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Forum / Poesie und Lyrik
Wegschriften Nr. 4

ParraPinto - 32
Profi
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Beiträge
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Geschrieben am: 08.04.2011 um 22:33 Uhr
Zuletzt editiert am: 08.04.2011 um 22:33 Uhr
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So eine Scheiße!
Drei Tage Stille und meine aufgeschriebenen Seiten taugten nichts mehr, denn sie wurden nass. Die Tinte färbte die Tropfen, die aus dem aufgesogenem Papier tropften, blau. Es ließ sich leicht zerreisen so aufgeweicht wie es war. Stilbruchverse und sogar Hasshymnen gingen den Bach runter, nachdem alles draußen liegen geblieben war.
Heimat? Wohin hat sie sich nur verzogen? Entwurzelt in der Welt, wenn nicht schon längst verloren wandelte ich traumlos durch die unbekannten, neuen Städte um nichts, was ich dort tat zu bereuen. Bei jedem neuen Ortsschild feierte ich die Menschen um mich herum, sie feierten mich. Diese Menschen, waren sie doch so maßlos toll in einer betrunkenen Gesellschaft. Alle Eindrücke wurden schriftlich festgehalten und es waren tolle, reale Freuden.
Drei Tage hielten diese Schriften, dann taugten sie nichts mehr, denn sie wurden blass. Die Landschaft färbte die Erinnerungen, die sich vereinzelt noch in den Zeilen hielten, grau. Wo blieb der nächste Anhaltspunkt dieser Reise? Ob rosarote Sonnenaufgänge oder blutrote Sonnenuntergänge, die Welt blieb die Gleiche und mit jedem neuen Schritt war ich immer mehr Zuhause und immer weniger Daheim.
Und wieder ein x-beliebiger Ort hinter mir, während ich meine Aufschriften nochmals verwerfen musste. Es galt doch die Schönen zu fassen und denoch verlor ich jeden Bezug zu diesen, unbeholfen Lebhaften. Diesmal wurden die Seiten von mir verbrannt. Während im Hintergrund die Abenddämmerung über die Welt wachte gingen meine Zeilen in Kohle über, die so leicht geformt war, dass sie vom Feuer in der Luft immer wieder aufs Neue verwirbelt wurde. Eine Zeit lang sah ich ihr nach, bis mein Füller wieder auf Papier kratzte.
Nachdem mir die Tinte ausging und sich einige Seiten verloren, wartete ich mit einem Bleistift bewaffnet auf neue Zukunftsideen vor weißem und fragendem Papier. Sie blieben aus.
April 11
Freiheit
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I3I_4CKNINJ4 - 35
Experte
(offline)
Dabei seit 06.2005
1618
Beiträge
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Geschrieben am: 08.04.2011 um 23:46 Uhr
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Und nun lässt der Meister fragen, was wir davon halten. Für einen Ansatz fehlt mir beim dritten Fragment allerdings die chronologische Einordnung, die du uns bei den anderen beiden Teilen zum Glück dazugegeben hast.
Die Ähnlichkeit der ersten beiden Teile ist ja kaum zu übersehen.
Auch bin ich mir ziemlich sicher, dass "Offen" kein Schreibfehler war. Viel eher soll es einen "Ofen" darstellen, der aber einen großen Teil des Wortes hoffen beinhaltet.
Hier in diesem Teil behandelst du das Problem der Reiseberichteschreiberei. Die Schriften kann man leider nicht währenddessen ablegen. Also muss man sozusagen während des Weges soviel Emotionen wie möglich aufsaugen, um sie dann wiedergeben zu können. Diese sind aber nur eine Momentaufnahme, ein abstraktes Bild, sozusagen ein Versuch, um all die unbeschreibliche Unendlichkeit mit seinen minderen kognitiven Fähigkeiten zu verfassen, in Worte, in Erklärung. Also verblassen sie bald. Der innere Stolz über die Reise und den Text währt nicht ewig.
So hat man also die ganze Welt gesehen und kennt dennoch nur die halbe Wahrheit. Es gibt wohl kein ewig Glück darin.
Aber warum so schnell folgend diese Texte - wieso wandelst du dich darin vom Berichteschreiber zum Dichter, und dann zum minimalen Schreiber, der nur "Weiblein" sagt? Soll das das Ziel sein? Eine Frau, die Liebe?
Ich habe Angst vor dem Tod, doch wenn ich sterbe, dann freue ich mich darauf
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ParraPinto - 32
Profi
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Dabei seit 01.2006
997
Beiträge
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Geschrieben am: 09.04.2011 um 15:17 Uhr
Zuletzt editiert am: 09.04.2011 um 15:18 Uhr
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Ob du's glaubst oder nicht, es entstand ebenfalls im April. Der Gedanke am Sonntag, die Ausführung gestern. Auch wenn das im Zusammenhang zu den anderen beiden Texten jetzt etwas unglaubwürdig rüber kommt, ich bin selber davon überrascht.
Schön ausgedrückt, was du über das ruhelose Leben da draußen sagst.
Ich verfolge eine Konsequenz im Schreiben. All die Texte dürfen keine Quintesenz mehr darstellen, von meinen Einfällen, sondern sämtliche Hemmungen müssen eingerissen werden, weil nichts und niemand das Recht hat, Kunst zu beschneiden. Also muss ich sämtlichen Gedanken folgen, sei es nun Romantik, Minimalismus oder, wie auch immer du den Text hier nennen würdest. Du sagtest Bericht. Es ist ein Existenzialismus angewendet auf mein Schreiben. Weder von Hemmungen noch von irgendwelchen Normen darf mein Schreiben beeinflusst werden. Warum sollte es auch? Was ist schon Schreiben?
Bei einem Ziel müsste man meiner Meinung nach unterscheiden. Bezogen auf den Körper ist Befriedigung der Triebe, oft auch verbunden mit Liebe, das Ziel. Sei es Sexuelle oder irgend eine andere Art der Befriedigung. Im Gegensatz dazu seh ich das Ich-Bewusstsein und die Intention des Schreibens von jedem. Das Ziel ist es hier, entweder eine innere Zerissenheit zwischen Alternativen zu überwinden, oder seine Gedanken schriftlich zu ordnen. In jedem Fall also verstanden zu werden. Das gilt auch für die Sprache.
Verbindet man nun diese beiden Welten, liegt es auf der Hand, dass sie in einer geliebten Person kulminieren.
Deine Interpretation von "Offen" und "Ofen" gefällt, aber leider muss ich zugeben, dass es sich hierbei um einen Rechtschreibfehler handelt, der mir fast immer bei Ofen passiert. Aber durch deine Interpretation gefällt mir der Fehler wieder. Soll ich ihn nun verbessern?
Freiheit
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Getridofideo - 38
Fortgeschrittener
(offline)
Dabei seit 04.2011
87
Beiträge
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Geschrieben am: 09.04.2011 um 19:15 Uhr
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Zitat von ParraPinto: So eine Scheiße!
Drei Tage Stille und meine aufgeschriebenen Seiten taugten nichts mehr, denn sie wurden nass. Die Tinte färbte die Tropfen, die aus dem aufgesogenem Papier tropften, blau. Es ließ sich leicht zerreisen so aufgeweicht wie es war. Stilbruchverse und sogar Hasshymnen gingen den Bach runter, nachdem alles draußen liegen geblieben war.
Heimat? Wohin hat sie sich nur verzogen? Entwurzelt in der Welt, wenn nicht schon längst verloren wandelte ich traumlos durch die unbekannten, neuen Städte um nichts, was ich dort tat zu bereuen. Bei jedem neuen Ortsschild feierte ich die Menschen um mich herum, sie feierten mich. Diese Menschen, waren sie doch so maßlos toll in einer betrunkenen Gesellschaft. Alle Eindrücke wurden schriftlich festgehalten und es waren tolle, reale Freuden.
Drei Tage hielten diese Schriften, dann taugten sie nichts mehr, denn sie wurden blass. Die Landschaft färbte die Erinnerungen, die sich vereinzelt noch in den Zeilen hielten, grau. Wo blieb der nächste Anhaltspunkt dieser Reise? Ob rosarote Sonnenaufgänge oder blutrote Sonnenuntergänge, die Welt blieb die Gleiche und mit jedem neuen Schritt war ich immer mehr Zuhause und immer weniger Daheim.
Und wieder ein x-beliebiger Ort hinter mir, während ich meine Aufschriften nochmals verwerfen musste. Es galt doch die Schönen zu fassen und denoch verlor ich jeden Bezug zu diesen, unbeholfen Lebhaften. Diesmal wurden die Seiten von mir verbrannt. Während im Hintergrund die Abenddämmerung über die Welt wachte gingen meine Zeilen in Kohle über, die so leicht geformt war, dass sie vom Feuer in der Luft immer wieder aufs Neue verwirbelt wurde. Eine Zeit lang sah ich ihr nach, bis mein Füller wieder auf Papier kratzte.
Nachdem mir die Tinte ausging und sich einige Seiten verloren, wartete ich mit einem Bleistift bewaffnet auf neue Zukunftsideen vor weißem und fragendem Papier. Sie blieben aus.
April 11
Das ist ohne jegliche Wertung gemeint: Bist du ein Fan ausdrucksstarker Worte und Motive? Was findest du an ihnen am wichtigsten?
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I3I_4CKNINJ4 - 35
Experte
(offline)
Dabei seit 06.2005
1618
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Geschrieben am: 09.04.2011 um 23:08 Uhr
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Das bleibt nun dir überlassen, ob du dich dadurch geschmälert fühlst, dass ein Fehler erst durch Bestätigung zu etwas Gutem wird. Aber laut deinem tief gehenden Gedanken sollte es ja genau richtig sein: Das, was der Leser aus diesem Fehler bastelt und sich sozusagen noch einfügt, sei genau eben auch aus der Feder gewachsen und damit natürlich, echt, unbeschnitten.
Ich habe Angst vor dem Tod, doch wenn ich sterbe, dann freue ich mich darauf
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ParraPinto - 32
Profi
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Dabei seit 01.2006
997
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Geschrieben am: 10.04.2011 um 12:41 Uhr
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Zitat von Getridofideo: Das ist ohne jegliche Wertung gemeint: Bist du ein Fan ausdrucksstarker Worte und Motive? Was findest du an ihnen am wichtigsten? Nicht zwingend, meistens kann ich mich aber nicht anders ausdrücken. Das Beste ist wohl, dass sich hinter jedem Wort eine ganze Landschaft an Vorstellungen verbergen kann.
Freiheit
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Getridofideo - 38
Fortgeschrittener
(offline)
Dabei seit 04.2011
87
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Geschrieben am: 11.04.2011 um 23:35 Uhr
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Zitat von ParraPinto: Zitat von Getridofideo: Das ist ohne jegliche Wertung gemeint: Bist du ein Fan ausdrucksstarker Worte und Motive? Was findest du an ihnen am wichtigsten? Nicht zwingend, meistens kann ich mich aber nicht anders ausdrücken. Das Beste ist wohl, dass sich hinter jedem Wort eine ganze Landschaft an Vorstellungen verbergen kann.
Stimmt, zudem müsste man ja, wenn man ausdrucksschwache Motive wählt, diese bewusst wählen, was aber die "Verständlichkeit des Besonderen" für den Leser erschweren dürfte, zumindest meistens, denke ich mal.
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