Forum / Poesie und Lyrik / Aus einem noch namenlosen Buch, Kapitel 1

Ich freu mich auf Anregungen und Kritik. Die Geschichte ist der Anfang eines Buchs, dass ich irgendwann vielleicht mal vollenden werde.

Aus einem noch namenlosen Buch
Kapitel 1 – Augenkontakt

Zufrieden lächelten wir in den See hinein und wussten dass es mehr als gegenseitige Zufriedenstellung war…

Begonnen hatte alles in einem Cafe, eben dem einen Rückzugsort für mich wenn es bei der Arbeit nicht so läuft, die Familie mal wieder nervt oder ich schlichtweg meine Ruhe haben will.
Manchmal komme ich in einen Raum und ganz abgesehen von Schönheit, scheinbarer Intelligenz und einem Äußeren nach dem Motto „ Kleider machen Leute „ fallen mir manche Menschen besonders auf. Du warst an diesem Tag eine dieser Personen, die eine Art Aura um sich haben. Wohl eine Frage des Unterbewusstseins. Im ersten Moment entscheidet unser Gehirn bevor wir selbst bewusst dazu in der Lage sind. Wobei es ziemlich paradox ist, in einem Moment in dem wir scheinbar nicht selbst entscheiden, am meisten wir selbst zu sein.
Du saßt am Fenster, neben einem Poster mit Brad Pitt und Edward Norton aus „ Fight Club „ meinem Lieblingsfilm und wohl eins der größten Meisterstücke der modernen Filmkunst überhaupt. Ein wahnsinnig gewordener Büroangestellter der im Leben unzufrieden war und mit der standardisierten Umwelt nicht zurechtkam. Einem schizophrenen Genie der sich dazu entschieden hatte alles zu verändern, da er die Welt nicht verstand oder vielleicht auch nur weil sie im schlichtweg zu langweilig war. Jedenfalls hätte es mich ebenso gewundert wie erfreut wenn du als dies wüsstest. Du trugst eine weiße Bluse, auf der am rechten Oberarm eine rote Blume zu sehen war. Eine blaue Jeans wie man sie oft in Modemagazinen sieht, perfekt passend und farblich genau abgestimmt zum Rest deines traumhaften Äußeren. Deine schulterlangen, braunen Haare waren gestuft und leicht gestylt. Du hattest heute wohl Haarspray benutzt, etwas zu viel wie es den Anschein hatte, vielleicht warst du in Eile heute Morgen. Es ist zwar noch gar nicht so spät, kaum 8 Uhr morgens, aber wenn man nach dem Wetter ging sollte es ein schlechter Morgen werden.
Ich setzte mich also an den Nachbartisch leicht schräg versetzt hinter dir, damit du nicht bemerkst dass ich dich ständig anschauen musste. Ich kam mir vor wie einer dieser Gaffer die 2 Uhr nachts in Büschen hinterm Haus hocken um einen Blick zu erhaschen. Allerdings bin ich nur jemand der nicht gern auf fremde Frauen zu geht. Wenn es nicht gerade auf einem Geburtstag ist, oder ich schon halb angetrunken über einer Theke lehn. Überhaupt fehlt mir dazu das Selbstbewusstsein, was wohl daran liegt dass ich schon oft an die falsche geraten bin.

Im ersten Moment machtest du auf mich diesen Standard Tussi Eindruck. Schick angezogen, top gestylt aber nicht zu sehr, eben so dass die Männer dir ihre Blicke schenken und die Frauen sich selbiges wünschen. Wie ich jetzt bemerkte war deine ganze Aufmerksamkeit heute morgen auf das Buch gerichtet, dass du vor dir liegen hattest. Du warst schon auf Seite 152, wie ich am vorbeigehen vorhin bemerkt hatte. Du schenktest deiner Umwelt nicht sonderlich viel Beachtung. Gelegentlich ein Griff in die Handtasche um auf dem Handy nach der Uhrzeit zu sehen, ansonsten ein stetig konzentrierter Blick auf die weißen Blätter vor dir. Entweder warst du eine dieser 0815-Traumfrauen die man eigentlich in jedem gehobenen Club fand. Die sich auf einen einlassen würden, wenn man nur genügend Konversation betrieb und ein nettes Lächeln aufsetzte. Eben eine Frau für das schnelle Vergnügen, womöglich sogar für eine schöne Zeit danach. Was allerdings unweigerlich zu einer kurzfristigen Beziehung führen sollte, da sie schnell an Oberflächlichkeit und Alltag dahin gerafft wird. Oder warst du eine dieser Frauen mit denen sich ein jeder Mann wünscht sein Leben verbringen zu dürfen. Elegant gekleidet, aber nicht hochnäsig, gepflegt sowohl im Aussehen wie im Benehmen. Mit einem guten Charakter und nicht nur auf eigenes Wohl bedacht. Solche Frauen findet man leider nur selten, da sie entweder bereits vergeben sind oder selbst nicht wissen was sie wollen.

Es ist ja so dass Menschen die sich anpassen und versuchen dem Umfeld gerecht zu werden logischerweise mehr Chancen haben einen Partner zu finden oder eine Beziehung aufzubauen. Jedoch habe ich manchmal den Eindruck, dass es häufig nur oberflächliche Bekanntschaften werden die schnell am, im Vergleich zum aufregenden impulsiven Nachtleben, normalen Alltag vor die Hunde gehen. Allerdings wissen diese Leute was sie wollen.
Individuen die zwar darauf achten was ihre Mitmenschen von ihnen denken, aber über genügend Selbstbewusstsein und Selbstständigkeit verfügen sich darüber zu stellen. Nur das zu machen was sie selbst wirklich wollen. Dieser Typ Mensch weiss seltsamerweise oft selbst nicht was er will, vor allem dann nicht wenn er mit den eigenen Wünschen in der Realität konfrontiert wird.

Du saßt also am Fenster mit deinem Buch, deinem Latte Macchiato und mit dieser Aura die mich faszinierte.
Manchmal überkommen mich an völlig zufälligen Orten diese Tagträume für ein paar Sekunden. Viele kennen es aus Filmen und Serien, man sieht sich aus den Augen eines anderen. Vermischt den Ort an dem man sich gerade befindet mit den Träumen wo man jetzt am liebsten wär. Für ein paar Sekunden wechselt alles in eine Art meditativen Zustand in dritter Person. In dem alles wie in Zeitlupe abläuft. So wie man es sich vorstellt in einer Welt in der nichts schief geht. Aus meinem Traum werde ich wach gerüttelt von Melanie, der heutigen Bedienung, die mir meinen Cappuccino bringt. Melanie war nett und eigentlich immer gut gelaunt, auch wenn sie schon eine 8 Stunden Schicht hinter sich hatte. Sarah dagegen war die kühle Blonde im Team, immer zuvorkommend und sofort da wenn man etwas braucht. Allerdings hatte man bei ihr immer so ein Gefühl, dass sie ständig ein Schutzschild mit sich rum trug. Sofort war ich wieder in meiner traumartigen Seifenblase in der sie jetzt mit einem rechteckigen Holzschild wie man es aus Filmen wie „ Braveheart “ kennt vor mir stand und versuchte ja keinen Kontakt aufzunehmen. Jegliche Konversation im Keim zu ersticken und sich an üblichen Small-Talk zu halten. Ganz im Gegensatz dazu gab es noch Stefanie, die heißblütige Tratschtante. Selten sah man sie mal nicht redend oder laut lachend mit einem Kunden quaseln. Ich ging ihr gerne aus dem Weg, da dies hier man Rückzugsort war und ich genau von solchen Leuten Abstand suchte. Melanie, die mir heute für ein paar Minuten Gesellschaft leistete, war dagegen eine sehr angenehme Person. Sie merkte wenn man seine Ruhe haben wollte. Oder wenn es die Kundschaft zuließ, auch zu einem saß und ein paar Worte plauderte.

Mittlerweile warst du schon auf Seite 170 angekommen, deiner halbvollen Tasse Kaffee zufolge warst du völlig gefesselt von diesem Buch. Ich wüsste gerne welches literarische Werk dich so in seinen Bann zieht, wie du mich in deinen Bann gezogen hast. „Ich kenne nicht einmal deinen Namen, weiss nur dass es dich gibt…„ sang einmal eine Band aus Berlin. Seltsames Gefühl wenn man einen Song schon hunderte Mal gehört hat und erst in einem bestimmten Moment erkennt was der Text einem sagen will.
Wir sitzen jetzt schon fast 30 Minuten hier und ich hatte es immer noch nicht übers Herz gebracht mir noch ein Stück Kuchen zu holen, damit ich einen Grund hatte an dir vorbei zu gehen um dir in die Augen schauen zu können. Betrachtest du mich mit demselben hingabevollen Blick, den ich vor dir wohl nicht verstecken könnte. Oder bleibst du kühn und richtest dein Schutzschild auf mich? Die Tatsache dass du ein Jahresticket für den örtlichen Stadtverkehr auf dem Tisch liegen hast, deine Tasse schon von der Bedienung weggeräumt wurde und du das Buch schon weg gepackt hast, brachte mich in Zugzwang. Lies ich dich einfach so gehen, was eine weitere Niederlage für mein Selbstbewusstsein zu Folge hätte, bevor es überhaupt die Chance bekommt in den Ring zu steigen. Oder brachte ich es heute fertig meiner Traumfrau in die Augen zu sehen? Den Stuhl zurecht gerückt, die Tasche gepackt und nur einen Jackenknopf davon entfernt aus meinem Leben zu verschwinden….

to be continue