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StZ: Meister - und bald auch Stadionbesitzer?
Bundesligist will 110 Millionen Euro in Erwerb und Umbau investieren - Aufsichtsrat wird in dieser Woche informiert - Dass der Umbau des Daimlerstadions in eine reine Fußballarena technisch möglich ist, haben Architekten bereits nachgewiesen. Offen war allerdings, wer die Arena betreiben würde. Jetzt zeichnet sich ab, dass der VfB das Stadion und alle Kosten übernimmt.
Nach Informationen der StZ befinden sich der VfB Stuttgart und die Stadt gegenwärtig in den letzten Zügen der Verhandlungen über ein neues Betreibermodell für das Daimlerstadion. Der VfB soll die Schüssel kaufen. Dabei erleichtert ihm offensichtlich der Umstand die Gespräche, dass sich der künftige Betrieb des umgebauten Hexenkessels durch den VfB sowohl für die Stadt wie auch für den Bundesligisten lohnen könnte.
Von Jörg Nauke
Auf der Grundlage erwarteter Mehreinnahmen bei Kartenverkauf, Logenvermarktung, Vermietung und Catering von acht Millionen Euro jährlich einerseits sowie andererseits beim Wegfall der Miete und Abgaben an die Stadt von sechs Millionen soll auch die Finanzierung des Stadionkaufs und des Umbaus vom Verein geschultert werden können. Und zwar ohne dass er dafür seine Bemühungen um einen schlagkräftigen Spielerkader einschränken müsste, wovor Präsident Erwin Staudt bisher immer warnte.
Die Kalkulationen von Finanzvorstand Ulrich Ruf hat die Stadt jetzt offenbar überzeugt. Sie müsste fortan nicht mehr ins Stadion investieren (Stichwort: Ärger beim Rasenaustausch), sparte sich die eigene Verwaltungsabteilung und bekäme vom VfB neben einem jährlichen Erbbauzins von einer Million Euro auch noch eine Gewerbesteuer in ähnlicher Höhe.
Der VfB Stuttgart indes bekäme das Stadion um die Hälfte billiger als von OB Wolfgang Schuster (CDU) 2005 in Aussicht gestellt. Damals hatte er dem Vorsitzenden Erwin Staudt und dem Aufsichtsratschef Dieter Hundt den Kauf des Stadions zum 31. Dezember für 83,9 Millionen Euro angeboten. Schuster erklärte sich seinerzeit - anders als heute - bereit, auf einen Erbbauzins für das Grundstück von insgesamt 33 Millionen Euro zu verzichten. Die drei Bauabschnitte seit 1986 schlagen zwar mit 134,5 Millionen Euro zu Buche, aber mittlerweile ist das Stadion bis auf 85 Millionen Euro abgeschrieben. Die beiden für den Abriss vorgesehenen Kurven stünden sogar nur noch mit einer Million Euro in den Büchern, teilte die Stadtverwaltung auf Anfrage mit.
Den Umbau hat zum großen Teil die Stadt bezahlt, allerdings haben auch das Land (28,08 Millionen Euro) und Dritte (Daimler und EnBW 7,83 Millionen Euro) Zuschüsse gegeben, die in den Büchern gegenwärtig noch auf 25 Millionen Euro taxiert werden und bei einem Stadionverkauf nicht ins Stadtsäckel fließen würden, sondern zurück an die Zuschussgeber. Es gibt allerdings Signale, dass die darauf verzichten werden.
Für diesen Fall hatte auch OB Schuster eine letztmalige Unterstützung in Aussicht gestellt: Er wird dem Gemeinderat vorschlagen, einen Zuschuss in Höhe dem des Landes (17 Millionen) zu geben; dies sei günstiger, als auf den Erbbauzins zu verzichten. Die Umbaukosten werden vom Verein mit etwa 65 Millionen Euro angesetzt, sodass der VfB rund 110 Millionen Euro für seinen Stadiontraum finanzieren müsste, den größten Teil mit Krediten, wobei die Stadt das Erbbaugrundstück als Sicherheit für ein Darlehen zu besonders günstigen Konditionen bereitstellen würde. Etwa 20 Millionen Eigenkapital wird der Verein aufwenden müssen, die aber auch von stillen Teilhabern kommen könnten. Über den Finanzierungsplan wird der VfB-Aufsichtsrat in dieser Woche informiert, der Gemeinderat wird im Herbst eine Grundsatzentscheidung treffen.
Vor zwei Jahren hat das mit der Stadionmodernisierung befasste Architekturbüro Arat, Siegel und Partner eine Machbarkeitsstudie erstellt. Man kam zu dem Schluss, dass das Daimlerstadion in eine viereckige Fußballarena umgebaut werden könnte. Haupt- und Gegentribüne blieben unangetastet, lediglich die beiden Kurven würden abgerissen und durch Geraden mit Logen ersetzt, alles näher an die Tore herangerückt. Das Dach würde umgebaut und könnte danach komplett geschlossen werden. Außerdem würde das Spielfeld eine Etage tiefer gelegt.
Zum Leidwesen aller Leichtathletikfans wäre dieser Umbau das Ende der Rundlaufbahn. Darauf machen die Verbände momentan mit einer Protestaktion aufmerksam, ohne dass dies im Rathaus große Resonanz gefunden hätte. Beim Württembergischen Leichtathletikverband hofft man, dass die Pläne des VfB wie schon einmal 2003 zwar viel Wirbel verursachen, dann aber in den Schubladen verschwinden. Manfred Haas, der Vorgänger von VfB-Präsident Erwin Staudt, hätte vom OB das Stadion zwar für den berühmten einen Euro erhalten, allerdings war der VfB Stuttgart 2003 nicht in der Lage, die Finanzierung zu stemmen. Und der Zeitplan war wegen der für 2006 anstehenden Fußball-WM äußerst eng.
Quelle: Stuttgarter Nachrichten 02.07.2007