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Forum / Poesie und Lyrik

Verdammte Fremde (Kurzgeschichte)

bredator - 41
Champion (offline)

Dabei seit 03.2008
5319 Beiträge

Geschrieben am: 24.06.2011 um 23:56 Uhr
Zuletzt editiert am: 25.06.2011 um 00:29 Uhr

Wieder ein Planet, der an ihm vorbeirauschte. Er hasste Flüge in Planetensystemen. Zum einen, weil sie absolut langweilig waren, sah man von gelegentlich vorbeirauschenden Planeten ab, zum anderen aber, weil sie viel zu lange dauerten, weil innerhalb von Planetensystemen die großen Triebwerke nicht erlaubt waren. Wie die Teile für den überlichtschnellen Flug funktionierten, wollte man ihm nicht sagen. „Sie würden das sowieso nicht verstehen!“ lautete die lapidare Antwort von einem dieser schnöseligen Wissenschaftler, die das Ding erfunden und gebaut hatten. Egal, dachte er sich. Ich muss es nicht verstehen um es zu benutzen. Wäre dem so, würden 99% seines Volkes auf blankem Stein sitzen und sich ausschließlich ernähren und fortpflanzen. Genaugenommen taten die meisten auch so nichts anderes, nur dass sie dazu nicht auf blankem Stein, sondern auf ultrabequemen Sitzgelegenheiten saßen.

Er mochte es einfach nicht, wenn er mit so einer Geschwindigkeit durch Planetensysteme dümpeln musste, nur um mal wieder einen seiner Aufträge zu erfüllen. Der 3. Planet dieses Systems war sein Ziel um, mal wieder, einige Lebewesen von dort zu untersuchen. Nun war das Reisen dorthin eine Sache, aber die Untersuchungen eine ganz andere. Zwar waren die zu untersuchenden im Tiefschlaf und zudem auch noch sediert, allerdings vertrugen die meisten dieses Sedativum von einer anderen Welt nicht besonders gut. Es gab immer wieder furchtbare Unglücke, bei denen die Subjekte dafür sorgten, dass das Raumschiff nicht mehr benutzt werden konnte. Zudem verströmten nicht wenige dieser fremden Wesen einen üblen Geruch. Nicht wenige Male hatte er schon sein Schiff irgendwo abstellen und sich ein Taxi nehmen müssen, weil er den Geruch nicht mehr ausgehalten hatte. Glücklicherweise dauerte es nicht sehr lange, bis sich das von allein erledigt hatte, wenn man das Schiff etwas mit offenen Fenstern mitten im Raum stehen ließ.

Noch ein Planet rauschte an ihm vorbei, einer mit rötlicher Färbung. Nicht gerade eine Seltenheit, aber immerhin etwas Ablenkung vom sonst relativ leeren und ereignislosen Raum. Vor allem die eisbedeckten Polkappen sah man nicht immer. Jedoch war der Planet innerhalb weniger Augenblicke vorbeigezogen, so dass für das Bewundern der Polkappen kaum genug Zeit blieb. Etwas Gutes hatte es ja, hier angelangt zu sein… es würde nun nicht mehr lange dauern, bis er bei dem blauen Planeten angelangt war und seine Fracht an Bord nehmen konnte. Dazu würde er sich noch ein paar dieser Zettel besorgen, welche die Geschehnisse der Welt festhielten. Die überaus primitive Sprache, in der diese Geschehnisse verfasst waren, hatte der Bordcomputer vor einigen Jahren mal eben im Leerlauf entschlüsselt, als er nach etwas Zerstreuung während der Untersuchungen gesucht hatte.

Tatsächlich war in diesen Zetteln immer wieder zu lesen, dass die Planetenbewohner angeblich von Lebewesen anderer Planeten entführt und untersucht worden waren. Außerdem seien ständig und immer wieder unbekannte Flugobjekte an ihrem Himmel gesichtet worden, die offensichtlich die Transportmöglichkeiten dieser Aliens darstellen sollten. So ein Unsinn. Glaubten diese, offenbar nicht sonderlich intelligenten, Lebewesen tatsächlich, dass andere Völker, wie seines, so gigantische Strecken bis zu diesem Planeten zurücklegten und sich dann, wie durch Zufall, entdecken ließen? Sein Volk besaß Tarnmöglichkeiten mit denen man am helllichten Tage jemand anderem willkürlich ein Stück Holz ins Gesicht hauen könnte und derjenige würde es nicht bemerken. Oder zumindest würde er das Stück Holz bemerken und sich kurz danach darüber ärgern, dass sich dieses mit unerfreulich hoher Geschwindigkeit mehrfach in sein Gesicht bewegt hatte und es dafür verfluchen. Überdies war sein Volk zwar nicht übermäßig künstlerisch begabt, aber die lächerlichen Fälschungen von Filmaufnahmen, beleidigten doch irgendwie. Offenbar war man auch der Meinung, dass Außerirdische niemals einen gewissen Sinn für Ästhetik haben könnten. Die Lebewesen dieses blauen Planeten waren schon sehr merkwürdig. Als sein Volk den Planeten früher noch ausschließlich beobachtete hatte man festgestellt, dass die Bewohner des Planeten sich zum Teil eifrig an bestimmte Bücher und Schriften klammerten. In diesen wurden allerhand abenteuerliche Märchen erzählt, manche mehr, manche weniger gut. Aber was keiner verstand – die Bewohner brachten sich aufgrund der Tatsache, dass den einen das Buch der anderen nicht gefiel, einfach um. Nun hatte er selbst auch schon Literaturkritiker seines eigenen Volkes live beim gegenseitigen Kritisieren gesehen, allerdings hörte man bei ihnen auf, sobald jemand am Boden lag und erstes Blut floss. Auf diesem Planeten aber offenbar nicht. Er hatte alle dieser Bücher schon gelesen und musste feststellen, dass sich diese, bis auf wenige unwichtige Punkte, nicht sonderlich unterschieden. Märchen auf die eine oder andere Art erzählt, aber doch Märchen. Seltsam, dass man sich dafür tötete. Vor allem deshalb, weil sein Volk doch schon längst bewiesen hatte, dass es Gott zwar gab, aber dieser sich längst im Schaffensprozess weiterer Universen befand und ihm das hiesige daher ziemlich gleichgültig war. Warum sollte er sich besonders um dieses Universum und seine Bewohner scheren, wenn zeitgleich noch Milliarden andere ebenfalls vorhanden waren? Nicht mal Gott hatte so viel Zeit, sich ausreichend darum zu kümmern, zumal auch er sich abends gerne auf die Couch setzte und einfach nur ein bisschen Ruhe haben wollte.

Heutzutage übernahmen die Bewohner dieses Planeten die Überwachung seiner Bewohner selbst. Sein eigenes Volk musste nur noch die lachhaft codierten Signale abfangen und hatte dadurch natürlich Zeit für die wirklich wichtigen Sachen, wie herumsitzen und sich fortzupflanzen. Auch die Sportart Gleeb war eines dieser wirklich wichtigen Dinge, aber sein letztes gesehenes Spiel lag inzwischen schon sehr lange zurück und bei diesem letzten Spiel waren die Gnarfs des Spielfelds so weit in Paraqav versunken, dass sich das Anschauen nicht wirklich gelohnt hatte. Lediglich die 9. Spielhälfte konnte die Stimmung zum Abschluss noch etwas lockern, auch weil sich die Spieler doch noch mit den Gnarfs die Acaven einschlagen konnten.

Er drosselte die Geschwindigkeit, da die Bordanzeige verlauten ließ, dass er sich nicht mehr sehr weit vom dritten Planeten weg befand. Es wurde also Zeit, langsam schon einmal die Geräte vorzubereiten, damit die Untersuchungen schnell abgeschlossen waren und er wieder nach Hause gehen konnte. Von seinem letzten Besuch hier hatte er noch einige sehr interessante Datenpakete zu Hause, die er sich anschauen wollte. Vor allem diejenigen in denen ein Bewohner des dritten Planeten mit Trenchcoat und Tabakstange verbrecherische Artgenossen jagte. Das war irre spannend.

Um die Untersuchungen für die Forschungsobjekte (und auch für sich selbst) so angenehm und kurz wie möglich zu machen, begab er sich regelmäßig mit seinem Raumschiff auf eine parallele Zeitlinie, welche er an derselben Stelle wieder verließ, an der er sie betrat. So wurde die Abwesenheit der meisten Forschungsobjekte kaum festgestellt. Um die Forschungsobjekte, die bereits untersucht worden waren, zu markieren, wurde ihnen ein Marker eingesetzt, der aus hochenergetischen Fasern besteht. Dadurch ist es auch auf sehr weite Distanzen möglich, diesen Marker auszulesen. Doch viele Lebewesen der Spezies Mensch erschwerte dieses Auslesen, indem sie den Marker, eingesetzt in den Bauchnabel, einfach immer wieder entfernten. Dadurch wurde fast jeder mehrfach entführt. Oft sogar mehrmals am selben Tag. Auch so eine Sache, die er an diesem Planeten nicht leiden konnte. Immer mussten die Bewohner in und an Sachen herumfummeln, von denen sie keine Ahnung hatten. Ihr Ökosystem sprach Bände davon, wo schon überall herumgefummelt wurde.

Es war soweit. Endlich war der blaue Planet mit seinem Trabanten in Sicht. Der erste Gang wurde automatisch eingelegt. Dieses System wurde vor langer Zeit automatisiert, nachdem ein etwas unerfahrener Pilot bei einem zu schnellen Flug durch das Planetensystem zuerst den früheren fünften Planeten des Systems (welcher jetzt ein tristes Dasein als Asteroidengürtel fristete) und anschließend den zweiten und dritten Trabanten des dritten Planeten vaporisiert und dabei zu allem Überfluss auch noch einen Scheinwerfer des Schiffes zerstört hatte. Seitdem waren Flüge durch Planetensysteme nur noch mit Autopilot möglich, was durchaus vernünftig war. Solche Scheinwerfer kosteten immerhin ein halbes Vermögen.

Das Schiff stand kurz darauf still und schwebte hinter dem letzten verbliebenen Trabanten. Dies war ursprünglich mal dazu gedacht, dass man nicht von den Bewohnern des Planeten entdeckt werden konnte. Allerdings hatte man relativ schnell festgestellt, dass die Erdlinge, wie sie sich selbst nannten, derart trübe Tassen waren, was die Beobachtung des Weltalls anging, dass man sich nur noch deshalb hinter dem Trabanten verbarg, weil die Umprogrammierung des Autopiloten mindestens einen halben Vormittag gekostet hätte. Dazu hatte man keine Veranlassung gesehen und so war es einfach dabei geblieben.

Der Computer begann, den Planeten zu scannen und mögliche Freiwillige für die Untersuchungen auszuwählen. Währenddessen schaute er selbst nochmal in den Aufzeichnungen nach um sich die Planetendaten nochmals ins Gedächtnis zu rufen. Irgendetwas schien mit den Aufzeichnungen nicht zu stimmen. Offenbar waren inzwischen derartige Datenmengen durch Untersuchungen gesammelt worden, dass weitere absolut unnötig waren, denn der Computer zeigte keine geeigneten Exemplare zur Untersuchung an. Das konnte zwar sein, allerdings war es doch relativ unwahrscheinlich. Es gab noch so viel zu lernen und zu wissen von dieser Spezies, die sich selbst Mensch nannte. Mochten sie teilweise noch so eingebildet und dümmlich sein, so hatten sie dennoch viele Eigenheiten und Liebenswürdigkeiten, die sie sehr interessant machten. Und jedes Mal wurde doch noch etwas neues entdeckt, allein deshalb konnte er es nicht glauben, dass tatsächlich schon alles gesammelt sein sollte.

Er ließ das Schiff um den Trabanten navigieren und sah zum Seitenfenster hinaus. Offensichtlich war in der Atmosphäre des Planeten einiges los, da die Sicht auf den Planeten selbst fast nicht möglich war. Lediglich an einigen Stellen schimmerte es leicht bläulich. Vermutlich konnte der Computer wegen dieser Störungen der Atmosphäre keine Signale empfangen. Ärgerlich, bedeutete es doch, dass er nun unter die Wolkendecke musste, um ein direktes Signal zu bekommen.

Das Schiff flog weiter auf den Planeten zu und trat in die Atmosphäre ein. Durch diese hindurchgelangt, wurde ihm erst das ganze Ausmaß der Atmosphärenstörung vor Augen geführt. Offensichtlich hatten die Bewohner des Planeten es vorgezogen, einen Asteroiden auf ihrem Planten einschlagen zu lassen und dabei draufzugehen. Andererseits konnten nun Lebenssignale empfangen werden. Die Signaturen wiesen auch auf die Spezies Mensch hin, allerdings schienen diese sich nun unterirdisch aufzuhalten. Raffiniert, aber auch etwas einfältig, zu glauben, man könnte ohne Sonnenlicht und Atmosphäre besonders lange überleben. Wusste doch jedes raumfahrende Volk ganz genau, dass man schnellstmöglich die Expansion ins Weltall vorantreiben musste. Eine Spezies konnte auf einem einzelnen Planeten schlichtweg nicht lange genug überleben um dem Universum aufzufallen. Hierzu war es nötig, sich weiter zu verteilen und so das Überleben zu sichern. Aber fairerweise musste man dazu sagen, dass sein eigenes Volk es selbst erst gelernt hatte, als es sich selbst durch Kriege und Naturkatastrophen vier Mal beinahe vollständig ausgerottet hatte.

Insofern hatte diese Spezies durchaus noch eine realistische Chance auf ein weiteres Überleben. Die nächste Zeit würde sein Volk öfters hier vorbeischauen um den Dreck etwas schneller aus der Atmosphäre zu bekommen. Ganz sich selbst überlassen konnten sie diese Spezies ja auch nicht, da es eben wirklich noch viel zu lernen gab.

Er beendete sein Protokoll des Besuchs, wendete das Schiff und flog zurück zu seiner Heimatbasis. Er hoffte stark, dass diese drollige Spezies das Überleben schaffte und als eine einzige Spezies zu handeln lernte. Eine schwere Lektion aber absolut nötig um nicht innerhalb eines viel zu kurzen Zeitraums zu Staub zu vergehen. Etwas, das leider schon viel zu vielen Zivilisationen im Universum widerfahren war. Hier durften sie leider nicht helfen, das war eine Lektion, die jedes Volk selbst lernen musste.

Wieder ein Planet, der an ihm vorbeirauschte. Er hasste Flüge durch Planetensysteme und war jedes einzelne Mal froh, wenn er wieder die großen Triebwerke nutzen durfte.

Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht. Er könnte Anlauf nehmen.

Sidewalk
Anfänger (offline)

Dabei seit 02.2011
8 Beiträge
Geschrieben am: 25.06.2011 um 00:18 Uhr

Sehr schön :)
Patrickxxx - 29
Experte (offline)

Dabei seit 06.2007
1401 Beiträge

Geschrieben am: 25.06.2011 um 00:21 Uhr

Zitat von Google-WTF:

mal ne frage ich habe es nicht durchgelesen aber was soll das bitte schön sein ????


Pfad: Forum / [!] Poesie und Lyrik [!] / Verdammte Fremde



|| ҳҳ TU STAR ҳҳ || Hast ein Loch in deinem Keller, war der Creeper wieder schneller!

bredator - 41
Champion (offline)

Dabei seit 03.2008
5319 Beiträge

Geschrieben am: 25.06.2011 um 00:23 Uhr

Zitat von Google-WTF:

mal ne frage ich habe es nicht durchgelesen aber was soll das bitte schön sein ????


Macht natürlich Sinn, wenn man im Poesie und Lyrik Forum ist und nicht liest.

Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht. Er könnte Anlauf nehmen.

Monroeville
Fortgeschrittener (offline)

Dabei seit 05.2011
27 Beiträge

Geschrieben am: 25.06.2011 um 01:05 Uhr

Genial !
Ich will noch mehr lesen :-D

Happy girls are the prettiest !

Mr-Wannabe - 28
Champion (offline)

Dabei seit 06.2008
2276 Beiträge
Geschrieben am: 25.06.2011 um 01:08 Uhr

Zitat von bredator:

Wieder ein Planet, der an ihm vorbeirauschte. Er hasste Flüge in Planetensystemen. Zum einen, weil sie absolut langweilig waren, sah man von gelegentlich vorbeirauschenden Planeten ab, zum anderen aber, weil sie viel zu lange dauerten, weil innerhalb von Planetensystemen die großen Triebwerke nicht erlaubt waren. Wie die Teile für den überlichtschnellen Flug funktionierten, wollte man ihm nicht sagen. „Sie würden das sowieso nicht verstehen!“ lautete die lapidare Antwort von einem dieser schnöseligen Wissenschaftler, die das Ding erfunden und gebaut hatten. Egal, dachte er sich. Ich muss es nicht verstehen um es zu benutzen. Wäre dem so, würden 99% seines Volkes auf blankem Stein sitzen und sich ausschließlich ernähren und fortpflanzen. Genaugenommen taten die meisten auch so nichts anderes, nur dass sie dazu nicht auf blankem Stein, sondern auf ultrabequemen Sitzgelegenheiten saßen.

Er mochte es einfach nicht, wenn er mit so einer Geschwindigkeit durch Planetensysteme dümpeln musste, nur um mal wieder einen seiner Aufträge zu erfüllen. Der 3. Planet dieses Systems war sein Ziel um, mal wieder, einige Lebewesen von dort zu untersuchen. Nun war das Reisen dorthin eine Sache, aber die Untersuchungen eine ganz andere. Zwar waren die zu untersuchenden im Tiefschlaf und zudem auch noch sediert, allerdings vertrugen die meisten dieses Sedativum von einer anderen Welt nicht besonders gut. Es gab immer wieder furchtbare Unglücke, bei denen die Subjekte dafür sorgten, dass das Raumschiff nicht mehr benutzt werden konnte. Zudem verströmten nicht wenige dieser fremden Wesen einen üblen Geruch. Nicht wenige Male hatte er schon sein Schiff irgendwo abstellen und sich ein Taxi nehmen müssen, weil er den Geruch nicht mehr ausgehalten hatte. Glücklicherweise dauerte es nicht sehr lange, bis sich das von allein erledigt hatte, wenn man das Schiff etwas mit offenen Fenstern mitten im Raum stehen ließ.

Noch ein Planet rauschte an ihm vorbei, einer mit rötlicher Färbung. Nicht gerade eine Seltenheit, aber immerhin etwas Ablenkung vom sonst relativ leeren und ereignislosen Raum. Vor allem die eisbedeckten Polkappen sah man nicht immer. Jedoch war der Planet innerhalb weniger Augenblicke vorbeigezogen, so dass für das Bewundern der Polkappen kaum genug Zeit blieb. Etwas Gutes hatte es ja, hier angelangt zu sein… es würde nun nicht mehr lange dauern, bis er bei dem blauen Planeten angelangt war und seine Fracht an Bord nehmen konnte. Dazu würde er sich noch ein paar dieser Zettel besorgen, welche die Geschehnisse der Welt festhielten. Die überaus primitive Sprache, in der diese Geschehnisse verfasst waren, hatte der Bordcomputer vor einigen Jahren mal eben im Leerlauf entschlüsselt, als er nach etwas Zerstreuung während der Untersuchungen gesucht hatte.

Tatsächlich war in diesen Zetteln immer wieder zu lesen, dass die Planetenbewohner angeblich von Lebewesen anderer Planeten entführt und untersucht worden waren. Außerdem seien ständig und immer wieder unbekannte Flugobjekte an ihrem Himmel gesichtet worden, die offensichtlich die Transportmöglichkeiten dieser Aliens darstellen sollten. So ein Unsinn. Glaubten diese, offenbar nicht sonderlich intelligenten, Lebewesen tatsächlich, dass andere Völker, wie seines, so gigantische Strecken bis zu diesem Planeten zurücklegten und sich dann, wie durch Zufall, entdecken ließen? Sein Volk besaß Tarnmöglichkeiten mit denen man am helllichten Tage jemand anderem willkürlich ein Stück Holz ins Gesicht hauen könnte und derjenige würde es nicht bemerken. Oder zumindest würde er das Stück Holz bemerken und sich kurz danach darüber ärgern, dass sich dieses mit unerfreulich hoher Geschwindigkeit mehrfach in sein Gesicht bewegt hatte und es dafür verfluchen. Überdies war sein Volk zwar nicht übermäßig künstlerisch begabt, aber die lächerlichen Fälschungen von Filmaufnahmen, beleidigten doch irgendwie. Offenbar war man auch der Meinung, dass Außerirdische niemals einen gewissen Sinn für Ästhetik haben könnten. Die Lebewesen dieses blauen Planeten waren schon sehr merkwürdig. Als sein Volk den Planeten früher noch ausschließlich beobachtete hatte man festgestellt, dass die Bewohner des Planeten sich zum Teil eifrig an bestimmte Bücher und Schriften klammerten. In diesen wurden allerhand abenteuerliche Märchen erzählt, manche mehr, manche weniger gut. Aber was keiner verstand – die Bewohner brachten sich aufgrund der Tatsache, dass den einen das Buch der anderen nicht gefiel, einfach um. Nun hatte er selbst auch schon Literaturkritiker seines eigenen Volkes live beim gegenseitigen Kritisieren gesehen, allerdings hörte man bei ihnen auf, sobald jemand am Boden lag und erstes Blut floss. Auf diesem Planeten aber offenbar nicht. Er hatte alle dieser Bücher schon gelesen und musste feststellen, dass sich diese, bis auf wenige unwichtige Punkte, nicht sonderlich unterschieden. Märchen auf die eine oder andere Art erzählt, aber doch Märchen. Seltsam, dass man sich dafür tötete. Vor allem deshalb, weil sein Volk doch schon längst bewiesen hatte, dass es Gott zwar gab, aber dieser sich längst im Schaffensprozess weiterer Universen befand und ihm das hiesige daher ziemlich gleichgültig war. Warum sollte er sich besonders um dieses Universum und seine Bewohner scheren, wenn zeitgleich noch Milliarden andere ebenfalls vorhanden waren? Nicht mal Gott hatte so viel Zeit, sich ausreichend darum zu kümmern, zumal auch er sich abends gerne auf die Couch setzte und einfach nur ein bisschen Ruhe haben wollte.

Heutzutage übernahmen die Bewohner dieses Planeten die Überwachung seiner Bewohner selbst. Sein eigenes Volk musste nur noch die lachhaft codierten Signale abfangen und hatte dadurch natürlich Zeit für die wirklich wichtigen Sachen, wie herumsitzen und sich fortzupflanzen. Auch die Sportart Gleeb war eines dieser wirklich wichtigen Dinge, aber sein letztes gesehenes Spiel lag inzwischen schon sehr lange zurück und bei diesem letzten Spiel waren die Gnarfs des Spielfelds so weit in Paraqav versunken, dass sich das Anschauen nicht wirklich gelohnt hatte. Lediglich die 9. Spielhälfte konnte die Stimmung zum Abschluss noch etwas lockern, auch weil sich die Spieler doch noch mit den Gnarfs die Acaven einschlagen konnten.

Er drosselte die Geschwindigkeit, da die Bordanzeige verlauten ließ, dass er sich nicht mehr sehr weit vom dritten Planeten weg befand. Es wurde also Zeit, langsam schon einmal die Geräte vorzubereiten, damit die Untersuchungen schnell abgeschlossen waren und er wieder nach Hause gehen konnte. Von seinem letzten Besuch hier hatte er noch einige sehr interessante Datenpakete zu Hause, die er sich anschauen wollte. Vor allem diejenigen in denen ein Bewohner des dritten Planeten mit Trenchcoat und Tabakstange verbrecherische Artgenossen jagte. Das war irre spannend.

Um die Untersuchungen für die Forschungsobjekte (und auch für sich selbst) so angenehm und kurz wie möglich zu machen, begab er sich regelmäßig mit seinem Raumschiff auf eine parallele Zeitlinie, welche er an derselben Stelle wieder verließ, an der er sie betrat. So wurde die Abwesenheit der meisten Forschungsobjekte kaum festgestellt. Um die Forschungsobjekte, die bereits untersucht worden waren, zu markieren, wurde ihnen ein Marker eingesetzt, der aus hochenergetischen Fasern besteht. Dadurch ist es auch auf sehr weite Distanzen möglich, diesen Marker auszulesen. Doch viele Lebewesen der Spezies Mensch erschwerte dieses Auslesen, indem sie den Marker, eingesetzt in den Bauchnabel, einfach immer wieder entfernten. Dadurch wurde fast jeder mehrfach entführt. Oft sogar mehrmals am selben Tag. Auch so eine Sache, die er an diesem Planeten nicht leiden konnte. Immer mussten die Bewohner in und an Sachen herumfummeln, von denen sie keine Ahnung hatten. Ihr Ökosystem sprach Bände davon, wo schon überall herumgefummelt wurde.

Es war soweit. Endlich war der blaue Planet mit seinem Trabanten in Sicht. Der erste Gang wurde automatisch eingelegt. Dieses System wurde vor langer Zeit automatisiert, nachdem ein etwas unerfahrener Pilot bei einem zu schnellen Flug durch das Planetensystem zuerst den früheren fünften Planeten des Systems (welcher jetzt ein tristes Dasein als Asteroidengürtel fristete) und anschließend den zweiten und dritten Trabanten des dritten Planeten vaporisiert und dabei zu allem Überfluss auch noch einen Scheinwerfer des Schiffes zerstört hatte. Seitdem waren Flüge durch Planetensysteme nur noch mit Autopilot möglich, was durchaus vernünftig war. Solche Scheinwerfer kosteten immerhin ein halbes Vermögen.

Das Schiff stand kurz darauf still und schwebte hinter dem letzten verbliebenen Trabanten. Dies war ursprünglich mal dazu gedacht, dass man nicht von den Bewohnern des Planeten entdeckt werden konnte. Allerdings hatte man relativ schnell festgestellt, dass die Erdlinge, wie sie sich selbst nannten, derart trübe Tassen waren, was die Beobachtung des Weltalls anging, dass man sich nur noch deshalb hinter dem Trabanten verbarg, weil die Umprogrammierung des Autopiloten mindestens einen halben Vormittag gekostet hätte. Dazu hatte man keine Veranlassung gesehen und so war es einfach dabei geblieben.

Der Computer begann, den Planeten zu scannen und mögliche Freiwillige für die Untersuchungen auszuwählen. Währenddessen schaute er selbst nochmal in den Aufzeichnungen nach um sich die Planetendaten nochmals ins Gedächtnis zu rufen. Irgendetwas schien mit den Aufzeichnungen nicht zu stimmen. Offenbar waren inzwischen derartige Datenmengen durch Untersuchungen gesammelt worden, dass weitere absolut unnötig waren, denn der Computer zeigte keine geeigneten Exemplare zur Untersuchung an. Das konnte zwar sein, allerdings war es doch relativ unwahrscheinlich. Es gab noch so viel zu lernen und zu wissen von dieser Spezies, die sich selbst Mensch nannte. Mochten sie teilweise noch so eingebildet und dümmlich sein, so hatten sie dennoch viele Eigenheiten und Liebenswürdigkeiten, die sie sehr interessant machten. Und jedes Mal wurde doch noch etwas neues entdeckt, allein deshalb konnte er es nicht glauben, dass tatsächlich schon alles gesammelt sein sollte.

Er ließ das Schiff um den Trabanten navigieren und sah zum Seitenfenster hinaus. Offensichtlich war in der Atmosphäre des Planeten einiges los, da die Sicht auf den Planeten selbst fast nicht möglich war. Lediglich an einigen Stellen schimmerte es leicht bläulich. Vermutlich konnte der Computer wegen dieser Störungen der Atmosphäre keine Signale empfangen. Ärgerlich, bedeutete es doch, dass er nun unter die Wolkendecke musste, um ein direktes Signal zu bekommen.

Das Schiff flog weiter auf den Planeten zu und trat in die Atmosphäre ein. Durch diese hindurchgelangt, wurde ihm erst das ganze Ausmaß der Atmosphärenstörung vor Augen geführt. Offensichtlich hatten die Bewohner des Planeten es vorgezogen, einen Asteroiden auf ihrem Planten einschlagen zu lassen und dabei draufzugehen. Andererseits konnten nun Lebenssignale empfangen werden. Die Signaturen wiesen auch auf die Spezies Mensch hin, allerdings schienen diese sich nun unterirdisch aufzuhalten. Raffiniert, aber auch etwas einfältig, zu glauben, man könnte ohne Sonnenlicht und Atmosphäre besonders lange überleben. Wusste doch jedes raumfahrende Volk ganz genau, dass man schnellstmöglich die Expansion ins Weltall vorantreiben musste. Eine Spezies konnte auf einem einzelnen Planeten schlichtweg nicht lange genug überleben um dem Universum aufzufallen. Hierzu war es nötig, sich weiter zu verteilen und so das Überleben zu sichern. Aber fairerweise musste man dazu sagen, dass sein eigenes Volk es selbst erst gelernt hatte, als es sich selbst durch Kriege und Naturkatastrophen vier Mal beinahe vollständig ausgerottet hatte.

Insofern hatte diese Spezies durchaus noch eine realistische Chance auf ein weiteres Überleben. Die nächste Zeit würde sein Volk öfters hier vorbeischauen um den Dreck etwas schneller aus der Atmosphäre zu bekommen. Ganz sich selbst überlassen konnten sie diese Spezies ja auch nicht, da es eben wirklich noch viel zu lernen gab.

Er beendete sein Protokoll des Besuchs, wendete das Schiff und flog zurück zu seiner Heimatbasis. Er hoffte stark, dass diese drollige Spezies das Überleben schaffte und als eine einzige Spezies zu handeln lernte. Eine schwere Lektion aber absolut nötig um nicht innerhalb eines viel zu kurzen Zeitraums zu Staub zu vergehen. Etwas, das leider schon viel zu vielen Zivilisationen im Universum widerfahren war. Hier durften sie leider nicht helfen, das war eine Lektion, die jedes Volk selbst lernen musste.

Wieder ein Planet, der an ihm vorbeirauschte. Er hasste Flüge durch Planetensysteme und war jedes einzelne Mal froh, wenn er wieder die großen Triebwerke nutzen durfte.


du bist so toll <3

meine (inexistente) freunsin soll nen kind von dir haben :-D

Google,des Users bester Freund -.-´

Maitre - 31
Profi (offline)

Dabei seit 06.2011
413 Beiträge

Geschrieben am: 25.06.2011 um 01:20 Uhr

Zitier doch nicht so ewig lange Sachen. ._.
Ich finds gut.
Es zeigt schön wie sich unser Verhalten auf dieser Erde auswirken könnte wenn es so weiter geht wie es bisher läuft.


More Beer.

__________-_
Experte (offline)

Dabei seit 06.2011
1740 Beiträge

Geschrieben am: 25.06.2011 um 02:46 Uhr

Zitat von Maitre:

Zitier doch nicht so ewig lange Sachen. ._.
Ich finds gut.
Es zeigt schön wie sich unser Verhalten auf dieser Erde auswirken könnte wenn es so weiter geht wie es bisher läuft.


perfekt getroffen

...

bredator - 41
Champion (offline)

Dabei seit 03.2008
5319 Beiträge

Geschrieben am: 25.06.2011 um 21:59 Uhr

Zitat von Monroeville:

Genial !
Ich will noch mehr lesen :-D


Hab bisher sonst hauptsächlich ein paar Kapitel von einem Roman fertig. Aber der kommt auch noch ;)

Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht. Er könnte Anlauf nehmen.

Starliqhtx3_ - 17
Experte (offline)

Dabei seit 07.2009
1173 Beiträge

Geschrieben am: 17.07.2011 um 21:51 Uhr

sehr schön,gefällt mir. :)

| >.

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