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1. Einleitung:
Ich muss ehrlich zugeben, dass mir das vorgegebene Thema zunächst Schwierigkeiten bereitet hat. Damit meine ich weniger die demographischen Statistiken, die uns alles in allem ein Gruselbild von finanziellem Ruin vor Augen führen, sondern viel mehr die Chancen, die eine erhöhte Lebenserwartung mit sich bringt. Denn der Vorzug einer verlängerten Lebenszeit hängt maßgeblich von dem ab, was man mit dieser Zeit anfängt und natürlich von der entsprechenden Lebensqualität.
In den meisten Gesprächen, die ich diesbezüglich versucht habe zu führen, dachten viele meiner Gesprächspartner nicht einen Moment daran, dass auch sie einmal älter werden.
Kurz, ich war alles in allem unzufrieden mit meinem Wissensstand. Aus diesem Grund habe ich mich im Internet in einem Forum für ältere Menschen eingetragen und mich dort mit Menschen in Verbindung gesetzt, die dieses Thema für mich von einer anderen Seite beleuchten konnten. In meinen folgenden Ausführungen möchte ich mich also nicht nur auf zukünftige Alterbilanzen beziehen, sondern auf die Sicht derer, über die wir hier sprechen.
2. Alter in Deutschland – Zahlen und Fakten
1951 lag die durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen bei 68,5 Jahren und für Männer bei 64,5 Jahren. 1989 war sie auf 78,4 Jahre bei Frauen und auf 71,8 Jahre bei Männern gestiegen. In den Jahren von 1880 bis 1983 hat die Zahl der 85jährigen bei den Männern um das neunfache und bei den Frauen um das 14fache zugenommen. Die unterschiedlichen Lebenserwartungen von Frauen und Männern haben dazu geführt, dass Frauen ihr Alter meist ohne Ehemann verbringen und jede zweite der 70- bis 75jährige ist verwitwet.
In der Zeit zwischen 1981 und 1983 wurden von 100 Frauen mehr als die Hälfte 80 Jahre alt, bei den Männern waren es 29 von 100, die ein Alter von 80 Jahren erreichten.
In Deutschland ist etwa jeder Vierte über 60. Damit hat die deutsche Gesellschaft nach Japan und Italien weltweit den dritthöchsten Anteil an älteren Menschen.
Nach den Vorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes wird die Bevölkerungszahl in den Jahren 2000 bis 2050 um rund sieben Millionen Menschen auf etwa 75 Millionen sinken.
Diese gravierenden demografischen Veränderungen zeigen sich auch in der Altersstruktur der Bevölkerung: Der Anteil der älteren Menschen, über 60 Jahre, wird in den nächsten Jahrzehnten noch weiter ansteigen, nämlich von 21 Prozent im Jahr 2000 auf 36,8 im Jahr 2050. Demgegenüber verringert sich der Bevölkerungsanteil der jüngeren Menschen, unter 20 Jahren. Dagegen entwickelt sich der Anteil der Menschen im mittleren Lebensalter, zwischen 20 und 60 Jahren, konstant rückläufig.
Eine dies veranschaulichende Grafik ist im Anhang beigelegt.
Dabei ist jedoch auch zu beachten, dass für derartige demografische Veränderung nicht nur das zunehmende Alter der Menschen, sondern auch rückläufige Geburtenraten verantwortlich sind.
3. Senioren in der Gesellschaft
Die Vergrößerung der Gruppe der alten Menschen in unserer Gesellschaft hat auch zu einer Differenzierung dieser Gruppe nach ihrem Anteil am gesellschaftlichen Leben geführt. Die große Gruppe der "aktiven Alten" wird mittlerweile von etlichen Branchen als wichtige Konsumentengruppe umworben. Beispielsweise bieten Reiseveranstalter für Senioren die lang aufgeschobene Fernreise an. Neuerdings ist es durchaus üblich, dass ältere Menschen an Universitäten spezielle Studiengänge belegen. Das Alter wird für den, der es sich leisten kann, als eine aktive Zeit propagiert, in der vieles von dem bis dahin Versäumten nachgeholt werden könne.
Im Gegensatz zur gesellschaftlichen Beachtung der "aktiven Alten" wird der immer größer werdenden Gruppe der pflegebedürftigen "Hochbetagten" nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Aufgrund der langen Lebenszeit, in der manche Menschen der Pflege bedürfen, wird hier sogar von einer neuen Lebensphase, dem "vierten Alter", gesprochen. Etwa 1,2 Millionen alte Menschen in der Bundesrepublik sind auf Hilfe angewiesen. Obwohl derzeit die höchste Lebenserwartung in der Geschichte erreicht wird, misst man dem Alter als Lebensphase - im Verhältnis zur großen Bedeutung der Jugendlichkeit - nur wenig Wert bei.
Auch Lebensform und -stil haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Die überwiegende Mehrheit der älteren Menschen wohnt heute selbstständig. Die „jungen Alten“, die jünger als 75 oder 80 Jahre sind, sind meist auch gesundheitlich in der Lage, weiterhin ein selbstständiges Leben mit neuen Zielen zu führen und ihre Freizeit aktiv zu gestalten.
Ein Modellprojekt der Bundesregierung will den Zusam¬men¬halt der Generationen weiter stärken. So soll in den nächsten Jahren in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt in Deutschland ein so genanntes Mehr-Generationen- Haus entstehen. Diese Häuser sollen Anlaufstelle, Netzwerk und Drehscheibe für Familienberatung, Gesundheitsförderung, Krisenintervention und Hilfeplanung sein.
Ich persönlich habe zunächst, im Bezug auf die Rolle älterer Menschen in der Gesellschaft vorrangig an, die Menschen gedacht, die ich morgens sehe, wenn ich mit dem Fahrrad durch Lankow fahre. Sie stehen um halb sieben am Fenster und sehen auf die Straße hinaus, als würden sie darauf warten, dass irgendetwas passiert. Nach genauerer Auseinandersetzung mit diesem Thema hat sich für mich herausgestellt, dass es durchaus Möglichkeiten auch für ältere Menschen gibt, noch aktiv und voll integriert zu sein. Eine ältere Dame schrieb mir zum Beispiel folgendes: „ich arbeite ehrenamtlich an unserer Grundschule koche für den Mittagstisch und gebe Nachilfe für Kinder aus nicht deutschsprechenden Familien“ und „Meiner Meinung noch sollten Leute unseres Alters noch selbst Initiative ergreifen können, um sich in unsere Gesellschaft einzubringen. Da gibt es mannigfaltige Möglichkeiten (und nicht nur als Leih-Opa wie im TV) - auf politischer, sozialer Basis. Wer mit zunehmendem Alter nicht bereit ist, Neuem gegenüber aufgeschlossen zu sein und sich ständig weiterbildet, wird auch nicht bereit sein, aus seiner Lethargie aufzuwachen. - also zu Aktivitäten von Ältern kann ich dir nur aufzählen: ehrenamtliche Tätigkeiten z.B. bei der Kleiderkammer des DRK, den Tafeln, in Vereinen, beim Kinderschutzbund, in Tierheimen , die berühmten "blauen Damen", die in Krankenhäusern Leute besuchen, die sonst niemanden haben, usw.“
Man muss dazu sagen, dass dieser Beitrag von einer sehr agilen älteren Dame kommt. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass es für viele schwierig ist mit der, sich immer schneller entwickelnden Zeit Schritt zu halten und viele sich deshalb mehr und mehr zurückziehen.
4. Probleme und Lösungsansätze
Zurzeit leben in Deutschland knapp 20 Millionen Rentner und beziehen im Schnitt eine Rente von 1.100 pro Monat. Das bedeutet Rentenausgaben von gut 235 Milliarden Euro pro Jahr. Folgerichtig steigt die finanzielle Belastung des Staatshaushaltes mit der Erhöhung der Lebenserwartung. Der Generationenvertrag geht nicht mehr auf und die Renten werden demzufolge immer kleiner. Junge Menschen rechnen heute überhaupt nicht mehr mit einer staatlichen Rente.
Die "Sachverständigenkommission zur Neuordnung der Altersbesteuerung" schlägt bei der Besteuerung der Rentner als Einstieg eine Bemessungsgrundlage von 50% aller Renteneinkünfte vor; langfristig soll eine Vollbesteuerung erreicht werden.
Statistiken zufolge liegt das verfügbaren Einkommen der älteren Bevölkerung im Durchschnitt nur wenig unter jenen der erwerbsfähigen Jahrgänge. Insbesondere GRV-Rentner mit sonstigem Einkommen (aus Kapitalerträgen, Vermietung und Verpachtung etc.) profitieren von der niedrigen Besteuerung ihrer Sozialversicherungsrenten aufgrund des derzeit steuerfreien geldwerten Vorteils aus Arbeitgeberbeiträgen und Bundeszuschuss. Eine Reform würde bewirken, dass aufgrund des geltenden Grundfreibetrages nur wenige gut verdienende alte Menschen von einer systematisch gebotenen Besteuerung aller Alterseinkommen tatsächlich betroffen sein würden. Eine Aussetzung der Rentenanpassung träfe hingegen auch Rentner mit geringen Renten.
Ein anderer Vorschlag ist der Versuch die Geburtenraten wieder zu erhöhen, indem man kinderfreundliche Bedingungen schaffen will. Dies soll zum Beispiel durch Kindergarten- und Kinderkrippenplätze erreicht werden.
Die allgemeine Sorge um die Wirtschaft im Zusammenhang mit dem Altern der Bevölkerung bezieht sich vor allem auf die sinkende Nachfrage an Konsumgütern. Doch wird dabei nicht beachtet, dass sich die Nachfrage nach bestimmten Produkten ja nur auf andere Produkte verlagern würde, was nicht bedeuten muss, dass weniger Umsatz gemacht werden kann.
Durch die Altersentwicklung wird es auch zu einem strukturellen Wandel im deutschen Privatkundengeschäft kommen. Ein Grossteil der Bankprodukte wie Kredite für Hausbau und Konsum ist auf jüngere Zielgruppen zugeschnitten. Doch diese schrumpfen, während die Nachfrage nach Altersvorsorge nicht entsprechend stark steigt, um den negativen Effekt auszugleichen. Um ihre Geschäftsgrundlage nicht zu verlieren, müssen sich daher Kreditinstitute und Versicherer auf die Zielgruppe der über 55-Jährigen einstellen und auf deren verändertes Nachfrageverhalten: Die «neuen Alten» investieren weniger in Aktien, sie nehmen seltener Hypotheken und Kredite auf, Altersvorsorge und Lebensversicherungen sind bereits abgeschlossen. Außerdem verbleiben die Immobilienwerte länger im Besitz. «Das angesparte Vermögen wird für Konsum genutzt, vor allem für Reisen, Freizeitbeschäftigung und Gesundheit. Die heutige Generation über 55 gibt das Geld lieber aus, als es zu vererben» (Hans Weiss, entwickelte Studie zum Thema Auswirkung der Alterung auf die Wirtschaft)
5. Bewertung – Chance oder Risiko?
Nachdem ich mich jetzt eine ganze Zeit lang mit diesem Thema beschäftigt habe bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die steigende Lebenserwartung eine Chance darstellt.
Schon allein die Aussicht, dass meine Großmutter gute Chancen hat auch noch Urgroßmutter zu werden spricht dafür. Auch wenn es vielen unmöglich erscheint, habe ich für mich festgestellt, dass das Leben mit 50 noch nicht zu Ende sein muss, was für jemanden in meinem Alter keine Selbstverständlichkeit darstellt, weil bis dahin noch eine unvorstellbar lange Zeit vergeht.
Es ist nicht zu leugnen, dass die Betreuung älterer Menschen, die zunehmend, schon allein im Hinblick auf lebensverlängernde Maßnahmen, notwendig sein wird, eine Belastung der Gesellschaft und des Staatshaushaltes darstellt. Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass dieser Aufwand durch die positiven Aspekte dieser Entwicklung aufgewogen wird. Ich betrachte sie viel mehr als Herausforderung. Die Generationen haben sich untereinander viel zu geben und unsere Aufgabe muss es in Zukunft sein einen gegenseitigen Austausch zu gewährleisten und gegenseitiges Verständnis aufzubauen.
Dafür ist es notwendig, dass die Älteren zum Beispiel darauf verzichten auf „diese Juged“ zu schimpfen und von Zeiten erzählen in denen man 10 Kilometer durch den Schnee gestapft ist, in der felsenfesten Annahme, dass uns heutzutage alles zufliegt.
Wir Jungen wiederum müssen lernen Rücksicht zu nehmen und die Kompetenzen älterer Menschen und ihre Lebenserfahrung zu schätzen.
Wir müssen uns gegenseitig helfen einen Blick für die Welt des jeweils anderen zu entwickeln. Ein Beispiel hierfür ist für mich immer meine eigene Großmutter, die ich stetig dazu anhalte an meiner Welt teilzuhaben. Sie hat die Harry Potter Romane gelesen und schreibt inzwischen Emails und verschickt Fotos. Neuerdings surft sie, nach viel gutem Zureden, im berühmt, berüchtigten World Wide Web und ruft Fahrpläne und ähnliches aus dem Internet ab. Für uns klingt das alles selbstverständlich, aber für eine Frau von 72 Jahren ist das ein großer Schritt. Ich hingegen lese Bücher, die sie mir empfiehlt, gucke zusammen mit ihr Krimis und kenne jede ihrer Reisen.
Was ich damit sagen will ist, dass wir gemeinsame Bezugspunkte zwischen den Generationen finden müssen, um auch in Zukunft die Menschen zu integrieren, die keine Familie haben. Denn der entscheidende Punkt bei dieser Thematik ist für mich, was wir mit der Zeit anfangen, die wir dazugewinnen.
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