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Medizin in Comic, Film und Serien: Kulturwissenschaftler Arno Görgen im Interview


Es ist schon eine Weile her, dass am 11. und 12. September in Ulm die Tagung „Medical Images and Medical Narratives in Late Modern Popular Culture“ stattfand. Dabei ging es um die Darstellung der Medizin in Filmen, Computerspielen und Serien. Was abstrakt klingt, sieht jeder von uns tagtäglich in Serien wie Dr. House, wenn in Arztromanen Operationen geschildert oder in Mangas Lungenschnitte ausgeführt werden – die Pressemitteilung nennt einige Beispiele.

Team-Ulm.de sprach darum mit dem 36-jährigen Kulturwissenschaftler Arno Görgen aus Neu-Ulm. Er ist Mitarbeiter am Zentrum Medizin und Gesellschaft der Uni Ulm und Mitorganisator der Tagung.

Team-Ulm.de: Herr Görgen, gibt es aktuelle Trends oder Änderungen im Vergleich zu den letzten Jahren, die Sie während der Sitzung im Austausch mit Kollegen feststellen konnten?

Arno Görgen: Was wir sicher feststellen können, ist eine zunehmende Vermischung der beiden Welten Medizin und Popkultur.
Auf der einen Seite werden immer mehr Geschichten in Filmen, Serien, Comics oder Spielen erzählt, für die Medizin ein wichtiges Element ist. Wenn man sich zum Beispiel Zombie-Serien anschaut, gibt es einen Trend dazu, Zombies als medizinisches Problem zu erklären. Es geht dabei um Viren die sich verbreiten und in Form einer Zombiekrankheit die Menschheit bedrohen. Solche Erzählstränge sind schlicht glaubwürdiger als Hexenmeister, die die Zombies als Arbeitssklaven vom Todeszustand erwecken.

Umgekehrt spielt aber auch die Popkultur in der Medizin eine große Rolle, wenn Bilder in der Medizin sich an Wissen orientiert, das eigentlich aus der Popkultur stammt. Beispielsweise werden bei medizinischen Bildgebungen (wie MRT, Ultraschall, Röntgen, etc.) oft Bilder konstruiert, die bewusst an Traditionen, Techniken oder Ästhetiken der Popkultur andocken, weil die Ärzte so besser den Zugang zu diesen Bildern finden.

Wie ändert das Internet die Darstellung der Medizin, wie sind die Unterschiede in einzelnen Ländern?

Einer unserer Vortragenden, Ian Williams, Arzt und Comiczeichner, hat in seinem Vortrag schön beschrieben, dass das Comic genauso wie das Internet ein Weg ist, die Macht der Medizin zu brechen. Wir müssen also nicht mehr alles glauben, was die Ärzte diagnostizieren, denn wir haben das Internet, um es nachzuschlagen.

Und wir haben neue Möglichkeiten, mit unseren Krankheiten umzugehen. Wir posten Fotos unserer Krankheiten um Rat bei anderen Ärzten oder auch Laien einzuholen und im Comic kann man beispielsweise genau nachzeichnen, wie man sich fühlt, wenn man eine schlimme Diagnose bekommt. Wir sind also nicht mehr so allein mit unseren kranken Körpern und wir werden nicht mehr so kritisch von der Gesellschaft beäugt, wenn wir genau sagen können, wie es uns geht und was wir haben. Die Ärzte haben natürlich gleichzeitig Angst vor diesem Autoritätsverlust und sind oft genervt, wenn der Patient kritisch ist, weil im Internet vielleicht etwas ganz anderes stand.


In welche Richtung gehen die Workshops und Diskussionen der Tagung? Beeinflussen diese die Darstellung der Medizin oder analysieren Sie "nur"?

Naja, „beeinflussen“ können wir nur wenig. Allerdings ist es für Ärzte ziemlich wichtig, wie sie gerade in der Gesellschaft gesehen werden, welches Arztbild gerade verbreitet wird. Das zu wissen, kann in der Arzt-Patienten-Beziehung Spannungen vermeiden. Außerdem kann man mit einem erweiterten Blick ausmachen, welche Ängste und Gedanken die Gesellschaft aktuell plagen. Das kann von Angst vor gefährlichen Krankheitserregern bis hin zu Ideen menschlicher Selbstverbesserung durch Medizintechnik (Thema „Supersoldaten“ in
Comics, Filmen etc.) alles mögliche sein.

Da dies ein Thema ist, das relativ wenig beforscht wird, war unser erstes Ziel bei der Tagung, überhaupt erst einmal ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Popkultur mit medizinischen Themen durchsetzt ist. Unser zweites Ziel ist dann der Austausch unter den (wenigen) Forschern gewesen. Für die Zukunft wird dann der dritte Schritt folgen: Mit unseren Befunden tatsächlich die Kommunikation und das Verständnis zwischen Gesellschaft und Medizin zu verbessern, indem wir mit Publikationen, Artikeln, und Interviews wie diesem hier sagen können, wie die gegenseitigen Wahrnehmungen sind.

Herzlichen Dank!

Foto: Pressefoto

Veröffentlicht in den Kategorien:Kultur und Stadtgeschehen
Tags: Interview, Uni-Ulm

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