Zitat von ShiniChan:
... Nun etwas zum Hirnaufbau im Großen, bevor ich mich am Ende dieses Kapitels noch einmal den besonders wichtigen, ganz kleinen Details in der Hirnrinde zuwende:
Hierarchisch über dem Rückenmark, dem zugleich untersten Teil des sog. Zentralnervensystems, steht der älteste und inzwischen unterste Teil des Gehirns, das Rautenhirn. Darüber liegt das Mittelhirn, gefolgt vom Zwischenhirn. Über alle diese Teile stülpt sich der entwicklungsgeschichtlich jüngste und hierarchisch zugleich höchste Teil des Gehirns, das Großhirn, auch Kortex genannt. Eine in Bezug auf Lage und Funktion besondere Stellung nimmt daneben noch das sog. Kleinhirn ein.
Schneidet man ein Großhirn auf, dann kann man sehr leicht eine graue Schicht von einer weißen unterscheiden. Die sog. graue Substanz beherbergt eine unermessliche Vielzahl von Neuronen, also Nervenzellen. Im Volksmund spricht man daher auch von den "grauen Zellen". Diese Schicht liegt außen und damit direkt an der Hirnoberfläche. Durch viele Windungen und Furchen ist diese Oberfläche gerade beim Menschen sehr stark vergrößert.
Im Vergleich zu den nächstrangigen Säugetieren, also den Menschenaffen, führt allein das, was die Anzahl von Zellen und ihre Verschaltungen untereinander betrifft, beim Menschen bereits zu einer Art "Quantensprung": Die weiße Substanz liegt darunter und besteht aus den verschiedensten Leitungsbahnen. Denken, Fühlen, Gedächtnis und Bewusstsein sitzen, nach heute überwiegend geäußerter Lehrmeinung, in den grauen Zellen - entweder denen in der Großhirnrinde oder solchen, die sich als meist inselartige Ansammlungen, sogenannte Kerne, in darunter liegenden Hirnabschnitten befinden.
(...)
Kaum beachtet, aber hierbei sehr interessant, ist folgender Aspekt: Jede Nervenzelle (Neuron) besitzt ja viele Abzweigungen, einmal die Dendriten, die "Empfangsmasten", sowie den Neuriten, d.h. den "Sendemast".
Schaut man sich die "Aufstellung" der Neuronen in der Hirnrinde an, so stehen die vielen Dendritenbündel der dortigen Neurone geradezu wie Antennen nach oben, bzw. nach außen hin, aufgerichtet.
Wie die Härchen stehender Pinsel weisen sie zur Hirnoberfläche, und etwa je 100 solcher senkrecht aufsteigender Dendriten bündeln sich zu einer funktionellen Einheit, dem Dendron. Allein in nur einem einzigen wichtigen Abschnitt der Hirnrinde, etwa dem Zentrum für Motorik, also dem für Körperbewegungen, gibt es beim Menschen ungefähr 40 Millionen solcher Dendrone, gegenüber etwa nur 200.000 bei den höheren Säugetieren. Jedes einzelne dieser "Pinselhärchen" ist darüber hinaus mit zirka 5000 Dornen besetzt, die freie Synapsen darstellen. Hier nun finden wir alles in allem Billionen von Synapsen, die wie Efeu zur Hirnoberfläche ranken und dabei mit keiner weiteren Nervenzelle in Kontakt treten!
Jede dieser "Antennen" besitzt wieder mehrere Tausend Schaltstellen, die Synapsen mit ihren Boutons, wovon jedes ein Vesikelgitter hat. Auch ohne allzu große Phantasie lassen sich diese durchaus mit flachen Parabolspiegeln vergleichen, über die folglich jedes Lebewesen mit einem solchen Großhirn, also z.B. alle Säuger und vor allem natürlich auch der Mensch, auf Empfang gehen könnte.
Warum hat der Mensch in seinen grauen Zellen Billionen von Synapsen, die an der Oberfläche ins Leere reichen? Warum beginnt der geistige Entschluss immer mit einer Aktivierung und anschließender Konzentrierung dieser freien Synapsen (Eccles)?
Jede Maschine ist hierarchisch aufgebaut: Ein Befehlsgeber sendet eine Order an den Befehlempfänger. Gibt es viele Empfänger und keinen eindeutig bestimmbaren Geber, funktioniert eine Maschine nicht. Beim Menschen aber ist die "Maschine des Gehirns" ohne eindeutige Hierarchie - offensichtlich befindet sich der Befehlsgeber außerhalb des Gehirns. Das Gehirn ist nur ausführendes Organ.
Nicht nur Nobelpreisträger Sir John Eccles ist zu diesem Schluss gekommen. Viel wichtiger allerdings als das Urteil dieses renommierten Gehirnforschers ist, dass diesen Erkenntnissen keine alternative Deutung zur Verfügung steht.