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Forum / Poesie und Lyrik

Angst.

Morrigane
Profi (offline)

Dabei seit 07.2006
955 Beiträge

Geschrieben am: 01.06.2011 um 23:17 Uhr
Zuletzt editiert am: 20.05.2012 um 23:14 Uhr

Dieser Text ist lückenhaft und wird vermutlich trotz weiterer Recherchen nicht mehr als eine Skizze bleiben. Phasen werden sich verschieben, Lücken schließen, oder vergrößern. Okay, Film ab:


Phase 1:

Ich weiß, dass ich in meinem Leben keine Horrorfilme sehen darf und keine halluzinogen Stoffe, überhaupt, keine psychoaktiven Stoffe zu mir nehmen darf. Heute, da mich schon das lidlose Auge einer Webkamera im Nachbarhaus dazu zwingt, das Gesicht im Kissen zu vergraben, glaube ich, dass ich daran absolut nichts verpasst habe und auch nicht verpassen werde.

Phase 7:

Ich habe versucht, es als Preis zu sehen, den ich für eine Eigenschaft zahle, die sehr wertvoll ist. Ich habe mir gesagt, dass es der Preis für die Fantasie ist, mit der mich die Natur ausgestattet hat. Aber es ist ein Preis, der unangemessen hoch und beinahe sadistisch ist, dafür, dass sie mich sonst so wenig schmeichelhaft behandelt hat. Ich bin groß und unglaublich mager. Ich habe meine Haare im Alter von dreizehn verloren. Ein Gendefekt, der nicht weiter schlimm ist, sagen die Ärzte. Aber ich sehe aus, wie ein Krebskranker, mit diesem mageren, knochigen Gesicht. Es ist doch ironisch, dass ich selbst zum Fürchten aussehe.

Phase 14:

Ich habe mir überlegt, ob ich nicht vielleicht in das Glas pinkeln sollte, das auf dem Schreibtisch steht. Etwa anderthalb Stunden habe ich mit mir gerungen. Ich bin ein Ekel, habe ich gedacht. Der Druck in der Blase wurde schmerzhafter und selbst auf dme Rücken liegend irgendwann unerträglich. Aber ich konnte das Zimmer nicht verlassen, weil durch das Schlüsselloch die Dunkelheit schien. Eine grelle, stechende Dunkelheit, die mir aus dem Schlüsselloch entgegenschien. Es wären zwei Meter, von der Türe aus, bis zum Lichtschalter im Flur. Aber es wären zwei Meter durch eine Dunkelheit, die die Konsistenz zäher Milch hat. Eine dehnbare Dunkelheit, aus der mich alles anspringen könnte, die mich sogar selbst und aus sich selbst heraus anspringen könnte. Ich war froh, als Julia kam und das Licht anschaltete. "Was machst du hier?", fragte sie mich. Ich konnte vor Schmerzen kaum aufstehen. Wortlos ging ich an ihr vorbei auf die Toilette.
"Ist der Schacht wieder offen?", fragt sie mich, und es klingt bedauernd und zugleich missmutig. Ich antworte nicht, sitze stumm auf der Schüssel. Trotz der Menge an Pisse schaffe ich es kaum noch zu pinkeln.

Phase 15:

Wenn Julia vom Schacht erzählt, sollte ich das auch tun. Der Schacht ist unsere Metapher für das, was in mir wächst, wenn es dunkel wird. Aber was das genau ist, ist schwer zu beschreiben. Ich kann es nur metaphorisch erklären. Der Schacht ist der Ort in mir, aus dem die Angst kommt. Tagsüber ist er geschlossen. Sobald es dämmert, fühle ich, dass es mich abwärts spült. Es ist eine Strömung, eine Art wasser, das anfangs durchsichtig und weich wie Luft ist und auf dem Weg nach unten immer zäher und dunkler wird. Ich will entkommen, aber ich bin wie gelähmt. Und dann spült es mich vor diese Tür, die ich öffnen muss, auch wenn ich es nicht will, eine Türe, die meine Hand zwingt, etwas zu tun, was ich nie tun würde. Und zu diesem Gefühl der Hilflosigkeit, des Ausgeliefertsein, des geschändeten Willens, gesellt sich langsam eine Angst, eine Angst, die sich mit dne Schatten vergrößert und zu einer unerträglichen Urangst wird, sobald ich diese Türe öffne...

Ich kann es nicht ertragen, darüber nachzudenken.

Phase 17:

"Ich habe so einen Traum von einem Schacht, der immer wiederkommt.", sage ich Bennsche, der mich fragt, warum ich nicht zur Arbeit erschienen bin. Er wirkt neugierig und das zwingt mich dazu, darüber zu reden.
"Es ist dunkel darin. Dann geht er langsam auf und eine Hand kommt heraus, eine lange, weiße Hand, mehr nicht."
Er lacht: "Das ist ja typisch wie im Film."
Ich komme mir vor, wie gegen die Wand geworfen. Aber dann versucht mein Kopf, mich zu retten. Er hat über meine Angst gelacht. Er hat sie klischeehaft genannt. Ich schäme mich, weil ich eine so klischeehafte Angst habe und doch habe ich ein schlechtes Gefühl wegen meiner Scham. Diese Scham kommt nur daher, dass er mir somit sagte, dass meine Angst keine einzigartige ist. Aber wer will schon Angst haben, selbst wenn sie einzigartig ist?
Aber zurück. Er lacht und ich lache mit. Ich stelle mir vor, dass der Schacht auf geht und statt der Hand liegt dort ein langer, weißer Rettich. Ein langer, weißer penisförmiger Rettich, setzte ich eins drauf, um die Sache noch weiter ins Absurde zu zwingen und mich dadurch zu retten. Nein, du legst mich doch rein, denke ich halbbewusst, du dummer, unnützer Schacht, du legst mich doch rein. Das ist doch keine Hand, du dummer, nichtsnütziger Schacht, das ist ein Penisrettich. Hah, wer von uns beiden hat jetzt gewonnen?
Und ich denke laut, ohne es zu merken und lache so wild, dass sogar Bennsche mich für einen Psycho hält.

Phase 19:

Es gibt ein paar Orte, die sicher sind. Es gibt ein paar Dinge, die die Angst nicht fressen kann. Aber die werde ich Ihnen nicht verraten. Weil ich Angst habe, Sie könnten mich verraten. Wenn Sie wissen, wo ich mich vor der Angst verstecken kann, dann haben sie mich ganz. Aber es gibt ein paar Heilmittel, die rasch ihre Wirkung verlieren, deswegen kann ich sie Ihnen verraten. Eines ist der zärtlich geflüsterte Satz der Liebsten, der Retterin, der Geduldigen, bei deren Anblick mich nur die Angst überkommt, sie könnte mich verlassen, alleine lassen, verrecken lassen. Der Satz lautet: "Du sollst nicht in Angst leben." Es ist ein Gebot. Manchmal macht sie einen Befehl daraus. Manchmal eine Versprechung: "Du wirst nicht in Angst leben." Und manchmal macht sie eine Tür zu einer neuen Realität auf: "Du hast keine Angst."
Sie ist die einzige, deren Worte ohne Fehl sind. Der ich nicht misstraue. Wenn sie sagt, dass ich keine Angst habe, dann stimmt das für die nächsten Tage. Irgendwann erlischt die Kraft der Worte wieder, aber eines Tages wird sie es sein, die mich heilt, eindgültig heilt.
Sie ist das, was an mir gesund ist. Sie ist der Strick um meinen Fuß, der mich davon abhält zu fallen, auch wenn er tief einschneidet, dieser zarte Strick, der so stark ist und so schmerzhaft. Aber ich habe keine Angst, wenn sie bei mir ist.

Ich habe mich verraten. Ich bin Ihnen schutzlos ausgeliefert. Wenn Sie mir Julia nehmen, bin ich verloren. Und ich glaube, das werden Sie tun. Warum erzähle ich Ihnen das dann? Weil ich mit niemandem darüber reden kann. Auch nicht mit Julia. Denn selbst bei ihr fürchte ich, sie könnte ihre Macht missbrauchen, wenn sie sie kennt.

Phase 22:

Es gibt eine Stelle in der Angst, die so schlimm ist, dass ich sie nicht erwähnen werde. Sie ist schlimmer, als ohne Julia zu sein. Und nein, sie hat nichts mit dem Tod zu tun. Ich muss sie wieder vergessen und es gelingt mir...


to be continued...

morrigane 2011

Lecker Senf für alle!

Krampfbert - 28
Profi (offline)

Dabei seit 11.2006
816 Beiträge

Geschrieben am: 01.06.2011 um 23:49 Uhr

Nice

Scheisse verdammt nice

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BlacK-Label - 36
Anfänger (offline)

Dabei seit 04.2009
1 Beitrag

Geschrieben am: 02.06.2011 um 00:05 Uhr

extrem potisch und doch zu nah an der Wahrheit!
weiter so ,bohr um den schacht weiter, bis er keine wänd emehr hat.
gruß Black

scheiss auf alles was dir deine mami gesagt hat

GaaraX - 33
Experte (offline)

Dabei seit 01.2007
1661 Beiträge

Geschrieben am: 02.06.2011 um 00:10 Uhr

extremst aussagekräftig und stark formuliert!!

The struggle of live is our reason of existence.Don't loose it! ;-)

Mr-Wannabe - 28
Champion (offline)

Dabei seit 06.2008
2276 Beiträge
Geschrieben am: 02.06.2011 um 00:14 Uhr

oO jetz hab ich schiss vor schächten...aber extrem geil geschrieben

Google,des Users bester Freund -.-´

Netty_
Anfänger (offline)

Dabei seit 06.2009
23 Beiträge

Geschrieben am: 02.06.2011 um 00:39 Uhr
Zuletzt editiert am: 02.06.2011 um 00:39 Uhr

empfindest du so?

i know, i have to go away

-Lmfao_ - 28
Profi (offline)

Dabei seit 10.2010
679 Beiträge

Geschrieben am: 02.06.2011 um 01:18 Uhr

geil

M&M´s :D

supersophie
Halbprofi (offline)

Dabei seit 01.2011
168 Beiträge
Geschrieben am: 02.06.2011 um 09:40 Uhr

Zitat von Mr-Wannabe:

oO jetz hab ich schiss vor schächten...aber extrem geil geschrieben


oh jaah o.O ;)
aber richtig gut !
Morrigane
Profi (offline)

Dabei seit 07.2006
955 Beiträge

Geschrieben am: 02.06.2011 um 10:20 Uhr
Zuletzt editiert am: 02.06.2011 um 10:22 Uhr

Zitat von Netty_:

empfindest du so?


Nein. Und ja.

Nein, denn dann würde ich mich eher an einen Psychologen wenden, als an ein Lyrikforum.

Und ja, weil ich es zumindest einmal nachempfinden musste, um es schreiben zu können. Oh, und weil die Frage garantiert kommt... Dazu reichte Empathie aus, ich brauchte keine Nachschattengewächse. : D

Lecker Senf für alle!

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