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Forum / Poesie und Lyrik

Ohne Worte

  -1- -2- vorwärts >>>  
Morrigane
Profi (offline)

Dabei seit 07.2006
955 Beiträge

Geschrieben am: 02.11.2010 um 19:05 Uhr
Zuletzt editiert am: 24.09.2011 um 00:54 Uhr

Eine Art Experiment... Geplant mit etwa 9 Kapiteln in etwa dieser Länge und ungewisser Entwicklung.



1.

Später, zu Hause, war es nicht einfach, eine Erklärung für das Schweigen zu finden. Somit fand sie sich letztendlich damit ab, dass sie einfach zu lange damit gewartet hatten, zu sprechen und es damit festgemauert hatten.

Eigentlich war ihr das ganz recht. Wenn sie sprach, dann langsam und abgehackt, weil sie die Worte erst sorgsam zusammensuchen musste.

Dass sie nicht wusste, wie es klang, wenn er sprach, störte sie nicht. Ihr gefiel sogar der Gedanke, dass sie vielleicht niemals seine Stimme hören würde.

Aber sehen wollte sie ihn dennoch gerne wieder.
Leider war er nicht so einfach.
Sie hatte ihn nur während dieser Museumsführung gesehen. Da sie kein Wort gesprochen hatten, wusste sie weder, wie er hieß noch wo er wohnte. Der einzige Ort, an dem sie ihn vielleicht wieder finden konnte, war das Museum. Wenn er sie wirklich wollte, würde er sie finden. Sie hoffte es.

Sie hatte während der Museumsführung immer wieder unauffällig seine Hand gestreift, als wären sie zwei schüchterne Teenager, die es nicht wagten, sich anzusprechen.

Er hatte ihre verstohlenen Blicke ein paar mal erwidert, alles lief nach den üblichen Regeln sie hatten gelächelt und rasch weggesehen, wenn sich die Blicke trafen. Sie hatte geglaubt, dass er begriff, dass es ein Spiel war.

Deswegen war sie sehr überrascht, als er inmitten eines dunklen Raums, indem eine Schwarzlichtinstallation aufgebaut war, tatsächlich ihre Hand ergriff und sie festhielt, ohne einen Ton zu sagen, oder sie anzusehen.

Er hatte sie auch nicht losgelassen, als die Gruppe in den nächsten Raum weiterging, obgleich dieser hell erleuchtet war.
Im Dunkeln wäre es ein besonders frecher Spielzug gewesen, aber im Licht war es ein Bekenntnis. Obwohl sie am Ende der Gruppe gingen, hätte jeder sie nun als Paar gesehen.
Sie war von der plötzlichen Entwicklung nicht schockiert, aber überrumpelt.

Die ganze Führung sahen sie sich verstohlen wie zwei Verschwörer an, ohne ein Wort zu sagen. Und als die Führung zu Ende war, und alle anderen aus dem Museum strömten, blieben sie wie eine Statue stehen und sprachen kein Wort.

Keiner wollte der erste sein, der das Schweigen brach. Sie sahen sich minutenlang schweigend an und sie versuchte, in seinen Blicken etwas zu lesen, das wie Zustimmung aussah. Weil sie aber nichts Eindeutiges finden konnte, musste sie lächeln. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Dann zog sie rasch ihre Hand aus der Umklammerung und ging eilig davon, ohne sich umzusehen.

Sie wollte nicht, dass er ihr folgte und die Lage sich ins Lächerliche, oder in die Verlegenheit bewegte, Situationen, aus denen sie nur mit Worten wieder herauskäme. Er folgte ihr nicht. Wie es schien, verstand er ihre Bedenken.



Während sie in ihrem Bett lag, erschien ihr alles sehr unwirklich. Es war wie eine Art Traum. Sie hätte ihn niemandem erzählen können, denn das hätte ihn entweiht.

Aber wenn man etwas nicht erzählen konnte, war es dann überhaupt real?

Sie schlief ein mit dem Gedanken, dass sie diese Theorie prüfen müsse, gleich am nächsten Abend.

Lecker Senf für alle!

Rubin_ - 27
Halbprofi (offline)

Dabei seit 01.2010
207 Beiträge

Geschrieben am: 02.11.2010 um 19:12 Uhr

du hglaubst doch nicht ernsthaft dass ich dess ganze lese?!
GAU-19
Champion (offline)

Dabei seit 11.2009
2810 Beiträge

Geschrieben am: 02.11.2010 um 19:13 Uhr

Der Titel hat mich sofort an dieses Lied erinnert.

VOID - That's how we bang!

-pupsii- - 32
Fortgeschrittener (offline)

Dabei seit 02.2009
30 Beiträge
Geschrieben am: 02.11.2010 um 19:26 Uhr

like

sometimes my mind plays tricks on me..

Morrigane
Profi (offline)

Dabei seit 07.2006
955 Beiträge

Geschrieben am: 03.11.2010 um 19:11 Uhr

Zitat von Rubin_:

du hglaubst doch nicht ernsthaft dass ich dess ganze lese?!


Ne, das glaub ich wirklich nicht :-P

Lecker Senf für alle!

Morrigane
Profi (offline)

Dabei seit 07.2006
955 Beiträge

Geschrieben am: 03.11.2010 um 20:17 Uhr
Zuletzt editiert am: 24.09.2011 um 01:00 Uhr

2.
Es würde eine kalte Nacht werden.

Bereits jetzt kühlte sich die Luft stark ab und dabei dämmerte es erst. Sie bereute es, keinen wärmeren Mantel angezogen zu haben.

Sie wusste schließlich nicht, wie spät es werden konnte. Als sie auf ihre Uhr sah, war es erst kurz nach Führungsbeginn. Für einen Moment erwägte sie, in das Museum zu gehen und an der Führung teilzunehmen. Noch war Zeit, man würde sie hineinlassen.

Aber dann dachte sie daran, dass er in der Zwischenzeit vielleicht schon ankommen könnte und wenn er sie nicht vorfinden würde, würde er wieder gehen. Umgekehrt würde er, selbst wenn er die Führung mitmachte, hier am Eingang vorbeikommen und sie finden. Wenn er denn überhaupt kam.

Sie kämpfte ihre Zweifel nieder. Die Führung konnte etwa eine Stunde dauern, solange wollte sie sich keine Sorgen machen, sondern warten.

Mittlerweile war es dunkel geworden.

Sie ging ein wenig auf und ab und versuchte, nicht zu warten. Wenn er kam, dann war sie einfach zufällig auch da. Es sollte ein Zufall sein, wenn sie ihm begegnete, nicht Ergebnis ihrer Berechnungen.

Es wurde halb sieben.

Eigentlich musste die Führung schon vorbei sein, aber vielleicht hatte sie Verspätung.

Aber der Zeiger kroch unweigerlich weiter bis zum dritten Viertel der Uhr.

Natürlich war es ein Spiel. Wer zu spät zu einem Date kam, wollte wissen, wie sehr er vermisst worden war. Vielleicht würde er aber auch gar nicht kommen. Vielleicht kam er nicht einmal aus derselben Stadt. Kein Wunder, dass er den Mut, nein, die Frechheit gehabt hatte, ihre Hand zu nehmen.

Die ganze Welt zerfiel in Konjunktive, in Sprachspiele die nichts mit einer Realität ohne Worte zu tun hatten. Warum zwang er sie dazu, ihn in Gedanken zu bitten, endlich herzukommen? Warum erwartete sie, seine Gedanken hören zu können?

Das ganze machte sie so schrecklich jung und kindisch.
Sie musste nicht warten. Sie konnte doch gehen. Wenn er nicht käme, dann hätte er es nicht verdient. Genau das hätten ihre Freundinnen gesagt, wäre sie 17 gewesen. Aber mit 17 hatten sie nicht gewusst, dass die längste Zeit der Liebe aus Warten bestand, Warten auf das Date, warten auf die Nacht, auf das Wochenende, auf Arbeitsschluss, auf den Urlaub. Also wartete sie.

Das Warten fühlte sich an, wie eine Schwäche. Wer wartet, wird verletzlich, weil er seine Lebenszeit für ein ungewisses Eintreffen einer Situation oder Person opfert. Somit ist das Warten immer ein Verlustgeschäft.

Gegen halb acht konnte sie die Verzweiflung nicht mehr unterdrücken, gegen acht auch die Wut nicht mehr. Aber sie hatte zu viel investiert, um schon gehen zu können. In ihrem Mantel fror sie entsetzlich.

Sie beobachtete jeden Menschen, der vorbeiging genau. Sie alle sahen ihm von weitem so ähnlich, dass sie die Augen schloss.

Als sie sie öffnete, sah sie eine Gestalt eilig in Richtung Museum eilen, aber sie wagte es nicht, sie für ihn zu halten.

Erst als sie direkt auf sie zukam, wusste sie, dass es niemand anderes sein konnte. Sie wunderte sich, dass sie sich darüber nicht freuen konnte.
Sie war sogar regelrecht wütend auf ihn.
Bestimmt, dachte sie, würde er anfangen zu sprechen. Er würde sie fragen, wie lange sie wartete und ihr erklären, warum er so lange gebraucht habe.

Sie war sich sicher, dass er es tun würde, aber wenn, dann würde er damit die ganze, gläserne Stille zerstören, die sich in den letzten zwei Stunden um sie gelegt hatte. Sie würde ihn ohrfeigen und gehen.

Während sie gewartet hatte, hatten sich ihre Sinne verfeinert. Sie konnte jedes Geräusch von Ferne ausmachen, das wie Schritte klang. Sie hatte jedes Licht im Museum genauestens im Auge.
Wenn er sprach, löste sich all das in der Banalität auf. Was nützte es, aus jeder Muskelbewegung etwas lesen zu können, wenn man einfach darüber reden konnte?

Aber er nahm sie nur wortlos in den Arm und sie legte den Kopf auf seine Schulter. Als sie ihn wieder hob war es, als hätte sie die letzten zwei Stunden nur geträumt.

Lecker Senf für alle!

Jolly_Roger
Halbprofi (offline)

Dabei seit 03.2010
348 Beiträge

Geschrieben am: 04.11.2010 um 02:05 Uhr

Ehrliche Meinung?

Die Kritik fuer das Erstgeschriebene faellt oft vernichtend aus, solle aber zum Ansporn, es besser zu machen, dienen.

Der "Geschichte" fehlen
- zu aller erst einen erweiterten Wortschatz, der die Gedanken umfassender und stilvoller, ausgepraegter, beschreiben kann
- etwaige Spannungsboegen
- evt. Gedanken in woertlicher Rede mit " "
- Vll. auch "Kamerawechsel" aus Sicht/Gedanken des unbekannten Mannes/Dates
- Absaetze, ganz wichtig
- liebliche/tiefgehende Um-/Beschreibung der Hauptcharactere. Ich bspw. kann schwerlich in die Geschichte "eintauchen", wie das bei guter Literatur sein sollte.

Ja, im Grossen und Ganzen wars das, was meine Meinung betrifft.



Licentia poetica

Jolly_Roger
Halbprofi (offline)

Dabei seit 03.2010
348 Beiträge

Geschrieben am: 04.11.2010 um 02:07 Uhr

Mit Absaetzen meine ich natuerlich,.....
(leere Zeilen)
.....sowas z.b.

Licentia poetica

I3I_4CKNINJ4 - 35
Experte (offline)

Dabei seit 06.2005
1618 Beiträge

Geschrieben am: 04.11.2010 um 21:20 Uhr

Ich hoffe dir ist klar, dass die Autorin hier keine "Erstschreiberin" ist.

Ich habe Angst vor dem Tod, doch wenn ich sterbe, dann freue ich mich darauf

Morrigane
Profi (offline)

Dabei seit 07.2006
955 Beiträge

Geschrieben am: 04.11.2010 um 21:37 Uhr
Zuletzt editiert am: 24.09.2011 um 00:43 Uhr

3.
Sie gingen Arm in Arm in den Park.

Seine Nähe war seltsam. Sie hatte sich, noch am letzten Abend vorgestellt, ihn bei ihrem Wiedersehen zu küssen. Aber jetzt, da sie neben ihm herging, konnte sie nicht anders als in größtmöglichem Abstand von ihm zu gehen.

Es war so ungewohnt mit einem fast Fremden so nah spazieren zu gehen, wenn die Worte fehlten, die davon ablenkten. Es war, als hätte er eine Art fremde Aura um sich, in die sie aus Versehen eingedrungen war und die so fremd für sie war, dass sie nicht anders konnte, als Abstand zu nehmen.

Durch den größeren Abstand gerieten auch ihre Schritte ins Ungleichgewicht, so dass sie beide schließlich mehr stolperten, als gingen und lachen mussten.

Das Lachen wirkte sehr unwirklich, ohne die Sprache, aber es war gut, dass es geblieben war und nicht dem Schweigen zum Opfer gefallen war.

Weil sie so nicht weitergehen konnten, nahmen sie sich an den Händen.

Er hatte sie während des Handwechsels kurz angelächelt, aber während sie in rascherem Tempo weiter spazieren gingen, sah er sie kaum noch an.

Sie hätte gerne gewusst, ob er schüchtern war, oder ob ihm kalt war und er nur deswegen schneller vorankommen wollte.

Sie selbst fror nicht, aber ihr war schwindlig, vielleicht vom schnellen Aufstehen nach dem langen Warten, vielleicht auch von den Endorphinen.

Weil er sie nicht ansah, konnte sie nicht davon ablassen, ihn ständig zu beobachten. Von der Seite war er sehr groß und geradezu bleich im Laternenlicht. Er hatte etwas rührend Schüchternes an sich, das sich wohl auch darin bemerkbar machte, dass er ihr kaum in die Augen sah.
Während sie nebeneinander her gingen, war ihr Kopf voller Gedanken.

Was sollte das werden? Gingen sie hier nur spazieren, oder waren sie gerade auf dem Weg zu ihm?

Sie schämte sich für die Frage, ob sie Sex haben würden, und ob das vielleicht der einzige Grund gewesen sein könnte, weswegen sie nicht getroffen hatten: ein unkompliziertes One Night Stand. Sie musste sich aber eingestehen, dass diese Vorstellung auch etwas Aufregendes an sich hatte.

Vielleicht aber suchten sie auch ein Cafè, um sich dort.. nein, unterhalten würden sie sich nicht. Aber wie lange nicht?

Sie überlegte sich, auch wenn es absurd war, ob man sich ohne Worte verabreden konnte, zusammenleben konnte, arbeiten konnte, vielleicht Kinder großziehen...

Aber das war alles sehr sinnlos, in Anbetracht der Tatsache, dass sie nicht wissen konnte, ob sie ihn je wieder sah.

Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, dass er in aller Stille ebenfalls Gedanken hatte, vielleicht sogar dieselben wie sie.

Davor war er für sie nur ein schweigendes Wesen ganz ohne Worte gewesen, aber jetzt wurde ihr bewusst, dass seinen Kopf, genauso wie ihren Kopf Horden von Gedanken durchschwirrten.

Es war, als schwebten über ihren Köpfen riesenhafte Sprechblasen voller unausgesprochener Sätze.

Sie sah nach oben, ob sie vielleicht recht hatte, konnte aber keine Sprechblase sehen. Darüber musste sie lachen und obwohl er nicht zu wissen schien, warum sie lachte, lachte er mit.

Die Sprechblasen über ihren Köpfen wurden, je länger sie darüber nachdachte, zu einer einzigen.

Sie konnte sehen, was er dachte, weil es in großen Lettern vor ihren Augen geschrieben stand.
Sie konnte alle seine Bewegungen deuten, jedes Zucken in seinem Gesicht.
Gleichzeitig hörte sie die Äste rascheln und die Busse in der Ferne. Sie kam sich vor wie eine Blinde, deren übrige Sinne durch den Verlust des einen nur geschärft worden waren.

Und die Blätter lachten, die Steinchen klirrten und die Busse klangen wie ein warmes Celloquartett.

Lecker Senf für alle!

Morrigane
Profi (offline)

Dabei seit 07.2006
955 Beiträge

Geschrieben am: 04.11.2010 um 21:50 Uhr
Zuletzt editiert am: 05.11.2010 um 19:53 Uhr

Zitat von Jolly_Roger:

Ehrliche Meinung?

Die Kritik fuer das Erstgeschriebene faellt oft vernichtend aus, solle aber zum Ansporn, es besser zu machen, dienen.

Der "Geschichte" fehlen
- zu aller erst einen erweiterten Wortschatz, der die Gedanken umfassender und stilvoller, ausgepraegter, beschreiben kann
- etwaige Spannungsboegen
- evt. Gedanken in woertlicher Rede mit " "
- Vll. auch "Kamerawechsel" aus Sicht/Gedanken des unbekannten Mannes/Dates
- Absaetze, ganz wichtig
- liebliche/tiefgehende Um-/Beschreibung der Hauptcharactere. Ich bspw. kann schwerlich in die Geschichte "eintauchen", wie das bei guter Literatur sein sollte.

Ja, im Grossen und Ganzen wars das, was meine Meinung betrifft.



Hey, danke, genau so eine Art von Kritik wünsche ich mir.

In vielen Punkten hast du recht, zum Beispiel in Bezug auf den Spannungsbogen. Wie man es dreht und wendet - bei dieser Art von Geschichte kann der Handlungsspannungsbogen nicht in absolute Höhen steigen, dazu ist zu wenig "Dramatik" darin. Die einzige Chance für Spannung liegt in der gefühlsmäßigen, inneren Spannung der Charaktere - und ja, das hast du recht, das könnte man mehr ausarbeiten. Ich werde nachträglich nochmal drüber gehen, jedenfalls in einem Rutsch, denn ich finde, dass man das schlecht in Etappen aufteilen kann.

In einigen Punkten finde ich deine Ausführungen zwar nachvollziehbar, möchte ihnen aber nicht weiter nachgehen, wil sie sich mit den Rahmenvorgaben des... Experiments... beißen. So zum Beispiel die "wörtliche Rede" in Gedanken. Alleine schon die Formulierung ist eine Ironie. In diesem Text geht es ja gerade um den Verzicht auf sprachlichen Ausdruck. Der Entschluss, darauf zu verzichten war bewusst.

Ein gewisser Abstand zu den Charakteren war auch geplant, aber das funktioniert offenbar nicht so gut, wie ich dachte, da gebe ich dir recht und da werde ich mir noch Gedanken machen.
Eine äußere Umschreibung der Charaktere war auch erst nicht geplant, aber sobald sie sich irgendwie körperlich näher kommen, geht es eigentlich nicht mehr ohne. Also werde ich das wohl ändern müssen.

Ein Kamerawechsel kommt für mich allerdings gerade gar nicht in Frage. Der Grund: Im Prinzip ist das Leitthema der Geschichte, dass eben keine eindeutige Kommunikation stattfindet. Man weiß nie, was der andere denkt. Alles, was man weiß kann nur aus der Erfahrung der Protagonistin stammen. Ein Kamerawechsel würde das zunichte machen. Es wäre ein Bruch der stilistischen Logik, sozusagen.

Zum Thema Absätze: Ich hab mir beim Überarbeiten immer wieder Gedanken darüber gemacht, wo ich sie setze und generell setze ich gerne und großzügig Absätze. Hier allerdings finde ich wirklich kaum Stellen, wo noch weitere Absätze möglich wären, ohne etwas Abgeschlossenes aufzureißen.

Also danke nochmals für die Vorschläge, ich finde die Kritik war fair.

edit: Die Absätze... Du sagtest leere Zeilen? Ist das jetzt nur ne optische Kritik, dass ich die Absätze besser trennen sollte oder habe ich das doch richtig verstanden?

Lecker Senf für alle!

Jolly_Roger
Halbprofi (offline)

Dabei seit 03.2010
348 Beiträge

Geschrieben am: 05.11.2010 um 05:15 Uhr

An I3I_4CKNINJ4: Ja, das ist mir bewusst. Trotzallem soll Kritik, wenn angebracht, nicht beschoenigend wirken, sondern fair und anspornend. Vorallem dann, wenn der Schreiberling in sich Potential entdeckt hat.

An Morrigane: Mit den leeren Zeiten zwischen dem Geschriebenen hast du mich richtig verstanden. Aller Anfang, wie gesagt, ist nicht einfach. Bis du dich auf deinem Schreibstil eingependelt hast, wirst du noch viele Seiten beschreiben.
Es reicht jedoch nicht, sich nur von deiner Warte aus in das Geschriebene hineinzuversetzen. Wenn du moechtest, dass es andere Leser findet, so solltest du auch in etwa versuchen, soweit das geht, nicht nur in die Sicht als subjetiver schreiber sondern auch als objektiver Leser schluepfen.

Aber wie gesagt, Mach weiter, und mit jeder Seite wirst du besser werden.
Nebenher Romane, (vll. auch Groschenromane :)) das steigert die Kreativitaet und den Wortschatz.


Licentia poetica

Morrigane
Profi (offline)

Dabei seit 07.2006
955 Beiträge

Geschrieben am: 07.11.2010 um 19:25 Uhr
Zuletzt editiert am: 24.09.2011 um 00:46 Uhr

4.
In der Funktion, Gedanken auszudrücken ließ sich Sprache nicht ersetzen.
In der Funktion, Gefühle auszudrücken, gab es ein Äquivalent, das sogar Ambivalenzen angemessen wiedergeben konnte.

Wenn sie sich am Ende eines Tages durch Supermarktschlangen gekämpft hatte und ihre Beute vor der Tür abstellte um zu klingeln; wenn er die Türe öffnete und ihren grimmigen Blick sah, dann hatte er eine Art entwickelt, sie nach ihrem Befinden zu fragen und sie gleichzeitig zu erheitern.
Es war immer die gleiche, kurze Melodie in Dur, die den Anfang bildete. Es waren höchstens vier Töne, sie bildeten in der Übersetzung der Fragepartikel „Warum“.

Was danach folgte, war von Mal zu mal verschieden, aber stellte immer eine Mischung aus Frage und Auskunft dar.

Wenn es ihr schlecht ging, antwortete sie in Moll, wenn es ihr gut ging, in Dur.
Hatte sie einen merkwürdigen Tag, antwortete sie in nicht mehr gängigen Kirchentonarten.

Wenn sie wütend auf ihn war, antwortete sie gar nicht, aber sie versalzte das Essen, damit er wusste, dass sie noch in ihn verliebt war.

Sie waren glücklich und hatten immer viel Tiefkühlpizza im Haus, für den Fall, dass das Essen unter den zu starken Gefühlsausdrücken ungenießbar geworden war.

Essig bedeutete Angst.

Wenn sie keine Bilder verkaufte und sich Geldsorgen machte, gab es saure Linsen.

Er war die meiste Zeit zu Hause und spielte Klavier. Wenn er abends fehlte, gab er Konzerte.

Am Wochenende war er nicht da und wenn sie eifersüchtig war, verteilte sie in der ganzen Wohnung dezent blonde Haare aus dem Friseurladen, um ihn darauf hinzuweisen, dass er etwas verpasste, wenn er nicht zuhause war.

Im Gegenzug hängte er Bilder von nackten Frauen ins Bad, die sie beim Duschen immer umdrehte, weil sie ihre lasziven Blicke ärgerten.

Sie hatten in der ganzen Zeit noch kein einzigen Mal miteinander geschlafen und somit wusste sie nicht so sicher, ob er die Bilder wirklich nur aufgehängt hatte, um sie zu ärgern. Eines Tages warf sie die lasziven Bestien einfach in der Mülleimer und beschloss das Problem in Angriff zu nehmen.


In ihrer Vorstellung kamen nur das Klavier und das Bett infrage, der Küchentisch war in ihrer Vorstellung ein Widerspruch zu ihrer emanzipierten Erziehung.

Sie entschied sich für das Bett, weil sie nicht so wirklich wusste, was sie beim ersten Mal erwarten würde.

Natürlich war er überrascht als er nach Hause kam und sie nackt im Bett auf ihn wartete und natürlich schämte sie sich für ihre Schamlosigkeit. Aber irgendwer musste ja damit anfangen, redete sie sich ein, während sie gegen seinen neugierigen Blick ankämpfte.

Er kam erstaunlich schnell mit der veränderten Situation klar. Vielleicht ein wenig zu schnell, wie sie irritiert feststellte, aber womöglich hatte ihre Nacktheit auch die falschen Signale gesetzt. Sie waren, stellte sie verwundert und gleichzeitig beschämt fest, viel zu schnell bei der Sache.

Zunächst war da nur die Leere gewesen, das vage Gefühl, dass alles perfekt war, aber der Körper nicht mitkam.

Wie in einem Theaterstück, bei dem sich alles unvermeidlich zum Wendepunkt aufschaukelte, aber aus irgendeinem Grund der Hauptdarsteller fehlte. Es war zu schnell gegangen, wie eine Revolution, die außer Kontrolle geraten war und obgleich alle Beteiligten es wollten, war es unmöglich, das Gefühl von Zweifel zu bekämpfen, dass sich ebenfalls breit machte.

Vielleicht war es auch eine Welle, die sie überkam und mit der sie nie gerechnet hätte, obgleich sie selbst die Staudämme aufgerissen hatte. Es erstaunte sie, dass sie bei einer so intimen, aber dennoch einfachen Sache nur in Metaphern denken konnte. Natürlich, und sie zwang sich den Gedanken auszudenken, ging es um Sex. Jetzt und hier in einer fremden Wohnung, in einem Bett, das fremd roch und mit Möbeln ringsum, die im Dunkeln wie aufmerksame, gespenstische Beobachter wirkten.

Wenn Sex wirklich so eine natürliche, selbstverständliche Sache war, wie es die Aufklärungsbücher vermittelten, dann hätte im Grunde ein einziges dieser Sorte gereicht, überlegte sie.
Im Ernstfall versagten sie alle.
Welches Aufklärungsbuch hatte sie je vor der Angst gewarnt, der Verletzlichkeit und Schutzlosigkeit, die damit einherging, nackt unter einer fremden Person zu liegen? Gefühle, die stärker als Lust sein konnten?
Eben. Worte hätten sie weder darauf vorbereiten, noch ihre Gefühle ordnen können.

Erst als er neben ihr liegen blieb, hatte sie das Gefühl, ihn richtig zu sehen.
Im Dunkeln sah er sehr viel jünger und blasser aus.
Die Haare, die ihm jetzt nicht mehr wild ins Gesicht hingen, breiteten sich wie ein Fächer auf dem Kissen aus.
Im Dunkeln hatte er sehr viel schwärzere und schmalere Augen als bei Licht und etwas Melancholisches im Blick, das sie an Kafka erinnerte.

Weil er ruhig lag, konnte sie ihn in Gedanken abzeichnen.
Und weil Nacktheit eine Metapher für Ehrlichkeit war, wusste sie, dass sie bei ihm bleiben würde.


Lecker Senf für alle!

Morrigane
Profi (offline)

Dabei seit 07.2006
955 Beiträge

Geschrieben am: 07.11.2010 um 19:33 Uhr
Zuletzt editiert am: 07.11.2010 um 19:34 Uhr

Zitat von Jolly_Roger:

An I3I_4CKNINJ4: Ja, das ist mir bewusst. Trotzallem soll Kritik, wenn angebracht, nicht beschoenigend wirken, sondern fair und anspornend. Vorallem dann, wenn der Schreiberling in sich Potential entdeckt hat.

An Morrigane: Mit den leeren Zeiten zwischen dem Geschriebenen hast du mich richtig verstanden. Aller Anfang, wie gesagt, ist nicht einfach. Bis du dich auf deinem Schreibstil eingependelt hast, wirst du noch viele Seiten beschreiben.
Es reicht jedoch nicht, sich nur von deiner Warte aus in das Geschriebene hineinzuversetzen. Wenn du moechtest, dass es andere Leser findet, so solltest du auch in etwa versuchen, soweit das geht, nicht nur in die Sicht als subjetiver schreiber sondern auch als objektiver Leser schluepfen.

Aber wie gesagt, Mach weiter, und mit jeder Seite wirst du besser werden.
Nebenher Romane, (vll. auch Groschenromane :)) das steigert die Kreativitaet und den Wortschatz.


Objektiver Leser zu sein bedeutet einen gewissen emotionalen und zeitlichen Abstand.
Ergebnis: Ich merke, die 2 und 3 müssen gekürzt und zusammengefasst werden.
Aber heute nicht mehr. Da das eh ein live Projekt ist, sind auch die ungeschliffenen Teile vorläufig daseinsberechtigt.

Das dass Schreiben von Groschenromanen den Wortschatz steigert, wage ich mal zu bezweifeln. Aber die Gewandtheit im Umgang damit schon.

Lecker Senf für alle!

Sakuiana - 30
Halbprofi (offline)

Dabei seit 03.2010
381 Beiträge

Geschrieben am: 07.11.2010 um 19:37 Uhr

Zitat von Rubin_:

du hglaubst doch nicht ernsthaft dass ich dess ganze lese?!

musst du ja auch nicht ^^
I3I_4CKNINJ4 - 35
Experte (offline)

Dabei seit 06.2005
1618 Beiträge

Geschrieben am: 09.12.2010 um 21:21 Uhr

Es soll doch noch nicht ganz verschwinden, das Werk hier, oder?

Im vierten Teil musste ich öfters deutlich Schmunzeln. So unendlich kreativ, wie du dir die Gefühlsausdrücke ausdenkst. Zwar nicht das, was ich mit den Gefühlen assoziiere, aber dennoch genial.

Und diese apodiktischen Wahrheiten am Schluss - genauso schön wie unverständlich.

Und zwischendrin? Ja, was denn zwischendrin? Ich muss sagen, das seit dem Erwähnen, des Wortes Sex der Geschichte die Zartheit genommen wurde, und dennoch erklärst du es gut...

Ich kann bei meinem Kommentar zu keinem Schluss kommen. Du schreibst eine offene Schublade, eine offene Welt, hier gibt es kein schwarz oder weiß...

Ich habe Angst vor dem Tod, doch wenn ich sterbe, dann freue ich mich darauf

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