der Kleine: "Immer wenn du sowas sagst merk ich, wie ich meine Zeit bis jetzt vergeudet habe. Alle sind sie schon groß geworden und haben Pläne und ich reise hier mit dir ins Blaue."
A: "Das braucht dich nicht weiter zu stören. Es muss doch irgendwie vorwärts gehen. Die Anderen röcheln, gehen nutzlos mit ihrer Zeit um und versuchen sich in den unbequemen Anzug zu quetschen, den die Gesellschaft für sie bereit hält. Wir dagegen können tun und lassen was wir wollen."
Der Kleine: "Das ist ja alles schön und gut. Das Reisen mit dir macht ja auch wirklich Spaß, aber warum unbedingt ins Blaue?"
A: "Ob ich mich auf sowas wie ein Ziel verlassen kann, weiß ich nicht. Lieber bin ich hier. Einfach nur da."
Der Kleine: "Das hast du aber beim letzten mal auch schon gesagt. Und wenn ich dich dran erinnern darf, du warst wirklich fertig mit der Welt so wie du aussahst. Und ich ja auch."
A: "Klar, da haben wir uns auch Ziele gesetzt. Außerdem sind wir Richtung Bodensee gelaufen. Das war Süden."
Der Kleine: "Der war nicht witzig, du überlädst heut noch unsre kleine Wortasoziation."
A: "Wär nicht das Einzige was heut überladen ist."
Der Kleine: "Ich hab dich gefragt, ob du wirklich wieder das Zelt mittragen willst."
A: "Schon gut. Vielleicht haben wir auch vorhin einfach zu viele Äpfel geklaut."
Der Kleine: "Die haben doch eh noch genügend Äpfel in ihrem Garten gehabt. Bevor das Rentnerehepaar sich da abmüht und noch mehr Äpfel ernten muss, nehmen wir sie uns lieber."
A: "Mir schiehnen die anderer Meinung."
Der Kleine: "Meinst du, die zwei hatten Ziele in ihrem Leben?"
A:" Bestimmt. Während ihrer Lebzeiten geistig so zu verarmen, dass sie nach achtzig Jahren Gesellschaftszwang nichts besseres mehr zu tun haben, als auf ihr Eigentum aufzupassen."
Der Kleine: "Scheint ja gut geklappt zu haben."

Januar 12



Freiheit

gibbs59 - 66
Experte (offline)

Dabei seit 04.2010
1864 Beiträge
Geschrieben am: 16.01.2012 um 07:12 Uhr

Hmmmmm, sehr interessant !

Quad

I3I_4CKNINJ4 - 35
Experte (offline)

Dabei seit 06.2005
1618 Beiträge

Geschrieben am: 16.01.2012 um 23:55 Uhr

Wieso sind wir so unermeßlich süchtig nach Neuem? Wieso reicht uns nicht diese eine Wohltat, diese eine Anhäufung von Worten hier, es sollte doch ausreichen, um für ewig Honig beim Atmen zu schmecken. Wieso brauchen wir immer noch neue Geschichten, gibt es kein Ende für diesen Hunger?
Wir sind doch wirklich erbärmlich, wir, die lesen. Wir lassen uns lieber von fremden Gedanken belümmeln als selber zu leben, ja, so ist es.
Blaue Freiheit, weicher Atem. Zwei Menschen sind ausgerissen, ausgestiegen und sitzen versteckt, wartend auf das Aufhören ihres Bammels vor den sich selbst geistig aufgefressenen Menschen, weil sie ihre Äpfel geklaut haben. Sie haben nur ihre Liebe, sie haben nur ihren Atem und ihre Augen. Sie zehren nicht von den Gedanken anderer Menschen, nein, sie zehren höchstens von der Natur. Und die Natur schenkt Liebe immer, weil sie barmherzig ist. Menschen schenken ihre Gedanken nicht. Sie wollen etwas dafür. Und wenn es nur Liebe ist.
Auf Wandertour, sie suchen ihresgleichen und wälzen sich in ihrer Arroganz. Schön. Der Kleine ist der Schüler, der noch nicht ganz verstanden hat, wieso man sich aus der Nussschale schälen muss. Der andere hat bereits erfahren, was Freiheit ist und hat sich ihr verschrieben.

Ich habe Angst vor dem Tod, doch wenn ich sterbe, dann freue ich mich darauf

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