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Forum / Poesie und Lyrik
Klaus Dieter auf Tour

I3I_4CKNINJ4 - 35
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Geschrieben am: 21.12.2010 um 16:15 Uhr
Zuletzt editiert am: 23.12.2010 um 19:53 Uhr
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Wieder mal ein paar Wochen konsequente Abstinenz zu leben, das war das Ziel. Auf seiner flotten Dame Merida war er von Basel über Besancon und Lyon die Rhône runtergeradelt. Auf halbem Wege hatte er einen kaum deutsch, geschweige denn französisch sprechenden Amerikaner getroffen, der mit seiner Freundin zusammen in Baden-Baden lebte. Er wollte mit seinem schamlspurigen, teuren, weißen Trekker bis nach Barcelona fahren.
"Gut, dann fahren wir zusammen", hatte Klaus-Dieter gesagt, noch schwer ausser Atem, weil er, etwas Schatten suchend, unter einer Pinie in der Schwüle geruht hatte, als der schwer bepackte Radler an ihm vorbeigerauscht war, sogleich aufgestanden, die Karte zusammengepackt und, den siebzig Liter Rucksack auf dem Rücken, und ihm hinterhergerast war.
Beide hatten sie schon rote Arme, die nun, selbst bei der flach liegenden Sonne, nicht aufhören wollten zu schmerzen. Von den Rucksackträgern, die bei jedem an- und ausziehen über die Haut rieben, sollte man gar nicht reden.
Also hatten sie sich einen Lagerplatz gesucht, direkt an der Rhône, an einem kleinen Kanalauslauf, auch wenn das der Abfluss des nur zehn Kilometer zurück liegenden Atomkraftwerks zu sein schien.
Während die Nudeln schon im kleinen roten Topf brodelten - den Klaus-Dieter von der netten Mutter zweier Kinder in Mont-Ferrand-le-chateau geschenkt bekommen hatte - wollten sie den Fluss in Adams Kleid betreten.
"Are you sure?", kam es von dem Amerikaner.
"What are you afraid of?", entgegnete Klaus-Dieter.
"I don't mind, but if my girlfried will ask me, why our children have five eyes each..."
Unter frohlockendem Lachen sprang Klaus-Dieter ihn an und riss ihn ins Wasser.
"If you don't wash your stinking sweat she will leave you anyway."
Später, mit den leckeren Nudeln und der Fertig-Tomatensoße im Teller saßen sie im Sand und machten sich heißhungrig darüber her.
"Ahhh... I'm so content to have something like that every evening.", meinte ich. Brandon stimmte mir zu:
"Yeah, I don't think that there's a better thing than eating that simple..."
Den roten, salzigen Geschmack im Mund, ließ Klaus-Dieter seine Zunge kräuseln, testen, warten und erst nach einem kurzen Anhauch von Befriedigung schluckte er den Bissen hinab.
"But... a little cheese-sleeve would be great..."
Da fing der Amerikaner herzhaft an zu lachen. Und erst nach einer Weile verstand Klaus-Dieter, ja, sah ihn geradezu sagen: "You little germans always talk about contence, but you're not more than certain chadbands..."
Ja, hat er wohl recht, dachte sich Klaus-Dieter, und wusste, dass er zu sehr, an den Geschmack von Käse gewohnt war.
Ich habe Angst vor dem Tod, doch wenn ich sterbe, dann freue ich mich darauf
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I3I_4CKNINJ4 - 35
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Geschrieben am: 22.12.2010 um 12:32 Uhr
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"You're lucky that you have a girl you can think of...", sagte Klaus-Dieter mit prall-überfülltem Bauch und den nassen Haaren im Sand.
Die Sonne stob stetig ihrer Asche entgegen und gab endlich einer etwas kühleren Brise freien Lauf.
"You're that caged animal that always has to seek for being a hero.", meinte Brandon nur zum Selbstmitleidigem Anflug des Deutschen.
"You know what? You cannot be more than a strange and naive idiot."
Auch wenn diese Worte hart waren versuchte Klaus-Dieter die dahinter wartende Weisheit zu entdecken.
Brandon sprach weiter: "Don't search. Be found."
Und als Klaus-Dieter schon resignierend einschlafen wollte kam es säuselnd zu ihm herüber: "I promise you, you'll find your girl on a biking tour."
Ich habe Angst vor dem Tod, doch wenn ich sterbe, dann freue ich mich darauf
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Morrigane
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Geschrieben am: 23.12.2010 um 09:43 Uhr
Zuletzt editiert am: 23.12.2010 um 09:43 Uhr
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Mir gefällt der Aufbau der Geschichte, weil er so plötzliche Szenenwechsel hat, als wäre er ein Traum. Sie wirkt dadurch zwar auch ein wenig unfertig und nicht ganz in sich geschlossen, aber gerade diese Form gibt dieser Geschichte noch eine surreale Note, die ihr gut tut. Mir gefällt die Schilderung des Amerikaners, dieses positive, aber dennoch nicht naive Wesen. Es ist auf eine Art ein "typischer" Amerikaner, aber kein klischeehafter. Und mir gefällt, das "der Amerikaner" keinen Namen hat.
Lecker Senf für alle!
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I3I_4CKNINJ4 - 35
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Geschrieben am: 23.12.2010 um 19:54 Uhr
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Wenn ich jetzt noch "seine nicht versteckbare Korpulenz" geschrieben hätte, wäre es wohl klischeehaft gewesen, oder?
Allerdings hat er einen Namen, der auch, zweimal glaube ich, geschrieben steht.
Du interpretierst aber viel tiefer, als ich schreibe, schön.
Ich habe Angst vor dem Tod, doch wenn ich sterbe, dann freue ich mich darauf
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Morrigane
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Geschrieben am: 23.12.2010 um 22:30 Uhr
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Zitat von I3I_4CKNINJ4: Wenn ich jetzt noch "seine nicht versteckbare Korpulenz" geschrieben hätte, wäre es wohl klischeehaft gewesen, oder?
Allerdings hat er einen Namen, der auch, zweimal glaube ich, geschrieben steht.
Du interpretierst aber viel tiefer, als ich schreibe, schön.
ne, das wäre auch okay. immerhin fährt er trotz der korpulenz fahhrad. 
wirklich? ich habe den namen nicht gefunden... entweder ich bin blind oder unachtsam. naja.
klar, sobald du es veröffentlichst, entgleitet dir das werk udn andere lesen darin, was sie darin finden. insofern ist jedes lesen schon ein interpretieren.
Lecker Senf für alle!
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